Leonard Bell: Der weiße Panther - Ein Fall für Fred Lemke 2 (Buch)

Leonard Bell
Der weiße Panther
Ein Fall für Fred Lemke 2
Ullstein, 2021, Taschenbuch, 448 Seiten, 10,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Die Person, die sich hinter dem Pseudonym Leonard Bell versteckt, lebt als erfolgreicher Drehbuchautor in Berlin und der Märkischen Schweiz. Seine Romane spielen in den 1950er Jahren, die er leider nicht miterleben durfte, weil er zu jung ist, aber er scheint Spaß daran zu haben, dieses Jahrzehnt zum Leben zu erwecken, wie man auch an seinem zweiten Roman um Fred Lemke mit dem Titel „Der weiße Panther“ merkt.


„Harry‘s Ballroom“ zieht die die Reichen und Prominenten an. Stars aus Film und Fernsehen, aber auch betuchte Geschäftsleute und Wohlhabende aus der ganzen Republik und darüberhinaus, suchen im Berlin der Wirtschaftswunderjahre den angesagten Club auf, um einmal ein wenig dem spießigen Muff zu entkommen.

Doch dann wird ausgerechnet der beliebte Barkeeper mit einem Schuss aus einer Armbrust vor dem Etablissement ermordet. Schon bald zeigt sich, dass vielleicht viel mehr dahinter steckt. Fred Lemke und Ellen von Stain sind die unorthodoxen Ermittler, die sich um den Fall kümmern und zunächst einmal Harry Renner, den charismatischen Besitzer des Ladens, unter die Lupe nehmen.


Die Wirtschaftswunderjahre sind von einer gewissen Spießigkeit geprägt, daher sind Clubs wie der im Roman geschilderte und natürlich auch die verruchte Halbwelt der Clubs und Varietees ein besonderer Nervenkitzel, vor allem wenn Berlin der Hauptschauplatz ist, die einzige Insel des Konsums inmitten des sozialistischen Ostens.

Der Autor taucht mit viel Gespür für Details in die Geschichte ein und lässt auch den besonderen Status der Stadt nicht außer Acht. Schon merkt man auch die Einschränkungen, die DDR-Bürger erleben und die zunehmende Bespitzelung der Westbesucher im anderen Teil der Stadt, auch wenn der „kleine Grenzverkehr“ noch möglich ist.

Auch die Helden fallen aus dem Rahmen; beide sind Quereinsteiger, die von den Kollegen nicht so ganz für voll genommen werden - der eine ein ehemaliger Gaslaternenanzünder, die zweite eine Frau.

Allerdings haben auch sie einen ganz anderen Blick auf die Geschehnisse, ermitteln in Richtungen, die sich viele wohl nicht trauen würden und geraten so in ein Netz aus Intrigen, die aus dem Mord nur die Spitze eines Eisbergs von Intrigen unter ganz anderen Mächten machen.

Letztendlich ist der Weg das Ziel: die atmosphärische Beschreibung von Berlin zu Beginn des Kalten Krieges und vor dem Bau der Mauer, in dem auch noch die Vergangenheit immer wieder lebendig wird und üble Assoziationen weckt.

Fred Lemke wirkt erfrischend normal. Er ist ein Mann von der Straße, der einzig und allein seinem Gespür und Gewissen folgt und aufgrund seiner Jugend noch nicht ganz so in der Lage ist „Kompromisse“ einzugehen.

Das macht ihn mit der eigenwilligen Ellen von Stain, die sich gegen ihre herrische Mutter stellt und mit den Konventionen ihres Standes und Geschlechts bricht, zu einem lebendigen Ermittler-Team, das fast modern anmutet und dem Leser umso mehr als Herz wächst.

Die Handlung ist spannend aufgebaut und wirft zunächst natürlich mehr Fragen auf, als letztendlich beantwortet werden. Aber die ganzen Hinweise und Andeutungen fügen sich am Ende dann doch gelungen und glaubwürdig zusammen, so dass der Roman zufriedenstellend rund endet.

„Der weiße Panther“ ist ein atmosphärischer Kriminalroman, der nicht nur einen spannenden Fall erzählt, sondern auch die 1950er Jahre facettenreich und spannend zum Leben erweckt und vor allem durch die vielen kleinen Details und sympathischen Ermittler punkten kann.