Marianne Labisch & Gerd Scherm (Hrsg.): Die Fahrt der Steampunk Queen - Ein Roman in Episoden (Buch)

Marianne Labisch & Gerd Scherm (Hrsg.)
Die Fahrt der Steampunk Queen - Ein Roman in Episoden
Titelbild und Innenillustrationen: Gerd Scherm
p.machinery, 2021, Hardcover, 140 Seiten, 29,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Es sollte eine Anthologie zu Ehren und zum Gedenken an die viel zu früh gestorbene Autorin Susanne Haberland werden. Haberland liebte die Phantastik, schrieb unter Pseudonym entsprechende Steampunk-Geschichten und Marianne Labisch entschloss sich, der tapferen Frau ein literarisches Denkmal zu setzen.

Ein Titel war schnell gefunden, allein, zunächst geriet dieser Plan ein wenig in Vergessenheit. Dann, zu Haberlands fünftem Todestag 2021, sollte die Idee endlich in die Tat umgesetzt werden. In Gerd Scherm fand Labisch die gewohnte Unterstützung, dazu Weggefährten und Autoren, die die Verstorbene zwar nicht gekannt, das Projekt aber unterstützen wollten.

 

Willkommen also auf einem über die Wellen gleitenden Raddampfer, der von einem in Südafrika gefundenen, besonderem Mineral in der Luft gehalten wird.

Nach der Jungfernfahrt nimmt die „Steampunk Queen 66“ ganz besondere Reisegäste an Bord. Die erste Kreuzfahrt geht rund ums Mittelmeer bis nach Alexandria.

Dass die Eignerin gleich zu Beginn der Kreuzfahrt stirbt, dass im weiteren Verlauf jede Menge weitere Opfer zu beklagen sind, stört die Reisenden herzlich wenig. Sie sind von der ruhigen Art übers Meer zu schweben begeistert, sie feiern im Salon, gehen ihren Hobbys und Obsessionen nach, und sie alle suchen ihre Geheimnisse zu wahren.

Sei es ein Androide, der in eine farbige Sängerin verliebt ist; der Geist, der eine neuartige Art des Navigierens erfunden hat; ein Kriegsverbrecher mit einem Granatsplitter im Kopf (der mit Maschinen reden kann); ein Betrüger, der Kinder für TechMagie missbraucht; kommunistische Parteigenossen und Nazis; ein Schachautomat und der Sohn dessen Erfinders, der Frieden sucht; zwei Ermittler auf der Jagd nach Bastet; eine Fee die nach Knossos zurückkehren will oder die Postdame, die auf eigene Faust versucht zu ergründen, wer die Eignerin ermordet hat.


Das Gebotene ist sehr abwechslungsreich - sowohl was das Inhaltliche angeht, als auch bezüglich Stil und Ansatz. Es gibt Geschichten, die eher eine gruselige Atmosphäre erzeugen, dann wieder ergreifende Schicksale, politische Warnungen vor rechten Umtrieben, Geheimnisse und Anspielungen satt.

Erstaunlich fand ich dabei, dass die Verfasser die Steampunk-Kulisse zwar nutzen, Steampunk selbst aber so gut wie nie aber wirklich in den Vordergrund rücken. Ihnen allen geht es eher darum, ihren Leserinnen und Lesern die Schicksale der Figuren aufzuzeigen, und hier angesichts des Leids und der Abgründe, die sich auftun, innerlich zu berühren. Statt also groß in Eisen, Dampf und Feinmechanik zu schwelgen geht es mehr darum, in kurzen Streiflichtern Schicksale begreifbar zu machen.

So manches Mal hätte ich mir gewünscht, dass ich von der einen oder anderem Figur mehr erfahren könnte, wie sie an den Punkt, an dem ich sie kennenlerne, gekommen ist, wie der weitere Lebensweg abseits des Schiffes wohl aussieht – allein, es bleibt bei einem Streiflicht an Bord des Raddampfers.

Der Band selbst ist, wie wir dies von der Reihe kennen, aufwendig farbig illustriert und in einem quadratischen, zweispaltigen Format gedruckt auch haptisch etwas Besonderes. Die Fadenheftung, das Lesebändchen, das Kunstdruckpapier und die ganzseitigen Farbillustrationen verbinden sich mit den Texten zu einem einheitlichen Ganzen, das zu faszinieren weiß.

So ist dies eine Hommage an eine Autorin, die dem Leser viele ganz unterschiedliche Figuren vorstellt, dabei auf vielfältige Art unterhält und die Steampunk-Kulisse eher hintergründig nutzt, um mit Schicksalen zu faszinieren.