Stefan Burban: Blutregen - Die Templer im Schatten 2 (Buch)

Stefan Burban
Blutregen
Die Templer im Schatten 2
Titelbild: Mark Freier
Atlantis, 2021, Paperback, 316 Seiten, 13,90 EUR (auch als Hardcover und eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Im Jahr 1187 wurde der Tempelritter Christian d’Orleans im Heiligen Land nach einer Schlacht in einen Vampir verwandelt. Mit viel Mühe lernte er, sich daran zu gewöhnen, nicht länger das Dasein eines Menschen zu führen, seine neuen Gaben anzunehmen und vor allem dem tückischen Blutdurst nicht nachzugeben. Längst ist er nicht mehr allein, denn immer mehr Schicksalsgefährten schließen sich zu einem neuen Orden, „Die Templer im Schatten“, zusammen, um die Menschen davor zu bewahren, das Schlachtvieh in einem von den Vampiren angestrebten Reich zu werden.

Nachdem der dritte Kreuzzug (1189-1192) mit einem Friedensvertrag und dem Verlust von Jerusalem sowie weiteren Kreuzfahrer-Staaten endete, kehrt Robin von Locksley zusammen mit seinem Freund Will Scarlet nach England zurück. Was ihn dort erwartet, ist schrecklich: Sein Heim und viele Ortschaften befinden sich in der Hand von Vampiren. Die Menschen wurden abgeschlachtet, zu Blutsklaven gemacht, in Vampire verwandelt oder als Nahrung eingesperrt. Sein Vater wird vermisst, und seine Braut Lady Marian soll ein Vampir und Überläufer sein. Will opfert sich, um dem Gefährten die Flucht zu ermöglichen.

Robin sinnt auf Rache, weiß aber auch, dass er für seine Pläne Hilfe braucht. Allerdings befindet sich König Richard Löwenherz in Gefangenschaft, Prinz John ist eine Marionette des mächtigen Vampirs Bhonloch, und dessen rechte Hand, der Sheriff von Nottingham, ist ein kluger Taktiker. In seiner Not wendet sich Robin an seinen Freund Christian, der sogleich mit Karl von Braunschweig, mittlerweile auch ein Vampir, und mehreren Kameraden von Frankreich aus aufbricht, während überall Ritter zusammengezogen werden, die vor Ort entbehrlich sind, um als Verstärkung nachzukommen. Die Vampirtempler befürchten, dass die Länder Europas in die Zange genommen werden könnten, falls es dem Feind gelingt, der, aus dem Morgenland kommend, bereits weite Teile des Kontinents infiltriert hat, England zu erobern.

Die Situation erweist sich jedoch als noch viel schlimmer: Aus persönlichen Gründen sucht Bhonloch nach einer mythischen Waffe, die er einsetzen will, um ewige Nacht über die ganze Erde zu bringen. Dass dann nichts überleben kann, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen und es somit auch keine Nahrung für die Vampire gibt, ist ihm völlig egal, wenn er damit nur seinem einstigen Freund und späteren Widersacher, der sich ursprünglich als Beschützer von Menschen und Vampiren sah und der Welt nach einem furchtbaren Fehler den Rücken kehrte, endlose Qualen bereiten kann.


Nachdem die Handlung des ersten Bandes, „Im Zeichen der Templer“, im Heiligen Land spielte und einzelne wichtige Figuren eingeführt wurden, die teils über einen realen Hintergrund verfügen, teils sagenhafte Zeitgenossen gewesen sein sollen oder rein fiktiv sind, verlagert sich das Geschehen in „Blutregen“ nach England, wo sogleich weitere namhafte Akteure ins Spiel gebracht werden, deren Identitäten mitunter erst im weiteren Verlauf der Geschehnisse enthüllt werden und die Vermutungen des Lesers bestätigen oder ihn überraschen.

Kaum ist Christian mit seinem Gefolge in England eingetroffen, ‚übernimmt‘ er die Führungsrolle aufgrund seiner Erfahrungen im Kampf gegen die Vampire. Allerdings ist er um die Zusammenarbeit mit Robin Hood, der zu einer Symbolfigur des Widerstands aufgebaut wird, bemüht, denn die Menschen folgen ihm und sind gegenüber den ihnen unheimlichen Rittern misstrauisch - nicht ganz zu Unrecht, da stets die Gefahr besteht, dass einer den Kampf gegen den Blutdurst verliert. Überdies verbirgt sich ein Verräter in ihren Reihen, der viel Schaden anrichtet, bevor er entlarvt wird.

Aber nicht nur seine eigenen Leute muss Christian im Auge behalten, sondern ebenso Robin, weil dieser einerseits durch den Rachewunsch, zum anderen durch die Hoffnung, geliebte Menschen vielleicht retten zu können, zu unüberlegten Handlungen neigt - und es gibt niemanden, der das besser weiß als Lady Marian, die ihre Wandlung akzeptiert und sogar mit Bhonloch ein Kind gezeugt hat, das eine ganz besondere und mächtige Art Vampir ist. In so manche Falle wäre Robin getappt, hätte ihn Christian nicht aufgehalten.

Dennoch kann er nicht verhindern, dass die tapfere Schar Kämpfer aufgerieben wird, Karl in Gefangenschaft gerät und das Artefakt in Bhonlochs Hände fällt. Zwar erhalten sie Unterstützung von verschiedener, sogar unerwarteter Seite, es kommt zu mehr als nur einem Showdown, als sich geschworene Feinde zum Duell auf Leben und Tod gegenüberstehen, doch ob die Welt gerettet werden kann und, falls ja, wer überlebt, bleibt bis zum Schluss offen. Der Epilog stellt schließlich die Weichen für wenigstens einen weiteren relativ in sich abgeschlossenen Roman.

Stefan Burban schreibt spannend und schafft es bravourös, belegte Geschichte mit Sagen-Stoff und Fiktionen zu einer überzeugenden Einheit zu vermischen. Dabei ändert er keineswegs bekannte Fakten, sondern unterfüttert sie mit seinen Ideen, hier mit den Motiven um mythische Helden, ein unkontrollierbares, alles zerstörende Artefakt und Vampire, die ein Reich gründen wollen. Alles fügt sich perfekt zusammen, da die damalige Situation in Europa und im Heiligen Land jedem Autor einen weit gesteckten Rahmen offeriert für Einzelschicksale, geheime Orden, verschwiegene Krisen und Kämpfe, von denen nur Eingeweihte wissen beziehungsweise deren Zeugen tot sind.

Ob SF, Fantasy, Horror, historisches Abenteuer - Stefan Burban findet sich in jedem Genre zurecht. Allein der omnipräsente militärische Schwerpunkt, die vielen Gemetzel, die Tode von Sympathieträgern empfindet man, wenngleich dies die hässliche und realistische Seite von Kriegen ist, als schwer verdaulich, sodass man manchmal schwankt, ob man konsequent weiterliest, weil man erfahren will, wie die Geschichte endet, oder ob man eine Pause und eine weniger blutige Zwischendurchlektüre braucht, um die grausigen Szenen aus dem Kopf zu bekommen (wie bei George R. R. Martins „Game of Thrones“).

„Blutregen“ ist ein weiteres Buch von Stefan Burban, das packend geschrieben ist, viele phantastische Ideen bietet, mit interessanten Charakteren aufwartet - aber nur so trieft vor Blut. Man sollte, wenn man zu diesem und anderen Titeln des Autors greift, schon Einiges aushalten können.