Maddrax 556: Ein Fremder im Kollektiv, Ro Demaar & Michael Schönenbröcher (Buch)

Maddrax 556
Ein Fremder im Kollektiv
Ro Demaar & Michael Schönenbröcher
Titelbild: Néstor Taylor
Bastei, 2021, Romanheft, 68 Seiten, 2,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Matthias Hesse

Daa'muren heißen im Maddraxiversum jene außerirdischen Invasoren, die mit dem Meteoriten-Einschlag vor über 550 Episoden im Jahre 2012 auf die Erde kamen. Sie können jede beliebige Gestalt annehmen, ihre Arme in Macheten und ähnliches verwandeln, telepathisch kommunizieren und entsprechen in ihrer wahren Erscheinungsform auch sonst völlig den finstersten Alpträumen der Verschwörungsgläubigen unserer Tage: Reptiloide eben. 

Sie unterstehen ihrereits dem Einfluss des Wandlers, einer kosmischen Entität. Der ärgste Feind des Wandlers ist der Streiter, und deren Krieg wiederum ist beinahe so alt wie das Universum selbst.

Ordu'lan'balat ist ein solcher Daa'mure, und seine Geschichte steht im Fokus der aktuellen Ausgabe der Romanheftserie, „Ein Fremder im Kollektiv“. Das Cover von Néstor Taylor zeigt ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht auf eine Kampfsituation zurennend: Das Schwert eines Dorfbewohners zerschlägt einen kindersarggroßen grünen Kristall, den eine Gestalt in Kapuzenmantel schützend vor den Körper hält. Dass die abgebildete Situation nicht nur actionreich, sondern auch herzzerreißend tragisch ist, offenbart sich aber erst im Laufe der Lektüre des Romans von Ro Demaar, der seinerseits selbst ein Neuer im Kollektiv der „Maddrax“-Autorinnen und -Autoren ist.


Mit der Co-Autorenschaft des Redakteurs Michael „Mad Mike“ Schönenbröcher himself gelingt Demaar (alias Ulf Fildebrandt) ein gelungener Einstand in die Reihe. Die Lebensgeschichte des Ordu'lan'balat, der nach dem Sieg der Menschheit über die Außerirdischen als Einzelgänger auf der Erde bleibt und seine wahre Identität lange geheimhalten muss, um in der Gemeinschaft der Menschen einen Platz zu finden, ist schon ziemlich ergreifend. Der gesamte kosmische Konflikt fokussiert sich hier in einem Leben.

Der Daa'mure trägt eine verborgene Trauer und eine leise, aber unzerstörbare Hoffnung mit sich herum, die den Ton des gesamten Romans bestimmt, so dass der 556. „Maddrax“-Band zwar weniger witzig oder rough daherkommt wie gewohnt, dafür aber eindringlich und sehr - menschlich. Selbst wenn die Hauptfigur einer Spezies entspringt, die lange der erklärte Feind der Menschheit war.

„Ein Fremder im Kollektiv“ kann gut für sich alleine stehen, stellt aber auch für die übergreifende Serienhandlung eine entscheidende Weiche: Angesichts einer Bedrohung fördert Ordu'lan'balats persönliches Unglück eine wichtige Entdeckung zutage und bringt einen Funken Hoffnung in die Welt. Einen Funken, der wohl ausgeblieben wäre, wären seinerzeit nicht Menschen bereit gewesen, die Vergangenheit zu überwinden und dem Außerirdischen eine neue Heimat zu geben.

Soviel Mutmach-Botschaft würde glatt einer Weihnachtsfolge zur Ehre gereichen, aber auch im zweiten Pandemie-Jahr macht sich ein bisschen Message ganz gut. Nicht dass ich mich falsch ausdrücke: Das Heft ist deswegen noch lange kein Rührstück, dergleichen gibt es nach wie vor ein Regal weiter in der „Fürstenkrone“. Aber es bereichert die hohe Qualität des aktuellen Zyklus’ um eine ganz eigene Note und sollte keinesfalls verpasst werden.