Dagmar Isabell Schmidbauer: Tödliche Kunst - Steinbacher & Hollermann 6 (Buch)

Dagmar Isabell Schmidbauer
Tödliche Kunst
Steinbacher & Hollermann 6
Edition Renumero, 2020, Taschenbuch, 460 Seiten, 14,80 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Unmittelbar vor der Eröffnung einer internationalen Kunstausstellung im Passauer Museum Moderner Kunst wird ein junger Künstler tot aufgefunden. Alles deutet darauf hin, dass Quentin von Blümstorf weder Opfer eines tragischen Unfalls bei der Installation seines wichtigsten Ausstellungsstücks wurde noch Selbstmord begangen hat.

Die Kommissare Franziska Steinbacher und Hannes Hollermann beginnen zu ermitteln, doch wer den Toten kannte, ist eher zurückhaltend mit Informationen, und vieles klingt widersprüchlich. So soll von Blümstorf, was Frauen betrifft, keineswegs ein Kostverächter gewesen sein und das kürzliche Coming-out eine reine Werbestrategie, empfohlen von seinem Agenten, der wiederum junge Männer bevorzugt. War der Künstler wirklich bereit, für den Erfolg jeden Preis zu zahlen?

Wenig später ereignet sich ein weiterer Mord: Einem Museums-Angestellten scheint sein Wissen über die Tat zum Verhängnis geworden zu sein. Obwohl die Beamten Stück für Stück die Hinweise zusammentragen, kommen sie dem Mörder nicht näher, denn alle Verdächtigen können ein Alibi vorweisen oder haben kein Motiv. Die Zeit drängt, denn jemand anderes kommt dem Täter auf die Spur und gerät dadurch in Lebensgefahr.


Dagmar Isabell Schmidbauers sechster Passau-Krimi „Tödliche Kunst“ um die Kommissare Steinbacher und Hollermann führt einmal mehr nach „Marionette des Teufels“ (Band 1) ins Künstlermilieu.

Quentin von Blümstorf, der einzige und geliebte Sohn begüterter Eltern, der sich mit deren Segen selbst verwirklichen darf, statt sich darauf vorzubereiten, das Familienunternehmen weiterzuführen, wird vor seiner ersten großen Ausstellung ermordet. Trotzdem er mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, gab es auch in seinem Leben Dinge, welche er und die Eltern lieber nicht an die Öffentlichkeit gebracht hätten.

Das gilt allerdings auch für nahezu alle anderen Personen, die Kontakt zu dem Künstler unterhielten, insbesondere für Verena Tomasko, die von Blümstorf betreut und im Rahmen der gemeinsamen Arbeit einseitige romantische Gefühle für ihn entwickelt hatte. Sie ist außerdem diejenige, die die Leiche findet, eigene Überlegungen zu den tragischen Ereignissen anstellt und auf der Suche nach endlich ein bisschen Glück einen beinahe fatalen Fehler begeht.

So rückt dieser Charakter, der zunächst schwach scheint und bald ungeahnte Stärke entwickelt, in den Mittelpunkt. Sie hat annähernd so viele Handlungsanteile wie die eigentliche Hauptfigur Franziska und vor allem die spannenderen - Kollege Hollermann als frischgebackener Vater wird zum reinen ‚Heldenbegleiter‘ und gelegentlichen Stichwortgeber degradiert - und erfährt sogar die Beweggründe des Mörders.

Dieser erweist sich als der dunkle Gegenpol zu dem strahlenden von Blümstorf, dessen Fassade immer mehr zu bröckeln beginnt und der durch sein Verhalten den Mord gewissermaßen provoziert hat.

Nachdem die Autorin die Geschehnisse realistisch und packend aufgebaut hat, immer versehen mit kleinen Überraschungen und falschen Fährten, greift sie leider hier etwas zu tief in die Klischeekiste vom begabten Vorzeigesohn aus besten Verhältnissen, der sich als skrupelloser Blender und falscher Freund entpuppt. Auch wie diese Mosaik-Steinchen über Verena an die richtigen Plätze gesetzt werden, ist wenig elegant, erinnert es doch sehr an den Monolog des Bösewichts an so manchem Buchende, wenn die letzten losen Fäden noch verknüpft werden müssen, um jene Antworten zu liefern, die sich nicht aus der Handlung erschließen.

Während Hollermann diesmal äußerst blass bleibt und sogar der Kollege Obermüller deutlich aktiver mitmischt, agiert Franziska unaufgeregt und routiniert. Der Fall steht im Vordergrund, ihre persönlichen Angelegenheiten werden lediglich am Rande angesprochen, sei es nun ihr nicht mehr ganz so entspanntes Verhältnis zu einer Freundin, die sich als lesbisch geoutet hat, oder das Bemühen, ihrem Ex Walter Froschhamer aus dem Weg zu gehen, obwohl sie einander vermissen und er sie behutsam zurückgewinnen möchte.

Angesiedelt ist der in sich abgeschlossene Roman in Passau und Umgebung. Einheimische, aber auch Besucher, werden so manche genannte Location erkennen oder finden, und wenn man schon nicht vor Ort ist, veranschaulichen zwei Karten, wo die Protagonisten unterwegs sind.

Das Cover fügt sich optisch in die bewährte Tradition ein und sorgt dadurch für Wiedererkennung. Diesmal leuchtet der Foliendruck in Orange und wirkt wie ein Guckloch auf die Stadt, trennt sie von der Treppe, die zum Fundort der Leiche im Museum führen mag.

Lokalkolorit, sympathische, menschelnde Charaktere und die spannende Aufklärung eines Verbrechens sind eine Kombination, die für reichliches Lese-Vergnügen sorgt, sodass man über die kleinen Schönheitsfehler gern hinwegsieht - und hofft, dass es bald einen siebten Fall für „Steinbacher & Hollermann“ gibt.