Maddrax 550: Dunkle Gegenwart, Oliver Fröhlich (Buch)

Maddrax 550
Dunkle Gegenwart
Oliver Fröhlich
Titelbild: Néstor Taylor
Bastei, 2021, Romanheft, 68 Seiten, 2,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Matthias Hesse

Die vierzehntägig bei Bastei erscheinende Romanheftreihe „Maddrax“ ist nach ihrem Protagonisten benannt, dem US-Airforce-Piloten Matthew Drax. Den hat es bei einem Kometen-Einschlag im Jahre 2012 in „die dunkle Zukunft der Erde“ - so der Untertitel - verschlagen. Die Zivilisation, wie wir sie kennen, ist da bereits seit 500 Jahren Geschichte; nun bieten Barbarenstämme, hochtechnisierte Bunkergemeinschaften sowie allerlei mutiertes Getier reichlich Stoff für allerlei Abenteuer-Geschichten auf rund 60 Druckseiten, deren 550. Heft die Fans diesen Februar feiern dürfen. Mit dieser Landmarke beginnt auch inhaltlich ein neuer Zyklus, seinen 21. Geburtstag begeht die Serie ebenfalls.

Maddrax also, weil die schöne, kampfstarke und (zumindest auf frühen Cover-Zeichnungen) barbusige Barbarin Aruula seinen vollen Namen zunächst nicht aussprechen kann. Sie päppelt den Havarierten wie Nscho-tschi ihren Old Shatterhand auf, um dann als seine Gefährtin die Sippe zu verlassen und dem Mann aus der Vergangenheit beizustehen, wenn es gegen vampirartige Nosfera, die außerirdischen Daa'muren, schließlich auch auf den Mars und per Wurmloch sogar in ferne Galaxien geht.

Dabei war die Serie zu Beginn gar nicht auf mehr als 100 Hefte ausgelegt, wie Redakteur Michael „Mad Mike“ Schönenbröcher in einem Interview bei YouTube hier verrät. Doch auch wenn „Maddrax“ neben „Geisterjäger John Sinclair“ und „Perry Rhodan“ nicht der Platzhirsch unter der Phantastik-Kioskware ist, sorgt eine treue Leserschaft nebst aktiver Fangemeinde für Langlebigkeit und Stabilität. Tatsächlich ist die anarchische Genremixtur aus SF, Horror, Endzeit und Fantasy ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal. Ebenfalls außergewöhnlich bei „Maddrax“ ist die spürbare Lust der Autorinnen und Autoren, auch selbstironisch mit Trashfaktor und Klischees der Darreichungsform „Groschenroman“ umzugehen und den popkulturellen Kanon ebenso wie aktuelles Zeitgeschehen in den Heften zu verwursten. Dies geschieht je nach Thema mal eher parodistisch, mal mit der gebotenen Ernsthaftigkeit. Schönenbröcher verspricht zudem, mit Band 550 besonders einsteigerfreundlich zu sein - weiteres Publikum kommt also in Sicht.

„Dunkle Gegenwart“ heißt der Zyklus-Auftakt, den Oliver Fröhlich verantwortet, auf dessen Kappe auch das schon spektakuläre Rhodan-Maddrax-Crossover vom Februar vergangenen Jahres geht.


Das erste Drittel des Romans widmet sich dabei der Vorgeschichte, schließlich muss nicht nur aus Verständnisgründen der Inhalt des abgeschlossenen Zyklus rekapituliert, sondern auch Jean-François Pilâtre de Rozier eingeführt werden. Bei diesem historisch verbrieften Luftfahrt-Pionier handelt es sich um eine Schlüsselfigur im Maddraxiversum, den es ebenfalls per Zeitstrahl in die Zukunft verschlagen hat. Am Victoriasee im postapokalyptischen Afra hat de Rozier ein bizarres, aber prosperierendes Kaiserreich aus fliegenden Städten und höfischen Sitten errichtet, das durch einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum elementar bedroht wird: Mitten im Gebiet des Sees taucht eine Gigantopole auf, deren Monstrosität an die Architektur Lovecraftscher Schilderungen gemahnt. Den gewaltsamen Übergang aus ihrer Parallelwelt überleben nur wenige Anhänger eines Kultes, deren geistiges Zentrum wiederum in der alternativen Realität verblieben ist - zusammen mit Victorius, de Rozieres Sohn, der gerade im Augenblick des Weltenrisses den See überflog und sich nun in der finsteren Parallelerde befindet.


Seltsam belebte Monumente, augenlose Priester, nebelartige Ströme bösartiger Energie bilden in „Dunkle Gegenwart“ das Grundrauschen einer theokratischen Gesellschaft, die in übler Absicht in die bisherige Wirklichkeit des Maddraxiversums eindringt und ganz nebenbei - so hat es zumindest erstmal den Anschein - an einem Tabu der Serie kratzt: Wie abwegig die phantastischen Begegnungen der Serienheldinnen und -helden mit Aliens, Monstern und Entitäten 549 Hefte lang auch scheinen mochten, immer gibt es materialistische Ursachen. Magie, Dämonen und ähnlich Paranormales hingegen findet stets aus der Froschperspektive einzelner Figuren, nicht aber bei objektiver Betrachtung statt. Doch die neue Bedrohung mit deutlichen Dark-Fantasy-Bezügen setzt gleich im ersten Roman eine irritierende und spannende Duftmarke.

Von Oliver Fröhlich plausibel und klar erzählt, mit ausreichend Zeit für die Innenansichten seiner Figuren und einem Cliffhanger, der nicht von Pappe ist, kann man die Einschätzung „einsteigerfreundlich“ sicher gelten lassen. In einem kleinen Epilog kündigen sich aber auch ganz alte Serienbekannte an - alles in allem ein gelungener Auftakt!