Mina Hepsen: Unsterblich wie die Liebe – Die Auserwählten 3 (Buch)

Mina Hepsen
Unsterblich wie die Liebe
Die Auserwählten 3
(After the Storm, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Getrud Wittich
Titelgestaltung von UNO Werbeagentur unter Verwendung eines Fotos von Image Source/getty images
Goldmann, 2010, Taschenbuch, 376 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-47323-6

Von Irene Salzmann

Unerkannt leben die Vampire inmitten der Menschen, und kaum jemand ahnt davon. Strenge Gesetze schützen beide Völker, denn würden die Blutsauger ungehemmt ihren Durst an Wehrlosen stillen, würde bald die Jagd auf die immer weniger werdenden Vampire beginnen. Viele von ihnen werden mit den Jahrhunderten ihres Daseins überdrüssig und sterben, noch bevor sie Nachkommen haben zeugen können. Allein die Legende, dass ihnen ‚die Auserwählten‘ eines Tages Kinder schenken werden, die nur die Stärken und nicht mehr die Schwächen ihrer Art haben, lässt sie hoffen.

Schließlich erfüllt sich die Prophezeiung, aber die ‚wahren Vampire‘ sind gegen die Vermischung von menschlichem und vampirischem Blut. Ihr Ziel ist es, die beiden Kinder, die geboren wurden, ihre Eltern und deren Freunde zu töten. Der russische Prinz Mikhail Belanow erhält darum den Auftrag, den Sohn seiner Schwester und die Tochter seiner Cousine in Sicherheit zu bringen. Doch die Attentäter heften sich an seine Fersen, und nur Dank der Hilfe von Nell Witherspoon, einer Gouvernante mit vielen Geheimnissen, kann er die Kleinkinder retten.

Gemeinsam setzen sie ihre Flucht fort, denn Nell hat ihre Anstellung verloren und weiß nicht wohin. Mikhail überredet sie, ihn und die Kinder in ihr Heimatdorf zu bringen und sich dort mit ihnen zu verstecken. Allerdings ist dies der letzte Ort, an dem Nell sich aufhalten möchte, denn er weckt nur hässliche Erinnerungen, und tatsächlich dauert es nicht lange, bis jemand sie ‚die Verfluchte‘ nennt. Noch immer versteht Mikhail nicht, was eigentlich los ist, denn seine Eifersucht auf George, Nells einstigem Verlobten, beherrscht sein Denken.

Erneut werden sie von ihren Verfolgern aufgespürt und müssen fliehen. Mikhail beschließt, die Kinder unter Nells Obhut zurück nach London zu ihren Familien zu senden, während er selber dem Gegner eine tollkühne Falle stellen will. Nell würde lieber an seiner Seite bleiben, denn auch sie hat sich in ihn verliebt, doch das Wohl der Kinder hat Vorrang, und sie weiß, dass die Gabe, die sie ablehnt, helfen wird, ihre Schützlinge sicher nach Hause zu bringen. Aber was wird derweil aus Mikhail?

Nach „Unsterblich wie die Nacht“ und „Unsterblich wie ein Kuss“ ist „Unsterblich wie die Liebe“ der dritte relativ in sich abgeschlossene Band von Mina Hepsen alias Hande Zapsu um „die Auserwählten“. Dabei bedient sich die Autorin des gängigen Schemas, das auch anderen Romantic-Mystery-Reihen zugrundeliegt, einen Hintergrund auszuarbeiten, vor dem wechselnde Hauptfiguren agieren. Die Helden des einen Bandes sind die vertrauten Nebendarsteller im nächsten und umgekehrt. Zudem werden in begrenzter Zahl neue Handlungsträger eingeführt. Der treue Leser findet sich in Folge schnell in jedem Buch zurecht und wird regelmäßig mit einem Aha-Effekt beglückt; wer als Quereinsteiger hinzustößt, muss nicht die vorherigen Geschichten kennen, um von der Lektüre gut unterhalten zu werden.

Mina Hepsen siedelt ihre Handlung im viktorianischen Zeitalter an, doch ihre Charaktere denken, sprechen und handeln eher wie moderne Menschen. Vor allem Nell fällt durch eine Mischung aus resolutem und traditionellem ‚Weibchen-Verhalten‘ sowie mehr oder minder originelle Flüche auf, die einerseits als Running Gag gedacht sind, der aber nicht wirklich witzig ist, andererseits verdeutlicht, dass die Protagonistin zwar aus einer gebildeten Familie stammt, nicht aber den Schliff einer Adligen besitzt.

Junge, romantische Leserinnen ab 15 Jahre können sich mit „Aschenputtel“ Nell leicht identifizieren und mit ihr von dem attraktiven Märchenprinzen träumen, der mit Mikhail Gestalt angenommen hat. Getreu dem Motto ‚was sich liebt, neckt sich‘ kabbeln sich die beiden fortwährend und verlieben sich natürlich, doch müssen erst einige Missverständnisse bereinigt, Geheimnisse aufgedeckt und weitere Gefahren überstanden werden, bevor es ein Happy End gibt, an dessen Eintreten man keinen Moment zweifeln muss. Dafür ist der Ton, selbst wenn es einige dramatische Szenen gibt, viel zu locker, fröhlich und optimistisch. Die Handlung liefert einen interessanten Rahmen für die Romanze, die gelegentlich mit erotischen Einlagen gewürzt ist. In Konsequenz hat der Feind nur eine kleine Rolle inne, er bleibt blass und klischeehaft: der perverse, gewalttätige, von Rache getrieben Anführer der ‚wahren Vampire‘, sein sadistischer Wissenschaftler und die tumben, skrupellosen Handlanger.

Für eingefleischte Horror-Fans dürfte der romantisch-humorige Aspekt etwas zu viel des Guten sein, da darüber Mina Hepsens Variante einer Vampir-Gesellschaft und das Grauen in den Hintergrund treten. Schätzt man hingegen die Romantic Mystery, dann zählt „Unsterblich wie die Liebe“ zu den besseren Büchern des Genres, da die Autorin eine Handlung aufbaut, die sich durch einen Spannungsbogen, der bis zum Ende fesselt, auszeichnet und sie auch das Hin und Her des sympathischen Paares überzeugend beschreibt. Zwar hilft wieder einmal deus ex machina aus, aber das Happy End ist gerettet – und die Erwartungen de Zielgruppe werden bestens erfüllt.