Die Gefährten der Dämmerung 2: Die drei Augen der Blaugrünen Stadt (Buch)

Die Gefährten der Dämmerung 2
Die drei Augen der Blaugrünen Stadt
(Les Compagnons du Crépuscule Tome 2: Les Yeux D'etain de la Ville Glauque)
Text & Artwork: François Bourgeon
Übersetzung: Ishel Ute Eichler
Übersetzung des Anhangs: Martin Budde
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2010, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-144-3

Von Frank Drehmel

Anicet, der Junge, der dem Galgen entrann, Mariotte, das rothaarige Mädchen, welches Söldnern den Weg zu ihrem Heimatdorf wies und damit dessen Vernichtung zumindest beschleunigte, sowie der Ritter ohne Gesicht streifen auf der Suche nach der Schwarzen Macht durch ein von einem 100-jährigen Krieg verheertes, mittelalterliches Land.

Urplötzlich sehen sich die drei Vagabunden einer Rotte aufgebrachter Bauern gegenüber, welche die drei für Plünderer halten. Während Anicet und der Ritter entkommen können und im Glauben, das Mädchen sei tot, alleine weiterziehen, fällt Mariotte dem Mob in die Hände und soll in einem spektakulären Schauspiel zur Ergötzung der nach Blut Dürstenden grausam hingerichtet werden. Im letzten Moment gelingt dem Mädchen ebenfalls die Flucht und kurz darauf findet sie sich in der Hütte einer alten Frau sowie deren kindlicher Ziehtochter, Yuna, wieder. Als die Alte bei einem Unfall ums Leben kommt, ziehen Mariotte und ihre neue Freundin des Weges, um bald darauf den Ritter und Anicet wiederzutreffen. Der nunmehr wieder vereinten Gruppe schließt sich just in dem Moment ein von einer Koboldfrau begleiteter Troubadour an, als Anicet von einer Dhuarde, einem bösartigen, geheimnisvollen Wesen, angegriffen wird, welches das Juwel der Blauen Finsternis an sich reißen will, das der Junge zuvor heimlich an sich genommen hat.

Da die Dhuarden Diener der Schwarzen Macht sind und die Kobolde zu Sklavendiensten zwingen, beschließt die Gruppe gemeinsam, in das Reich – die Blaugrüne Stadt – der Wesen einzudringen, um deren Königin zu töten. Doch der Weg dahin ist gefährlich und das Überwinden einer der drei Pforten der Stadt erfordert neben einem listenreichen Plan auch eine gehörigen Portion Glück; ehe sie sich versehen, befinden sich Yuna und Mariotte plötzlich allein im Reich dieser mysteriösen Wesen und stehen bald einem dieser Ungeheuer Auge in Auge gegenüber.

Verglichen mit dem ersten Band der Reihe ist der zweite Teil der „Gefährten der Dämmerung“ vom Aufbau her äußerst komplex und kompliziert. Bourgeon erzählt auf mehreren Zeitebenen, die den Haupthandlungsbogen um Mariotte illustrieren beziehungsweise erweitern, die nahtlos und sprunghaft – zum Teil mehrmals innerhalb einer Seite – ineinander übergehen und von denen nicht immer klar ist, ob sie Traumsequenzen darstellen oder eine vergangene Realität. In Verbindung mit dem zum Teil zu wenig prägnanten Artwork entsteht dadurch eine Geschichte, der man als Leser unverhältnismäßig konzentriert folgen muss, will man zunächst nur die Ebenen auseinander halten. Allerdings bedeutet die korrekte Zuordnung noch nicht, dass man die Geschichte wirklich durchdrungen hat, denn über dem Ganzen wabert nicht nur ein anstrengender Mystizismus, sondern die Bezugnahme auf ein uraltes, früher mündlich überliefertes, traditionelles bretonisches Volkslied – der Gesang der „Reihen“ (frz. „Séries“) oder auch „Vêpres des Grenouilles“ („Vespergesang der Frösche“) – zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung, ohne dass sowohl die Verbindung zwischen Story und Gedicht, als auch die Bedeutung des Gedichts an sich eindeutig fassbar wäre und sich somit einer stringenten Interpretation weitgehend entzieht. Immerhin funktioniert die Story in der Hinsicht, dass es dem Autor auf den ersten Seiten gelingt, glaubwürdig eine rohe beziehungsweise verrohte Gesellschaft zu zeichnen, in der ein Menschenleben gerade mal die Kleidung wert ist, die ein Mensch trägt.

Relativ schwach kommt Bourgeons Artwork daher. Nicht nur, dass nach wie vor gerade die Gesichter mit ihren kraftlosen, blassen Augen statisch, hölzern und tot wirken – Kobolde und Dhuarden bilden hier die rühmliche Ausnahme –, sondern auch ansonsten fehlt es den Figuren visuell an Tiefe und Kontrast, was – wie schon angedeutet – die Identifikation angesichts der zahllosen Handlungs-Sprünge äußerst anstrengend macht. Zudem wirkt das geradezu obsessive Verlieren der Kleidung der weiblichen Protagonisten und damit die Darstellung von Nacktheit regelrecht kindisch und stellt in seiner trivialen grafischen Vordergründigkeit einen (ver)störenden Kontrast zur düsteren Grundstimmung vor dem Hintergrund des hundertjährigen Krieges beziehungsweise dem verschwurbelt intellektuellen Anspruch der kaum zu deutenden Handlung dar.

Fazit: Die anstrengend konstruierte Story, schwer bzw. kaum zu deutende Text-Passagen und Handlungszusammenhänge sowie das wenig aufregende Artwork machen dieses Album allenfalls für Freunde verkopfter Comics empfehlenswert.