Alex Marshall: Blut aus Silber (Buch)

Alex Marshall
Blut aus Silber
Das Scharlachrote Imperium 1
(A Crown for Cold Silver, 2015)
Übersetzung: Andreas Decker
Piper, 2015, Paperback, 864 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-492-70361-1

Rezension von Christel Scheja

Alex Marshall ist das Pseudonym von Jesse Bullington, der zuvor wohl nur übernatürliche Historische Romane veröffentlichte und für seine Low-Fantasy-Trilogie bewusst einen neuen Namen annahm. In Deutschland ist allerdings nur der erste Band der Saga um die hartgesottene Kriegerin Zosia erschienen, „Blut aus Silber“.


Vor zwanzig Jahren war ihr Name weithin bekannt und gefürchtet. Zosia galt als legendäre Kriegerin und Heerführerin, die ohne viel zu bluten erfolgreiche Eroberungsfeldzüge führte und letztendlich sehr viel Ruhm sammelte - sie hätte sich sogar eine Krone aufsetzen können. Aber dann verschwand sie einfach von der Bildfläche und ward nicht mehr gesehen.

Nun aber ist man ihr auf die Schliche gekommen. Nach zwei Jahrzehnten, in denen Zosia ein friedliches Leben mit ihrem Mann in einem abgelegenen Dorf führte, muss sie mitansehen, wie nicht nur das Dorf angegriffen, sondern auch ihr Lebensgefährte ermordet wird. Auf Rache sinnend, gräbt sie Schwert und Rüstung wieder aus und macht sich daran den mörderischen Hund zu suchen, der das alles befahl und teilweise auch ausführte - nur um festzustellen, dass sie dadurch in neue Konflikte gezogen wird, in Intrigen, die selbst alte Freunde mit einem Mal zu Feinden machen. Wem kann sie überhaupt noch trauen?


Es gibt ja den einen oder anderen Roman über Fantasy-Helden, die sich nach den stürmischen Jugendjahren niedergelassen und eine Familie gegründet haben, aber das waren immer nur Männer. Schon dadurch fällt die Geschichte ein wenig aus dem Rahmen, denn bei einer Frau nimmt man an, dass sie danach viele Kinder in die Welt gesetzt und ihre Kampfkraft verloren hat; aber nichts davon ist der Fall. Zosia mag älter geworden sein, aber das hat ihr nicht viel von ihren Fähigkeiten und ihrer Kraft genommen.

Doch die Umstände lassen ihr keine Wahl. Sie muss in die Welt zurückkehren, sich den aktuellen Problemen stellen und sich mit diesen herumschlagen. Dabei staunt und stöhnt sie über so manches Gerücht und manche Legende, die man über sie in die Welt gesetzt hat. Und fragt sich wie ernst sie eine Prinzessin nehmen soll, die sich an ihr ein Beispiel genommen hat.

Zosia ist trotz ihrer Härte und ihres Zynismus erstaunlich sympathisch, weil sie eben die Bodenhaftung noch nicht verloren hat und es auch nicht tut, als man sie wieder und wieder in die Konflikte mit hinein zieht und damit auch in den Ärger.

Zudem lockern eine Vielzahl anderer Figuren und deren Geschichten die Handlung auf. Der Hintergrund dagegen bleibt eher schwammig, denn der Autor nutzt die gängigen Klischees ohne diese aus- oder umzubauen, damit er sich mehr auf die Interaktion der Figuren konzentrieren kann. Ab und an schafft er es auch, die Leser zu überraschen, nachdem er sie auf eine völlig falsche Fährte geführt hat. Doch wirklicher Spannung steht die behäbige Erzählweise entgegen, die dem Buch viel an Kraft nimmt. Gerade im Mittelteil sind die Längen nicht zu übersehen. Immerhin ist der Roman halbwegs in sich geschlossen, auch wenn man merkt, dass es noch weitergehen dürfte.

Alles in allem ist „Blut aus Silber“ ein angenehm geschriebener Low-Fantasy-Roman für alle Fans von kernigen Krieger-Geschichten, die auch einmal ältere Figuren und deren zynische Sichtweise auf die Welt mögen. Allerdings sollte man sich auf eine extrem langgezogene Handlung einlassen können, da der Autor zu den Geschwätzigen seiner Art gehört.