Nalini Singh: Im Feuer der Nacht (Buch)

Nalini Singh
Im Feuer der Nacht
Gestaltwandler-Serie 4
(Mine to Possess, 2008)
Übersetzung: Nora Lachmann
Lyx, 2009, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 430 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8226-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Zwanzig Jahre nach einer für beide traumatischen Kindheit begegnen sich der Halb-Leopard Clay Bennet von den DarkRiver-Leoparden und seine einstige und einzige Kameradin Talin McKade erneut. Es ist ein aufwühlendes Wiedersehen, denn nicht nur die Geschehnisse von damals liegen als schwerer Schatten auf diesem Treffen, sondern auch die Erkenntnis, dass Talin nicht, wie behauptet wurde, bei einem Autounfall ums Leben kam, und dass das Raubtier in Clay nach wie vor dicht unter seiner menschlichen Fassade lauert.

Obwohl Clay Talin nicht verzeihen kann, dass sie ihn - aus Angst vor dem Leoparden - mit der Lüge von ihrem Tod verzweifelt zurückließ, erklärt er sich bereit, die Hilfe zu gewähren, um die sie ihn bittet: Seit geraumer Zeit verschwinden im ganzen Land Kinder, die, sofern sie gefunden werden, von Unbekannten auf grausame Weise ermordet wurden. Auch einige von Talins Schützlingen sind darunter. Clay ist der Einzige, dem sie in dieser gefährlichen Angelegenheit vertrauen zu können glaubt. Mit seiner Unterstützung hofft sie herauszufinden, was hinter den Morden steckt, und den vermissten Jon und andere zu retten. Doch dem Jungen bleibt nicht mehr viel Zeit, und Talin auch nicht.


„Im Feuer der Nacht“ ist der vierte von mittlerweile achtzehn (plus etlicher Kurzgeschichten) Romanen der „Gestaltwandler“-Serie. Die Handlung spielt in einer Alternativwelt, rund sechzig Jahre in der Zukunft. Auf der Erde leben drei Spezies: die über Psi-Kräfte verfügenden Medialen, die Gestaltwandler und die ‚normalen‘ Menschen. Die Medialen haben die Macht an sich gerissen, unterdrücken die Menschen und versuchen, die Wer-Wesen auszulöschen. Allerdings ist schon so mancher Mediale, der das System zu hinterfragen begann, abtrünnig geworden.

Nun erfährt man, dass es noch eine vierte Art gibt, die Mischlinge mit völlig neuen Fähigkeiten, deren Existenz die Medialen zu verschweigen, ja, auszumerzen bemüht sind.

Vor diesem Hintergrund nimmt Talin nach vielen Jahren Kontakt zu Clay auf, weil sie ihn braucht. Belastet von der Vergangenheit, benötigen die beiden viel Zeit, um sich zusammenzuraufen, zu verzeihen und Ängste zu überwinden. Dabei erweist sich Clay als wenig einfühlsam. Er fühlt sich verraten und zurückgestoßen, was er Talin immer wieder zum Vorwurf macht, während sie ständig in Panik gerät wegen des Leoparden in ihm.

Darüber tritt die Suche nach den Kindern etwas in den Hintergrund, zumal der Fokus nicht konsequent auf den Fall gerichtet bleibt durch neue Probleme, die unter anderem Talins Gesundheit betreffen, und weitere Handlungsebenen, in denen der zugrunde liegende Konflikt langsam vorangetrieben wird und die Weichen für Nebencharaktere gestellt werden, damit diese in einem der Folgebände die Hauptrollen einnehmen.

Dieses Herumspringen zwischen den verschiedenen Protagonisten und ihren Kümmernissen, deren Brisanz nicht immer zur Gänze enthüllt wird, sorgt hin und wieder für Längen.

Ganz nett liest sich das Geplänkel zwischen Talin und Clay meist dann, wenn dieser als Leopard denkt. Ansonsten entwickelt sich die Beziehung ohne nennenswerte Überraschungen, beginnend mit gegenseitigen Vorwürfen über ein langsam keimendes Verständnis bis hin zu den lange unterdrückten Gefühlen, denn der Leopard hat seine Gefährtin erkannt, will sie beschützen und nicht wieder hergeben. Doch dafür ist noch ein kleines Wunder nötig, denn Talin ist todkrank.

Man verrät kein großes Geheimnis, wenn man andeutet, dass es ein Happy End gibt, denn Nalini Singh folgt dem Muster vieler Paranormal-Romances-Autorinnen, die in ihren Serien die füreinander bestimmten Paare stets nach allerlei Hickhack und selbstgemachten Problemen zusammenbringen und aus den Helden-Begleitern die Hauptfiguren für die nächste Beziehung rekrutieren.

Was diese Reihe jedoch von den meisten anderen unterscheidet, ist, dass SF-Elemente anstelle von Mystery/Horror oder (Urban) Fantasy dominieren. Statt Vampire, Dämonen und Hexen oder Elfen, Walküren und Sirenen, die für gewöhnlich unerkannt unter den Menschen der Gegenwart leben und ihre Kriege führen, wartet Nalini Singh mit einem dystopischen Gesellschaftssystem auf, in dem fortschrittliche Technologien genutzt werden und parapsychische Kräfte die Magie ersetzen. Das ist doch mal etwas anderes und hebt die Serie etwas aus dem Paranormal Romances-Einheitsbrei heraus, selbst wenn letztendlich auch hier das Liebesgesäusel und die erotischen Einlagen wohl der Hauptgrund für die überwiegend weibliche Leserschaft sind, nach den Büchern zu greifen.

Man kann jeden Band ohne große Vorkenntnisse lesen, da das Wesentliche und Erklärungen zu vorausgegangenen Ereignissen, sofern sie einen Bezug zum aktuellen Geschehen haben, im Laufe der Handlung kurz eingeflochten werden. Dennoch sollte man die Reihenfolge beibehalten, um dem roten Faden folgen und angesichts der Vielzahl der Akteure den Überblick behalten zu können.

Nalini Singh schreibt unterhaltsam, die Hintergrund-Idee gefällt, die erotischen Garnituren sind nicht zu deftig und es gibt sogar eine Handlung, was ein Publikum anspricht, das mehr will als eine Aneinanderreihung von Sex-Szenen in allen passenden und unpassenden Momenten.