Margaret Owen: Knochendiebin (Buch)

Margaret Owen
Knochendiebin
Die 12 Kasten von Sarbor 1
(The Merciful Crow, 2019)
Übersetzung: Henning Ahrens
Titelbild: Rich Deas
Carlsen, 2019, Hardcover, 412 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-551-58405-2 (auch als eBook erhältich)

Rezension von Carsten Kuhr

Stellen Sie sich eine archaischen Welt vor, in der die Götter gestorben sind. Willentlich und bewusst, um ihre Jünger mit bestimmten Gaben zu segnen. Entstanden sind so elf Kasten, deren Mitglieder in unterschiedlichem Maß die Begabung ihres Gottes geerbt haben.

Und dann gibt es noch eine zwölfte Kaste. Parias, die immer gerufen werden, wenn die Seuche wieder zugeschlagen hat und die Opfer, um eine Epidemie zu vermeiden, dem Feuer übergeben werden müssen.

Die Krähen haben keine besondere Gabe und sind doch für das Allgemeinwohl unverzichtbar. Säubern sie den Ort des Siechtums nicht, dann greift die Seuche um sich, tötet wahllos alle in der Umgebung lebenden Menschen. Dass die Krähen dabei von allen anderen Kasten ausgegrenzt, übervorteilt, ja gejagt werden trägt zu ihrer Not bei.

Dies ist die Geschichte von Stur, einer jungen Krähe. Sie war keine vier Jahre alt, als ihre Mutter von Oleander-Junkern umgebracht wurde. Ein Flügelherr nahm sie in seine Rotte auf, vermittelt ihr das Wissen, wie sie aus den Zähnen Verstorbener deren Kräfte wecken und für sich nutzen kann.

Eines Tages werden sie an den Herrscherhof gerufen. Der Thronerbe und sein Leibwächter liegen mit der Seuche darnieder. Dass der Tod des jungen Fürsten nur vorgeschoben ist, dass sie vor seiner verräterischen Stiefmutter, die die Herrschaft an sich reißen will, fliehen, ahnt Stur zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Auf ihrer Flucht werden sie von magisch begabten Häschern, wiederbelebten Leichen und den verräterischen Adeligen des Reiches verfolgt.

Eigentlich haben sie keine Chance, ihren Häschern zu entkommen. Doch dann schwört der Prinz den Krähen einen Eid: Wenn sie ihn sicher lebend zu einer verbündeten Kriegsherrin bringen, wird er für den Schutz der Krähen im Reich sorgen - ein Angebot, zu gut um wahr zu sein. Ein Angebot aber auch, das sie unmöglich ausschlagen können…


Jugendbücher, noch dazu aus dem Sub-Genre des phantastischen Romans, sind oftmals eine wahre Offenbarung. Statt uns mit stumpfsinnigen Wiederholungen von blutigen Schlachtengetümmel zu langweilen, statt immer dieselben Heldengruppe auf eine bekannte Queste zu entsenden findet man hier noch wirklich ungewöhnliches und damit interessantes Lese-Futter.

Vorliegender Roman, einmal mehr der Auftakt eines Zweiteilers, legt beredt Beispiel dafür ab.

Es erwartet uns eine Welt, die an fernöstliche Zivilisationen erinnern, die dann aber auch wieder ganz eigene Wege geht. Insbesondere die Ausbildung der Magie, ihre Herkunft, die Ausübung in der jeweiligen Kaste und die Besonderheit der Krähen, sich mittels der Zähne Verstorbener fremde Magie kurzzeitig zu Eigen zu machen, fesselte mich. So etwas hatte ich bislang noch nicht gelesen, so dass mich die Welt schon einmal in ihren Bann zog.

Dazu gesellt sich eine Protagonistin, die anders ist. Voller Wut, Aggressivität und Unsicherheit, die sich über ihr Verhalten äußert. Ruppig ist noch kein Ausdruck, sie zieht über alle und jeden her, dass es mit der Zeit fast ein wenig nervt.

Sicherlich, die angesprochene Diskriminierung ist gerade als Thema eines Jugendbuchs wichtig, aber hier schrammt die Autorin mit vielen Wiederholungen an Grenzen entlang, die die Lektüre nicht flüssiger machen. Die Namensgebung der Krähen fand ich dagegen interessant - wer hat bislang schon von Galgenvogel, Pah oder Stur gehört?

Natürlich gibt es so machen Hinweis, wie sich die Handlung entwickelt, repetieren sich die Flucht-Szenarien, doch machen die Beschreibungen der Städte und Landstriche abseits des sonst Gewohnten diese Wiederholungen schnell vergessen.

Alles in allem bietet „Knochendiebin“ eine wohltuend frische Welt mit einer markanten Heldin, einer ungewöhnlichen Magie aber auch einigen Reproduktionen.