Leigh Bardugo: King of Scars - Thron aus Gold und Asche 1 (Buch)

Leigh Bardugo
King of Scars
Thron aus Gold und Asche 1
(King of Scars, 2019)
Übersetzung: Michelle Gyo
Titelbild: Ellen Duda
Knaur, 2019, Paperback, 508 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-426-22700-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Nikolai hat es im Leben nicht einfach gehabt; als Bastard des Zaren aufgewachsen, erklomm er überraschend den Thron Ravkas. Dass sein kleines Königreich hoch verschuldet ist und sich eher mühsam durch die Untiefen der Politik laviert, macht es für ihn nicht einfacher. Geschickte Diplomatie, fähige Spione und innovative Erfinder sollen sein Reich vor dem Schlimmsten bewahren.

Eigentlich sollte Nikolai heiraten, einen Thronerben zeugen und mit der Mitgift die schlimmsten Löcher im Staatshaushalt stopfen. Dumm nur, dass er seit dem Bürgerkrieg etwas in sich hat, etwas Dunkles, etwas Böses. Nachts verwandelt er sich in einen geflügelten Dämon, der auf der Suche nach Blut die Umgebung unsicher macht.

Nicht unbedingt bestes Schwiegersohn-Material für eine bezaubernde Prinzessin und zukünftige Königin, denken Sie. Nun, Nikolai und seine beste Freundin und Wächterin in Personalunion Zoya, versuchen das Schlimmste zu verhindern. Aber sexy ist ein Dämon im Schlafzimmer, der nichts anderes im Sinn hat als der Holden die Kehle herauszureißen, nun wirklich nicht.

Die Besessenheit darf nicht publik werden, sonst ist es mit dem wackligen Frieden im Land vorbei - das ist allen, die Bescheid wissen, mehr als bewusst.

Während Nikolai sich aufmacht alte Stätten der Magie aufzusuchen, um sich des Dämons zu entledigen, versuchen seine Freunde und Verbündete, das Staatsschiff flott zu halten - doch nur zu bald geht einmal wieder alles schief, was nur schief gehen kann...


Leigh Bardugos „Krähen“-Zweiteiler schlug bei Knaur ein, wie eine Bombe. Wochenlang standen die beiden Bücher auf der Bestsellerliste, die Leser überschlugen sich förmlich vor Begeisterung.

Mit vorliegendem Band kehrt die Autorin in die Welt der „Grisha“-Trilogie (dt. Carlsen, Neuauflage bei Knaur in Vorbereitung) und der Krähen zurück. Wer die „Grisha“-Trilogie kennt, der wird auf einige bekannte Figuren stoßen, doch auch Leser, die bislang Bardugos Schöpfung noch nicht goutiert haben, können der Handlung mühelos folgen.

Über verschiedene alternierende Handlungsstränge - neben Nikolai steht Nina Zanik, die wir aus den „Krähen“-Bänden noch in bester Erinnerung haben, im Zentrum der Handlung - wird uns der Plot erzählt.

Zanik versucht mit Billigung und im Auftrag des Zaren Grishas zu retten und in Sicherheit zu bringen - sehr zum Leid der Grisha-Jäger. Ganz uneigennützig ist dies nicht, wird den mit besonderen Gaben ausgestatteten Menschen, das ist gewiss, in der Zukunft sowohl in einem Konflikt wie in Handel und Politik doch größere Bedeutung zukommen.

Die beiden Handlungsstränge zeigen uns nicht nur das Land, dessen Bewohner und die alltäglichen Zustände sowohl beim Adel wie auch in den Reihen der nicht so Privilegierten, sondern sie bieten der Autorin auch die willkommene und gut genutzte Gelegenheit, ihre Charaktere nachvollziehbar zu entwickeln.

Sowohl der vom Dunkel und den Zwängen seines Amts arg gebeutelte Zar, als auch die Grisha, die ob ihres Verlusts ihrer wahren Liebe unbändigen Hass in sich spürt, und droht an diesem zu zerbrechen, nehmen uns mit ihren Schicksalen gefangen.

Hier, in der Zeichnung ihrer Figuren und in den munteren Dialogen, punktet die Autorin. Während ihre Welt, die uns aber auch aus den bisherigen fünf erschienen Büchern leidlich bekannt ist, eher undeutlich im Hintergrund bleibt, liegt der Fokus klar auf den Gestalten und wie diese mit ihren Prüfungen fertig werden.

Als Fazit bleibt, dass Leigh Bardugo es wieder geschafft hat. Scheinbar mühelos nimmt sie uns mit den faszinierenden Schicksalen ihrer Protagonisten gefangen, entwickelt diese vom Schicksal doch arg gebeutelten Menschen wunderbar nachvollziehbar fort, wirft eine Prise packender Action, jede Menge Dramatik und Rätsel satt hinein, um uns dann eine in sich logische Auflösung zu offerieren.

Schon jetzt wartet der Leser ungeduldig auf die noch zu schreibende Fortsetzung, denn eines ist gewiss - zu Ende erzählt ist die Geschichte noch lange nicht.