Northlanders 3: Blutiger Schnee (Comic)

Brian Wood
Northlanders 3
Blutiger Schnee
(Northlanders # 9,10, 17-20, 2008/2009)
Titelbild von Massimo Carnevale
Zeichnungen von Dean Ormston, Vasilis Lolos, Danijel Zezelj, Davide Gianfelice
Farben von Dave McCaig
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Panini, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86607-929-8

Frank Drehmel

Der dritte Sammelband aus Brian Woods „Northlanders“-Serie enthält die Einzel-Ausgaben 9, 10, 17 bis 20. Anders als bisher präsentiert uns der Autor keine durchgängige Story, sondern vier mehr oder weniger kurze Geschichten, die sich allesamt um den Mythos der Wikinger, ihre Lebensart und – vor allem – ihre Feldzüge, ihre Kämpfe und Plünderungen drehen.

1. Lindisfarne (Lindisfarne)
Da seine deutsche Mutter bei seiner Geburt starb, wächst der kleine Edwin bei seinem mürrischen Vater und seinem stolzen Bruder nahe dem Kloster Lindisfarne in Nordengland auf. Insbesondere sein zum Christentum konvertierter Vater versucht den Jungen mit Härte zu einem Streiter des Herrn auszubilden; doch in Edwins Sehnen und Träumen spielen andere Götter eine Rolle: es sind die archaischen Götter der Wikinger, Götter, für die er nicht wirklich einen Namen hat, von denen er jedoch annimmt, dass sie für Abenteuer und Freiheit stehen. Eines Tages, nachdem ihn sein Vater einmal mehr drangsaliert hat, betet er zum ersten Mal zu diesen Göttern; und kurz darauf landen die Wikinger an der Küste Lindisfarnes; gnadenlose Krieger und Plünderer, denen Edwin den Weg zum Kloster weist im Austausch für das Versprechen, dass sie ihn mit sich nehmen.

2. Die Kunst des Einzelkampfes (The Viking Art of Single Combat)
Zwei Männer – zwei Nordmänner – führen um die Wende des ersten Jahrtausends für ihren Clan einen Zweikampf auf Leben und Tod: „Snorri, der Schwarze“ als Verteidiger, „Egil Sleggja“ – Egil der Vorschlaghammer – als Herausforderer, einen Kampf, dessen Rahmenbedingungen, angefangen bei Art und Wahl der Waffen über die persönlichen Beweggründe bis hin zur dahinter stehenden Philosophie, dem Leser durch einen der beiden Recken erläutert werden.

3. Die Schildjungfern (The Shield Maidens)
Wir schreiben das Jahr 868 in dänisch Mercien, nördlich des Humber: Sachsen und eindringende Wikinger kämpfen erbarmungslos um das fruchtbare Land. Lediglich drei Frauen der Nordländer überleben den blutigen Widerstand der einheimischen Sachsen, richten sich in einem verlassenen, verfallenen römischen Fort häuslich ein und bauen das übersichtliche Gebäude zu einer wehrhaften Festung aus. Es dauert nicht lange, bis ein kleines Heer der Einheimischen vor dem Tor des Forts steht. Und die Männer lechzen nicht nur nach dem Blut der drei Frauen.

4. Sven, der Unsterbliche (Sven the Immortal)
Sven – vgl. „Sven, der Verräter“, dt. bei Panini – ist ein alter Mann geworden. Heimatlos zieht er, getrieben von der Furcht vor den Wikingern, durch das Land, nachsinnend über eine Vergangenheit, in der ihm Wikinger trotz seiner Kampferfahrungen und seines Berserker-Mutes die Frau und Kinder nahmen.

Nach einem grafisch wie inhaltlich furiosen Auftaktband und einem deutlich schwächeren zweiten Teil erreicht „Blutiger Schnee“ nun beinahe wieder die Qualität von „Sven, der Verräter“. Auch wenn zwei der Storys entweder naiv vorhersehbar – „Lindisfarne“ – oder wenig plausibel – „Die Schildjungfern“ – daherkommen, ist das Setting insgesamt sowohl im verbindenden Element der Wikinger als auch in der Fokussierung eher auf das Kampfgeschehen als auf das gesellschaftliche Umfeld äußerst stimmig und lebendig entworfen. Ob man deswegen gleich „Northlanders“ als kreative Höchstleistung bezeichnen sollte, ist allerdings fraglich, denn so dynamisch, so atmosphärisch dicht die Geschichten auch sind, ein Ausbund an Originalität und avanciertem Storytelling sind sie sicher nicht.

Ein Augenschmaus ist wiederum das Artwork: unterscheiden sich auch die Stile der beteiligten Zeichner nicht nur in Details, sondern auf einer viel grundsätzlicheren Ebene in Perspektiven, Panelanordnung und dem Einsatz besonderer Stilmittel wie Speedlines, Verschattungen oder ihrer skizzenhaften Reduktion sehr deutlich, so ist ihnen doch eins gemein: eine expressive, dynamische Rohheit, eine Beschränkung auf das Wesentliche, die durch die düstere, erdig-schwere Koloration McCaigs zusätzlich zusammengehalten wird.

Fazit: Vier dynamische, atmosphärisch dichte und in sich stimmig harte Storys, die in toto von vier unterschiedlichen Künstlern exzellent visualisiert sind.