Holly Black: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (Buch)

Holly Black
Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers
(Doll Bones, 2013)
Übersetzung Anne Brauner
cbj, 2013, Hardcover, 254 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-570-15643-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Alice, Poppy und Zack sind Freunde, so lange sie denken können. Zu den Dingen, die sie verbinden, gehören etwas komplizierte Familienverhältnisse, denen sie relativ viele Freiheiten verdanken, und die Hingabe an das Spiel mit ihren Action-Figuren, für die sie sich ständig neue Geschichten einfallen lassen. Aber sind sie mit 12 Jahren nicht schon zu alt für so etwas?

 

Dennoch bricht für Zack eine Welt zusammen, als sein Vater, der wieder eingezogen ist und sich um die Familie kümmern will, die Spielsachen in den Müll wirft, weil er findet, dass sein Sohn sich lieber mit anderen Jungen zu altersgerechten Unternehmungen treffen sollte. Da Zack mit niemandem über seinen Verlust reden kann und will, distanziert er sich von Alice und Poppy und reagiert zunächst auch nicht auf eine Nachricht, die ein kleiner Hilferuf ist.

Schließlich kommen die drei doch wieder zusammen, und Poppy erzählt von den Träumen, in denen ihr die Porzellanpuppe erschienen ist, die von ihrer Mutter in einer verschlossenen Vitrine aufbewahrt wird. In den Spielen stellte sie stets die geheimnisvolle, mächtige Königin dar, und dass sie tatsächlich ein Geheimnis hütet und über Macht verfügt, ist erschreckende Realität: Die Puppe behauptet, dass sie aus den Knochen eines ermordeten Mädchens namens Eleanor gefertigt wurde und sich die Asche der Toten in dem Körper befände. Wenn die Kinder sie nicht dort beerdigen, wo sie umgebracht wurde, will sie sie ewig heimsuchen.


Holly Black ist vor allem durch ihre „Spiderwick-Geheimnisse“ bekannt geworden und verfasste seither eine Vielzahl phantastischer Kinder- und Jugendbücher. In „Die Puppenkönigin“ thematisiert sie die Probleme von einem Jungen und zwei Mädchen, die am Beginn der Pubertät stehen und einerseits gerne noch spielende Kinder bleiben möchten, andererseits von ihrem Umfeld gedrängt werden, sich altersgemäß zu benehmen und irgendwie auch neugierig auf den neuen Lebensabschnitt sind. Zu dem Reifeprozess gehört aber auch, die magischen Traumwelten aufzugeben und sich in das triste Dasein der Erwachsenen einzufügen, wozu sie noch nicht bereit sind.

Obschon das Buch aus der Feder einer Autorin stammt und zwei der Hauptfiguren Mädchen sind, werden die Ereignisse aus Zachs Sicht geschildert, so dass die Jungen nicht außen vor bleiben und eine Identifikationsfigur in der Lektüre haben. Ansonsten sind die Handlungsanteile gleichmäßig verteilt.

Das Spiel der Kinder endet jäh mit dem Verlust von Zacks Action-Figuren, die gewissermaßen das Ende des unschuldigen Zusammenseins symbolisieren, denn mit etwa 12 Jahren beginnen Jungen und Mädchen einander mit anderen Augen zu sehen. So weit geht die Autorin allerdings nicht, dass sie die kindgerechte Mystery-Story durch angedeutete romantische Gefühle aus der Spur bringt. Stattdessen verfolgt sie konsequent das Hauptthema, infolgedessen sich die Freunde auf einen Road-Trip begeben, um dem Geist der ermordeten Eleanor zur ewigen Ruhe zu verhelfen.

Was den Kindern widerfährt, ist stellenweise wirklich gruselig - „Chucky, die Mörderpuppe“ grüßt zwar nicht unmittelbar, könnte aber ebenso wie „Der Friedhof der Kuscheltiere“ Pate gestanden haben. Von daher dürfte auch das reifere Publikum Spaß an der Lektüre haben. Überhaupt möchte man den Eltern nahelegen, das Buch zu lesen, bevor sie es an die Kinder weiterleiten. Jüngere und ängstliche Leseratten könnten sich nach der Lektüre durchaus fürchten, auch wenn alles gut ausgeht - und Eltern kennen ihren Nachwuchs nun mal am besten, um zu wissen, was ihm zugemutet werden darf.

Ein spannendes Grusel-Buch für Mädchen und Jungen ab 10 Jahre mit Lese-Erfahrung - die sich nicht von Mystery-Wesen Angst einjagen lassen. Hier sollten die Eltern unbedingt hineinlesen, um sicherzustellen, dass der Band das junge Publikum nicht überfordert.