Das Grab der Lygeia (BD + DVD)

Das Grab der Lygeia
GB 1964, Regie: Roger Corman, mit Vincent Price, Elizabeth Shepherd u.a.

Rezension von Elmar Huber

Durch einen Reitunfall auf dem Grab seiner Ehefrau Lygeia lernt die eigensinnige Lady Rowena Trevanion (Elizabeth Shepherd) ihren Nachbarn, den geheimnisvollen Verden Fell (Vincent Price), kennen. Sofort ist sie fasziniert von dem düsteren Mann, so dass bald weitere Besuche folgen und sich eine Ehe anschließt. Nicht zuletzt, weil Rowena Fell an seine verstorbene Frau erinnert. Während ihrer Hochzeitsreise gelingt es Rowena tatsächlich, dem mürrischen Verden Fell wieder aufzutauen.

Doch zurück im heimischen Anwesen, einer alten Abtei, zieht sich ihr Mann von ihr zurück, irrt zu allen Tages- und Nachtzeiten über das Gelände und macht allgemein einen abwesenden Eindruck. Auch beschleicht Rowena zunehmend das Gefühl, dass Lygeia in den Mauern des Gebäudes noch lebendig ist. Möglicherweise in Gestalt der schwarzen Katze, die die neue Hausherrin wiederholt angreift?

 

Mit „Das Grab der Lygeia“ liegt nun die letzte Edgar-Allan-Poe-Adaption aus dem Hause Roger Corman in HD vor. Gegenüber den Vorgängern, die ausschließlich im Studio entstanden, begeht diese Produktion durch die erstmalige Verwendung von Außenaufnahmen neue Wege. Diese kontrastieren in ihrer natürlichen Wirkung sehr schön mit dem drückenden Wahnsinn, der im bühnenhaften Inneren des Hauses herrscht und lassen auch den Zuschauer regelrecht durchatmen.

Als Haupt-‚Kulisse‘ diente das Castle Acre Priory in Norfolk, das heute noch zu besichtigen ist. Die Ruine der Klosterkirche mit dem noch hervorragend erhaltenen Eingangsbereich ist ein wahrer Augenschmaus und verleiht dem Film ein grandioses Gothic-Flair.

Die zugrunde liegende Erzählung von Edgar Allan Poe wurde um den ersten Teil gekappt, der Lygeias und Verdens Kennenlernen und gemeinsame Zeit beschreibt. Die Filmhandlung setzt erst nach Lygeias Tod ein. Ebenfalls wurde der Schluss zu einem erlösenden Ende hin verändert.

Vincent Price ist zwar der ikonische Star der Produktion, doch eigentlich ‚gehört‘ der Film der wunderbaren Elizabeth Shepherd, die (mit schwarzer Perücke) sowohl die tote Lygeia wie auch die lebenslustige (blonde) Rowena verkörpert. So ist es für den Zuschauer nicht schwer nachvollziehbar, dass diese selbstbewusste junge Frau das Herz des griesgrämigen Witwers gewinnt und damit auch die Sympathie des Publikums. Doch zunehmend leidet die neue Mrs. Fell an der bedrückenden Atmosphäre der Abtei, den rätselhaften Ereignissen, die sie heimsuchen und der Apathie ihres Ehemannes. Durchgehend bleibt unklar, ob Lygeia tatsächlich noch am Leben ist und in dem Gebäude umgeht oder ob möglicherweise ihr Geist Verden beherrscht und Rowena terrorisiert; mehrmals wird der unbändige Lebenswille Lygeias erwähnt.

Erst eine verunglückte Hypnose-Vorführung lässt erahnen, was im Hause Fell vor sich geht und warum Verden stets so abwesend wirkt. Die Auflösung und das Ende kommen, gemessen am übrigen Tempo des Films, etwas plötzlich, tun dem Gesamtbild aber keinen Abbruch. So bleibt „Das Grab der Lygeia“ über weite Strecken ein reizvolles Spiel mit dem Unbestimmten und Rätselhaften.

Inwieweit die Ereignisse mit Fells Forschungen über das alte Ägypten zusammenhängen, wo ebenfalls ein ausgeprägter Totenkult gepflegt wurde, bleibt der Interpretation des Zuschauers überlassen. Ein solcher Zusammenhang mit den Ereignissen wird im Film nie thematisiert, doch auch die Katze stellt natürlich ein Bindeglied zur Mythen- und Götterwelt Ägyptens her.

Zu Recht ein Klassiker des filmischen Gothic-Horrors, der Roger Cormans Edgar-AllanPoe-Zyklus fulminant abschließt.


DVD-Facts:
Bild: 2,35:1 (16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0, englisch PCM 2.0
Untertitel: keine

DVD-Extras:
Audiokommentare, Trailer, Interviews