Wade H. Garrett: Ein Blick in die Hölle - Buch 4 (Buch)

Wade H. Garrett
Ein Blick in die Hölle - Buch 4
(The Angel of Death, Teil 1)
Übersetzung: Iris Bachmeier
Titelbild: Arndt Drechsler
Festa, 2018, Paperback, 444 Seiten, 12,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Seit Jahrzehnten ist Seth unterwegs, für ein wenig mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Während die so hochgepriesene US-Justiz die Verbrecher, allen voran die, die sich teure Anwälte leisten können, mit Samthandschuhen anfasst und diese viel zu oft mit einem blauen Auge davon kommen lässt, ist Seth mehr alt-testamentarisch unterwegs. Die Presse verpasste ihm den Namen Todesengel - seine schuldigen Opfer wissen außer Schreien und leidvolles Stöhnen nicht Mehr von sich zu geben.

Dieses Mal, immerhin ist er schon gut 20 Jahre in Sachen Gerechtigkeit unterwegs, hat Seth sich einen Journalisten ins Boot geholt. Er gibt ein Interview, doch, wie man es vom Todesengel gewohnt ist, bleibt es nicht dabei.

Zwar rekapituliert er immer wieder Fälle, insbesondere hat er sich auf ebenso perverse wie martialische Art Kinderschändern angenommen, doch Seth hat sein Vorgehen gewandelt. Entführte er zu Beginn seiner Karriere die Schuldigen in den Keller seines Hauses, wo er sie dann, ganz ihren Untaten folgend, entsprechend ähnlich folterte, so fährt er jetzt durchs Land und nimmt sich spontan den Missetätern an.


Die Erzählungen von seinen Fällen zeichnet nicht nur aus, dass die Bösen endlich einmal etwas auf die Mütze bekommen, die lakonisch-trockene Art, wie Seth von den Vorkommnissen berichtet, beinhaltet auch durchaus humorvolle Aspekte. Das soll nun beileibe nicht heißen, dass die Untäter etwas leicht davonkommen würden - weit gefehlt, lässt Seth sich doch immer wieder Neues einfallen.

Warum der Verlag diesen zweiten Band der Reihe (wiederum wegen des enormen Umfangs auf zwei deutsche Bücher verteilt) erst nach dem dritten Band bringt, ist unbekannt.

Inhaltlich aber legt der Autor gegenüber dem ersten Teil (deutsche Bände 1 und 2) einen drauf. Das hat auch damit zu tun, dass wir statt des statischen Folterkellers in Seths Haus nun durch die USA reisen und vor Ort dem Rachefeldzug des Todesengels folgen.

Allerdings merkt man den Berichten über seine Rachefeldzüge an, dass sich die Abläufe zu wiederholen beginnen. Es geht zumeist an die Genitalien, die auf unterschiedlichste, aber immer mehr auf schmerzhafte Art und Weise, zerstört werden. Damit aber ist noch lange nicht Schluss, lässt Seth sich für seine Opfer doch dann immer noch grausamere Todes-Arten einfallen. Das Schema bleibt dabei gleich, in den Details aber unterscheiden sich die Folterungen.

Es hat mich ein wenig überrascht, dass der Autor, bei dem Roadtrip, den er seinen Protagonisten quer durch die USA unternehmen lässt, wenig bis gar nicht auf regionale Unterschiede eingeht. Eine latente Homophobie hat er Seth verpasst, auch die schwarzen Motherfucker bekommen einige Male ihr Fett weg, dann wieder schlüpft der Todesengel höchstselbst in die Rolle der Gangster-Rap hörenden Schwarzen, bevor er anschließend als Redneck seinen Auftritt gibt. Hier spielt der Verfasser versiert mit Stereotypen und der Erwartungshaltung des Lesers.

Das Gebotene ist deftig, brutal und blutig - wobei sich Garrett bemüht, seine Beschreibungen mit einem nachvollziehbaren Motiv und zumindest einigermaßen abwechslungsreichen Figuren zu spicken.

So wird der Fan des reinen Gewalt-Horrors eher enttäuscht sein, dafür erwarten ihn zu viel bekannte Versatzstücke, doch die Lektüre bleibt recht unterhaltsam und abwechslungsreich.