Brian Keene: Der Satyr (Buch)

Brian Keene
Der Satyr
(The Rutting Season, 2006)
Übersetzung: Klaus Schmitz
Titelbild: Kirendra Bagchee
Festa, 2018, Paperback, 410 Seiten, 13,99 EUR, ISBN 978-3-86552-627-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Jan Niklas Meier

Adam Senft ist Krimi-Autor und lebt in York County, inmitten der Wälder Pennsylvanias. Jeden Morgen geht er zur Inspiration mit seinem Hund Big Steve spazieren, anschließend setzt er sich an den Schreibtisch und geht dem Tagwerk nach - ein idyllisches Leben, möchte man meinen. Doch Adams Ehe kriselt, seine Frau hatte mehrere Fehlgeburten, was beide stark belastet. So also zieht unser Protagonist mehr grübelnd denn fröhlich seine Runden durch den heimischen Wald.

Eines Tages sieht er etwas ausgesprochen Seltsames: Eine Frau aus der Nachbarschaft, die Fellatio mit der Statue eines Satyrs vollzieht. Mitten während des Akts geschieht das Unglaubliche: Die steinerne Kreatur erwacht zum Leben. Bald schon verschwinden Frauen aus der Stadt, angelockt vom Flötenspiel des mythologischen Wesens ziehen sie wie in Trance in den Wald…


Brian Keene, einer der wohl besten Horror-Autoren unserer Zeit, vermischt in seinem - ursprünglich bereits 2006 erschienenen Roman - klassische griechische Mythologie mit US-amerikanischer Folklore und modernem Horror: Auf der einen Seite haben wir den Satyr als Antagonisten des Romans. Schnell bringen die Protagonisten das Vorhandensein eines solchen Wesens im heimischen Wald mit der Folklore ihrer Region in Verbindung. Hat vielleicht ein Pow-Wow-Kundiger das Wesen beschworen? Dieser volkstümliche Aspekt des Romans weiß besonders zu faszinieren, lenkt er doch den Blick auf phantastische Motivik abseits gängiger Repertoires. Selbstverständlich darf bei einer Hinwendung zur eigenen, zur amerikanischen Folklore der e oder andere ehrerbietige Verweis auf Lovecraft nicht fehlen: So erinnert der ab und an eingestreute Nodens weniger an seinen recht blass bleibenden Namensvetter aus der keltischen Mythologie, sondern viel eher an Lovecrafts Kreation als Elder God.

„Der Satyr“ lebt weder von Splatter noch von sexueller Ausschweifung - wenngleich der Klappentext dergleichen vermuten lässt. Keene baut in aller Ruhe seine Handlung auf, nimmt sich Zeit, seine Protagonisten vorzustellen. Für manch einen Geschmack mag das zu einigen Längen, gerade in der Mitte des Romans, führen. Mir persönlich gefällt die langsame Erzählweise ausgesprochen gut - umso surrealer erscheint dann das Finale des Buchs, in welchem der Autor geschickt einen Stilbruch einbaut.

Auf dem Buchumschlag prangt selbstbewusst ein Zitat aus der „Horror Review“: „Keenes Name sollte in einem Atemzug mit King, Koontz und Barker genannt werden. Ohne Zweifel ist er einer der besten Horrorautoren die es gibt.“ Zumindest was „Der Satyr“ anbelangt, ist diesem Statement nichts hinzuzufügen - das Buch ist Pflicht für jeden Horror-Fan!