Superman Anthologie – Legendäre Geschichten mit dem Mann aus Stahl (Comic)

Jerry Siegel, Bill Finger, Otto Binder, Dennis O‘Neil u. a.
Superman Anthologie – Legendäre Geschichten mit dem Mann aus Stahl
(Superman, Champion of the Opressed u. a. Geschichten, 1938-2016)
Übersetzung: Christian Heiß, Marc Schmitz, Steve Kups, Anja Rüdiger
Titelbild: Alex Ross
Zeichnungen: Joe Shuster, Wayne Boring, Al Plastino, Curt Swan u. a.
Panini, 2018, Hardcover, 384 Seiten, 35,00 EUR, ISBN 978-3-7416-0763-7

Rezension von Irene Salzmann

Superman, geschaffen in den 30er Jahren von Jerry Siegel und Joe Shuster, debütierte 1938 in der neuen monatlich erscheinenden Reihe „Action Comics“ 1 von National Allied Publications, die später in DC Comics aufgingen, mit „Superman, Champion of the Opressed“. Zuvor hatte sich kein Verlag für diesen neuen Helden interessiert, umso mehr überraschte die Leser-Resonanz. Das Publikum war von der ungewöhnlichen Figur so begeistert, dass bereits ein Jahr später „Superman“ als eigene Heft-Serie erschien.

Das von der Wirtschaftskrise gebeutelte Amerika sehnte sich nach einem Charakter, der klug, stark und ehrenhaft war, der sich sowohl um die nachvollziehbaren kleinen als auch um die großen Sorgen der Menschen kümmerte, ohne jemanden zu bevorzugen, der entführte Frauen befreite, Verbrecher und korrupte Beamte der Polizei übergab, ja, der sich sogar mit den Nazis anlegte und den Krieg schnell beendet hätte - wenn er nicht bloß eine Fiktion gewesen wäre.

Im Laufe der Zeit und den veränderten Bedürfnissen der Leserschaft angepasst, kämpfte Superman bald auch gegen größenwahnsinnige Wissenschaftler und reiche Unternehmer, die die Welt beherrschen wollten („Lex Luthor, der Held“), gegen Aliens von fernen Planeten („Superduell im All“) und Monster magischen Dimensionen („Sag den Namen!“). Einige von ihnen wurden bald zum festen Bestanteil der „Superman“-Serien wie zum Beispiel Brainiac und Lex Luthor.

Unterstützt wurde der Held in seinem Bestreben, die Menschheit vor all diesen Gefahren zu retten, von vielen Freunden, darunter einige Reporter-Kollegen seines Alter Egos Clark Kent wie Lois Lane und Jimmy Olson, neuen Superhelden wie Batman und Robin („Eine Frage des Vertrauens“) sowie eine wachsende „Super“-Familie, bestehend aus Supergirl, Superboy, Krypto und so weiter.


Dass der Autor und der Zeichner der ersten Stunde nicht achtzig Jahre lang Superman in mehreren Serien gestalten konnten, liegt auf der Hand. Unter den vielen Künstlern, die sie unterstützten und ablösten, finden sich eine Menge bekannter Namen: Marv Wolfman, John Byrne, Roger Stern, Joe Kelly, Gil Kane, Frank Miller, Lee Bermejo, Alex Ross - um nur einige von denen zu nennen, die in dem vorliegenden Hardcover-Band präsent sind.

Sie alle fügten und fügen immer noch Supermans Charakter weitere wichtige Facetten hinzu, veränderten vorsichtig sein Aussehen und ersannen ständig neue, zeitgenössische Probleme, die er zu bewältigen hatte. Längst geht es nicht mehr nur ums Retten der Welt und das Hüten der Geheimidentität.

Superman muss sich mit denselben alltäglichen Ärgernissen und persönlichen Konflikten auseinandersetzen, wie sie jeder Mensch kennt, ob das die Sorge um den Arbeitsplatz ist, Dissonanzen mit Freunden und dem Partner, Selbstzweifel, Zukunftsängste. Obwohl er so mächtig ist, helfen ihm all seine Gaben in solchen Situationen überhaupt nicht, so dass er genauso wie jeder ‚normale‘ Mensch nach Lösungen suchen muss. Infolgedessen ist der aktuelle Superman nicht mehr so super-überlegen wie zu früheren Zeiten und vor allem menschlicher („Geheimnisse bei Nacht“).

Natürlich wurde auch die Entstehungsgeschichte und der Werdegang Supermans regelmäßig ergänzt, umgeschrieben und neu geschrieben. Abweichende Schilderungen wurden zunächst mühsam ins Gesamtbild eingefügt und erklärt oder als Storys von einer der unzähligen Parallel-Erden separiert. Dem setzte das Crossover „Crisis on Infinite Earths“ ein Ende, durch das der Ballast von fast 50 Jahren Superman- und DC-Historie abgeworfen wurde, wonach es für die Künstler einfacher war, die Helden zeitgemäß zu definieren.

Prompt wurden sie deutlich düsterer angelegt („Was ist so witzig an der Wahrheit, Gerechtigkeit und dem American Way of Life?“), politische Ereignisse trugen reale Geschehnisse in die Storys („Der Vorfall“), man wagte Experimente wie den ‚blauen‘ Superman mit völlig neuen Kräften, die Beziehung zwischen Superman und Wonder Woman, Superman als Ehemann von Lois Lane und Vater des gemeinsamen Sohnes Jon („Superman Rebirth“). Comic sei Dank können Ideen, die beim Publikum auf wenig Gegenliebe stoßen, schnell korrigiert und selbst Tote ins Leben zurückgeholt werden.

Natürlich ist es unmöglich, auf knapp 400 Seiten jeden Meilenstein im fiktiven Leben der Figur unterzubringen und jeden geschätzten Autor und Zeichner zu berücksichtigen. Beispielsweise fehlt der ‚blaue‘ Superman, und die Legion der Superhelden wird lediglich am Rand erwähnt. Die Sekundärtexte, in welche die Storys eingebettet sind, erklären, weshalb die Wahl auf gerade die hier abgedruckten Episoden fiel.

So ergibt sich in der Summe ein abwechslungsreicher Blick hinter die Kulissen und auf fast achtzig Jahre Superman, seinen inhaltlichen und optischen Wandel, einschneidende Veränderungen und vom Zeitgeist bestimmte Entwicklungen. Für Fans und Sammler ein reizvoller Titel.