Elea Brandt: Opfermond (Buch)

Elea Brandt
Opfermond
Titelbild: Rossitsa Atanassova & Matthias Lück
Mantikore, 2017, Paperback, 438 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-945493-36-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Jan Niklas Meier

Das Leben als Assassine ist gar nicht verkehrt, man hat Geld, Sklaven und ein schickes Haus. Wäre da nicht die Sache mit dem Töten. Wenn einen der Hauptinhalt des Berufs nachts nicht mehr schlafen lässt, ist auch die Sache mit dem vielen Geld nicht mehr ganz so verlockend. Ganz so geht es Varek, seines Zeichens Auftragsmörder in Ghor-el-Chras, der Stadt des blutigen Gottes.

Der Beiname der Metropole lässt bereits vermuten, dass es in den Gassen nicht unbedingt zimperlich zugeht, und sich ein Mann wie Varek kaum über mangelnde Auftragslage beklagen kann. Unser Assassine hat also alle Hände voll zu tun.

Während Varek nun inmitten seines Reichtums mit sich selbst und seiner Berufung hadert, die er - wen wundert es - nicht wirklich freiwillig gewählt hat, ist in einem anderem Teil der Stadt das Freudenmädchen Idra damit beschäftigt, den Tag zu überleben. Dafür ist sie sich für kaum etwas zu schade - als sie allerdings einen Leichnam ausplündert und ein seltsames Schmuckstück sowie ein Notizbuch findet, bekommt sie große Probleme. Natürlich führen besagte Probleme Idra und Varek schließlich zusammen und natürlich erleben unsere Helden wider Willen das Abenteuer ihres Lebens.


Elea Brandts Roman hebt sich durchaus wohltuend vom typischen Einheitsbrei der deutschen Fantasy ab. Zwar bedient die Autorin Klischees: Den reuigen Mörder mit dem dunklen Geheimnis und die nur scheinbar knallharte Prostituierte haben wir an verschiedenen Stellen bereits getroffen. Insbesondere Idra neigt dazu, mit ihrem „Unterklasse-Slang“ und den markigen Sprüchen etwas zu nerven. Aber: Von dieser einen Ausnahme abgesehen, ist der Schreibstil der Autorin derart gut, dass sich der Leser direkt in die schmierigen Gassen der korrupten Stadt versetzt fühlt. Man fiebert mit den Protagonisten mit - wenngleich sich der eine oder die anderen gerade zu Anfang vielleicht fragen wird, warum Meisterkiller Varek bei seinen Ermittlungen wenig anderes tut, als von A nach B zu stolpern. Aber vielleicht ist es auch gerade diese Unzulänglichkeit der Protagonisten, die den Plot glaubwürdig machen. Phantastische Elemente werden nur spärlich eingestreut, Blut fließt reichlich und schon ziemlich bald kommt der Gedanke auf, besser nicht mit den Bürgern von Ghor-el-Chras tauschen zu wollen.

Elea Brandt ist offenbar eine Rollenspielerin - zumindest wendet sie einen alten Trick des Spielleiters an: Lieber ein abgeschlossenes Areal detailliert beschreiben, als sich eine halbgare Welt aus den Rippen zu leiern. „Opfermond“ spielt folglich allein in der Stadt, was außerhalb der Mauern liegt, wird allenfalls angedeutet. Das tut dem Buch gut, die Metropole ist dicht beschrieben und wird von glaubwürdigen Charakteren bevölkert. Eben jene Stimmung, jene packende Atmosphäre ist es, die „Opfermond“ so lesenswert macht.