SCREAM 1: Begegnung mit Skinner, Harald A. Weissen (Buch)

Harald A. Weissen
Begegnung mit Skinner
SCREAM 1
Titelillustration von Mark Feier
Sieben, 2010, Paperback, 200 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-940235-98-5

Carsten Kuhr

Achtung, machen Sie sich auf eine Begegnung gefasst, die Sie nie vergessen werden!

In einer abgewrackten Wohnung voller sich stapelnder Zeitungsberge und auf den ersten Blick verstörend wirr wirkenden Gemälden lernen wir eine junge Frau kennen. Nackt, die Kleider hat sie sich vom Leib gerissen, kauert sie mit einer Glasscherbe in der Hand über der Badewanne. Laika, so ihr Name, ist nicht ganz richtig im Kopf. Schuld daran ist nicht etwa ein verfänglicher Gen-Defekt, sondern, dass ihrem Wesen Charaktereigenschaften verloren gingen. Nun ist „verloren“ auch so ein Wort – kann man den Verstand wirklich verlieren, oder die Kreativität?

In der Welt, aus der uns Weissen berichtet, ist solches möglich. Und kann man Verlorenes vielleicht gar wiederfinden, sich wieder einverleiben? Fragen, die sich Laika stellt, zumal die Schwester der Apokalypse erwacht ist und mit ihren Tierkadaver-Gefolge dabei ist, den Kontrollraum des Lebens anzugreifen.

Seit Anbeginn der Zeit, so die Mär, wird alles auf Erden aus diesem einen Kontrollraum gelenkt. Kriege, Eroberungen, Freud und Leid, das den Menschen widerfährt, alles ist nicht etwa selbstbestimmt, sondern die Folge entsprechender Entscheidungen im Kontrollraum. Und manches Mal zerbricht die Person an den Schalthebeln der Macht im Verlauf der Jahre.
Während sich die Schwester der Apokalypse eben jene Macht über den Kontrollraum auf ihre Fahnen geschrieben hat und mit dieser den Weltuntergang herbeiführen will, macht Laika sich, zusammen mit dem letzten Illusionisten der Welt, Salvador Skinner, daran, nicht nur sich selbst zu finden, sondern auch die Apokalyptische Schwester aufzuhalten – eine Aufgabe, die sie weit über ihre Grenzen hinausführt ...

Alisha Biondas neue Horror-Reihe im Sieben Verlag hat, kaum dass der erste Band erschienen ist, bereits ihre verlegerische Heimat gewechselt. Ab Band 2 erscheint die Edition dann bei Voodoo Press. Dem Inhalt des vorliegenden Auftaktbandes kann dieser Wechsel nicht geschuldet sein.

Der Schweizer Harald A. Wiessen legt ein verstörendes Stück Prosa vor, und das meine ich nun wahrlich nicht abwertend. Verstörend eher im Sinne, dass uns die Geschichte in ihrer Doppelbödigkeit und die Gestalten, allen voran Laika, gefangennehmen. Gerade unsere Protagonistin erweist sich dabei als ungewohnte Erzählerin. Mit großer Überzeugungskraft zeichnet der Autor ihren gespaltenen Charakter, berichtet von der ungewöhnlichen Annäherung und Abstoßung der beiden Figuren zueinander und entführt an selten skurril gezeichnete Orte.

Das kommt erfreulich ohne Klischees oder Splattereffekte aus, geht ganz eigene Wege, die den Leser an die Seiten bannen.