Genevieve Cogman: Das dunkle Archiv (Buch)

Genevieve Cogman
Das dunkle Archiv
Die Bibliothekare 4
(The Lost Plot)
Übersetzung: André Taggeselle
Bastei Lübbe, 2018, Paperback mit Klappenbroschur, 430 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-404-20903-3 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Die Zivilisation der Drachen ist von einem geprägt: von Ordnung. Um eine vakante Stelle der Beraterin der Herrscherin des Südens neu zu besetzten, sendet die Herrscherin als Prüfung zwei ihrer Untertanen aus, ein überaus seltenes Buch zu finden. Um die höchst prestigeträchtige Stelle zu bekommen, gehen beide Drachen Risiken ein; einst waren sie ein Paar, jetzt zählt einzig der Erfolg bei der Suche und Beschaffung des Buches. Und wer nur könnte besser geeignet sein ein seltenes Buch aufzustöbern, als ein Bibliothekar?

Die unsichtbare Bibliothek sammelt seit Jahrtausenden seltene Bücher in allen Parallelwelten, um hierdurch Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos und gleichzeitig zwischen den Welten mit hohem Chaosgehalt zugeneigten Elfen und den mehr der Ordnung zugeneigten Drachen zu erhalten. Dabei ist eines absolut und unabdingbar: die Neutralität aller Bibliothekare.

Als die Drachin Jin Zhu Irene Winters der berüchtigtsten und erfolgreichsten Bibliothekarin der letzten Jahre ein entsprechendes Angebot unterbreitet, ist es daher keine Frage, dass sie entschieden ablehnt. Doch was, wenn, wie die Drachin andeutet, ihr Konkurrent beim Anwerben eines Agenten der unsichtbaren Bibliothek erfolgreicher war? Undenkbar, würde dies doch die Sicherheit aller Agenten und die Existenz der Bibliothek selbst massiv gefährden. Aber wenn doch… eine Frage, die Irene und ihren Lehrling, den Drachen Kai, in eine Parallelwelt, genauer ins dortige New York der 20er Jahre führt. Prohibition, Flüsterkneipen, Charleston und Ganoven mit Tommy Guns warten auf sie, und mittendrin Drachen und Elfen - eine brisante, eine explosive Mischung fürwahr…


Cogmans Abenteuer in ihrer ganz eigenen Welt geht in die  vierte Runde, und das bedeutet ein wenig Urban Fantasy, ein bisschen Phantastik und auch Fantasy-Einflüsse.

Wer die ersten drei Teile bislang nicht gelesen hat, der sollte dieses Manko ganz schnell beheben und sich ein paar Tage frei nehmen - bannt einen der jeweilige Plot doch an die Seiten.

Und auch vorliegend hat sich die Autorin wieder so Einiges für ihre Leser einfallen lassen. Wir bekommen, zur Ergänzung der in den letzten Bänden mehr im Mittelpunkt stehenden Elfen, dieses Mal einen genaueren Einblick in die Politik, die Verhaltensweise der Drachen und deren Ehrenkodex. Dabei wartet vordergründig erneut eine faszinierend beschriebene Welt auf uns. Die Tatsache, dass die Bibliothekare in Parallelwelten aller Zeitalter und Couleur agieren, ermöglicht es Cogman, uns immer wieder neue Bühnen zu offerieren. Und sie nutzt die Vorlage weidlich: Die aus den Gangsterfilmen vornehmlich in Chicago angesiedelten Handlungen Al Capones standen bei ihrer Schöpfung unübersehbar Pate, dazu gesellen sich dann aber schnell ganz eigene Kreationen und eine Handlung, die vor unerwarteten Wendungen nur so strotzt.

Nicht fehlen darf natürlich auch wieder die besondere Eigenheit Irenes, in wirklich auch jedes Fettnäpfchen zu tappen, das auch nur in weiter Ferne sichtbar wird.

Geschickt fängt Cogman dabei die Eigenheiten der jeweiligen Bewohner der Stadt beziehungsweise Region ein, setzt diese in Bezug zu Irenes Alltag und schafft auf diese Weise Atmosphäre. Äußerlichkeiten wie die Mode, die Architektur oder die jeweilige Kultur in Musik, Architektur und natürlich Literatur wird dabei beleuchtet, ohne dass dies die spannend und kurzweilig ablaufende Handlung im Geringsten stören würde. Stattdessen werden diese Beschreibungen in die rasanten Verfolgungsjagden und die aberwitzigen Situationen, denen sich die Heldin stellen muss, eingearbeitet.

So bietet auch der vierte Band einen faszinierenden Lese-Spaß voller Tempo und Humor.