Ransom Riggs: Die Legenden der besonderen Kinder (Buch)

Ransom Riggs
Die Legenden der besonderen Kinder
(Tales of the Peculiar, 2016)
Übersetzung: Silvia Kinkel
Titelbild und Innenillustrationen: Andrew Davidson
Knaur, Hardcover, 208 Seiten, 18,00 EUR, ISBN 978-3-426-22656-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Gunther Barnewald

Mit diesen wundervollen Kurzgeschichten kehrt der Autor in sein Universum der besonderen Kinder zurück und obwohl das dünne Bändchen  netto kaum mehr als 170 Leseseiten umfasst, muss man doch feststellen, dass das schmale Büchlein jeden Cent der 18,00 EUR wert ist.

Was Ransom Riggs zuletzt mit seinen Romanen nicht mehr in vollem Umfang gelang, dass schafft er nun hier wieder spielend: Den Leser mit Haut und Haaren zu packen und zu überzeugen von seiner abenteuerlichen und wahrlich bunten Phantasie.

 

Nach einem Vorwort (und im weiteren Verlauf versehen mit einigen Kommentaren des „Herausgebers“ Millard Nullings) erwarten den Leser 10 Kurzgeschichten zwischen 6 und 25 Seiten Länge.

In der ersten Geschichte erzählt Riggs vom seltsamen Aufeinandertreffen „zivilisierter” Kannibalen (diese essen nur mit Einverständnis des betroffenen Menschen dessen Körperteile) mit einer Gruppe Besonderer, die über die Fähigkeit verfügen, sich Arme und Beine immer wieder nachwachsen zu lassen. Da die Kannibalen mit der Herstellung von Spielzeug und Süßigkeiten reich geworden sind, kommt es bald zu einer unheiligen Allianz, indem die Menschenfresser den Einwohnern des Dorfes immer wieder Körperteile abkaufen, um an frisches Fleisch zu kommen (vormals mussten sie sich mit Toten oder amputierten Körperteilen begnügen). Nach einiger Zeit eskaliert die bizarre Situation immer mehr...

In der zweiten Story muss eine Prinzessin ihren angestammten Platz räumen, da sie eine Besondere ist. Mit ihrer treuen Zofe reist sie durch die Welt, bis sie einen Prinzen findet, der ebenfalls anders ist. Ein Happy End, so zeigt sich hier aber schnell, ist dies noch lange nicht...

Während die dritte Geschichte vom Entstehen der ersten Zeitschleife und dem harten Los der Besonderen als Ausgestoßene berichtet, zeigt die vierte Kurzgeschichte ein Mädchen, das mit Geistern kommunizieren kann. Ihre tote Zwillingsschwester ist ihre beste Freundin, bis diese eines Tages „weg” muss. Bei der Suche nach neuen Freunden lernt die Protagonistin alle möglichen Geisterhäuser kennen, merkt aber schnell, dass die meisten Gespenster recht anspruchsvoll sind...

Auch die Story von den Menschen, die sich im Laufe der Zeit in Inseln verwandeln, von einem Mädchen, das andere Menschen von Alpträumen befreien kann oder die Geschichte von einem Jungen, der die Meeresströmungen lenken kann, sind wahrhaft zauberhaft und phantasievoll geraten.


Auch wenn die beiden kürzeren Erzählungen nicht ganz so farbenprächtig geraten sind, so überzeugen vor allem jene acht Geschichten, die etwa zwanzig Seiten Länge haben.

Ein besonderes Lob auch der kreativen Umschlaggestaltung, zeigt doch das Pflanzenrelief auf der Vorderseite des Buchs auf den zweiten und dritten Blick so viele versteckte Motive, dass es wiederum Spaß macht, hier noch den einen oder anderen Anker, Fisch oder anderes zu entdecken. Vielen Dank dafür!

Trotz des hohen Preises von 18,00 EUR für relativ wenige Seiten: ein schmales aber wunderprächtiges Bändchen für alle Fans wahrhaft phantasievoller Literatur. Märchen mit toller Atmosphäre und prächtigen Ideen, würdig vor allem des ersten Bandes der Trilogie der besonderen Kinder.