Frank Festa (Hrsg.): Necrophobia – Meister der Angst 3: Zart wie Babyhaut (Buch)

Frank Festa (Hrsg.)
Necrophobia – Meister der Angst 3
Zart wie Babyhaut
Titelillustration von Markus Mayer
Festa, 2010, Taschenbuch, 410 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-077-7

Carsten Kuhr

Es ist eine bedauernswerte Tatsache, dass sich die großen Verlage aus der Publikation von phantastischen Anthologien gänzlich zurückgezogen haben. Die kurze, pointierte Form wird nur mehr in den Kleinverlagen gepflegt. Frank Festa hat seit Beginn seiner Verlegerlaufbahn immer wieder versucht, entsprechende Titel aufzulegen. Auch wenn der Zeitgeschmack Endlos-Serien mit ständig sich wiederholenden Handlungsabläufen und altvertrauten Personen bevorzugt, sind es doch gerade die kleinen Preziosen, die den Leser zu verblüffen wissen. Dass sich derartige Bücher (noch dazu, weil sie mit viel mehr Aufwand für den Verlag verbunden sind als Romane) kaum rechnen, dass sie zumeist gerade einmal ihre Kosten einspielen, kommt erschwerend dazu.

Zwischenzeitlich sind Autoren wie Agenten deshalb froh, wenn einer der engagierten Herausgeber sie kontaktiert und entsprechende Geschichten nachfragt werden. Insoweit kann Frank Festa hier, was das Angebot anbetrifft, aus dem Vollen schöpfen.

In seinem Nachwort weist er auf einige Geschichten hin, die ihn selbst am meisten beeindruckt haben. Dass mir selbst andere Beiträge mehr im Gedächtnis haften blieben beweist nur, dass Geschmäcker verschieden sind, und die Anthologie für jeden Geschmack etwas bereithält.

Neunzehn Stories namhafter Autoren und Newcomer warten hierbei auf ihre Leser. Dabei verwöhnt der Band seinen Käufer mit Klassikern, wie etwa Walter de la Mere, Robert Bloch oder Fritz Leiber, bringt uns Beiträge von solch arrivierten Verfassern, wie F. Paul Wilson (mit zwei Beiträgen), dem viel zu früh verstorbenen Karl Edward Wagner, dem bei uns zu Unrecht kaum bekannten Chet Williamson oder Graham Masterton und Jeffrey Thomas und hält auch einige Neuentdeckungen bereit.

Mir selbst hat es David Cases Beitrag „Unter Wölfen“ und Festa-Starautor Brian Lumley mit dem World Fantasy Award ausgezeichnete Geschichte „Fruchtkörper“, F. Paul Wilsons bitter-böse Satire auf die Modesucht gewisser Damen („Zart wie Babyhaut“) und Wagners „Das Bildnis des Jonathan Collins“ mit dem er Oscar Wildes „Das Bildnis des Dorian Gray“ seine eigene Hommage setzte, beeindruckt.

In der dem Buch titelgebenden Geschichte des Repairman-Jack-Autors geht es um top-modische Accessoires. Sei es ein Gürtel, ein Geldbeutel oder eine Handtasche. Die Frau von Welt, der Club der Schönen und Reichen, zu der jede modische Frau gehören will muss ein modisches Anhängsel aus einer ganz besonderen Fertigung haben – aus der Haut abgetriebener Föten.

Nicht nur einfach den Modehype, das sich Definieren aus dem, was man sich monetär leisten kann, nimmt der Autor hier gekonnt und tiefschwarz aufs Korn, auch der Werteverfall unserer Gesellschaft wird thematisiert. Eine Geschichte die mich, gerade weil sie real vorstellbar ist, beeindruckt hat.

David Case berichtet uns von einem Serienkiller. Dieses Mal aber folgen wir weder dem FBI-Profiler, noch dem Täter selbst bei der willkürlichen Auswahl seiner Opfer, sondern einem Unbeteiligten, der dem Motiv des Mörders auf die Spur kommt. Es geht nicht um perverse Lusterfüllung, auch nicht um den Wettlauf mit dem FBI-Jäger, der Täter sieht sich ganz in Diensten der Evolution, der Natur, die das schwächste Mitglied des Rudels gnadenlos ausrottet…

Brian Lumley hat mit seiner Erfolgsserie „Necroscope“ auch bei uns die Bestsellerlisten erklommen. Es geht darum, was haitianisches Hartholz nicht so alles in seinem Inneren verbirgt. Während die Gezeiten und das Meer immer mehr eines einst malerischen südenglischen Küstenstädtchens in die Fluten reißen, kommt der letzte Überlebende einer Invasion auf die Spur. Einem heimtückischen Eroberungsfeldzug, nicht etwa von Monstern oder Aliens, sondern von einem Holzschwamm, einem Pilz, der auch vor dem Befall Verblichener nicht halt macht ...

Karl Edward Wagner schließlich nimmt das bekannte Motiv des Dorian Gray auf. In teilweise schockierenden Bildern thematisiert er dabei die bekannte homoerotische Neigung Oscar Wildes, und stellt uns dessen reales Vorbild für seine Geschichte vor. Dabei aber geht er mit der Zeit – statt eines Gemäldes, das anstelle des Mannes altert, ist es dieses Mal ein Lichtbild, das den Alterungsprozess abfängt. Natürlich kennen wir das Motiv per se, insoweit ist die Auflösung der Erzählung natürlich vorhersehbar. Es ist mehr die intensive Art und Weise, in der uns Wagner seine Geschichte näherbringt, die mich an die Seiten gefesselt hat.

In den anderen Geschichten greifen die Autoren bekannte Motive – das Geisterhaus, die Rache aus dem Grab – auf jeweils ganz eigene Art und Weise auf.