Gruselkabinett 40 & 41: Northanger Abbey, Jane Austen (Hörspiel)

Gruselkabinett 40 & 41
Jane Austen
Northanger Abbey
Sprecher: Hasso Zorn, Otto Mellies, Regina Lemnitz, Marie-Luise Schramm, Timmo Niesmer, Luisa Wietzorek, Wilfried Herbst, Ursula Sieg, Norbert Langer, Robin Kahnmeyer, Cathlyn Gawlich, Marcell Colle u.a.
Musik: Andy Matern
Cover Firuz Askin
Titania Medien, 2010, 2 CDs, 59 bzw. 60 Minuten Laufzeit, ca. 17,99 bzw. je ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-8291-4268-6 (Box) bzw. einzeln ISBN 978-3-8291-4343-0 (Teil 1), ISBN 978-3-8291-4344-7 (Teil 2)

Christel Scheja

Bereits mehrere Jahre läuft bei Titania Medien die Reihe „Gruselkabinett“ mit Erfolg, wurde sogar schon mehrfach ausgezeichnet. Die Macher haben es sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele Gruselklassiker in ansprechenden Hörspielen zu präsentieren. Dabei konzentrieren sie sich nicht nur auf so bekannte Werke wie „Dracula“ oder „Frankenstein“, sondern nehmen sich auch der Werke an, die entweder heute schon zu unbekannt sind oder normalerweise nicht mehr unbedingt zu diesem Genre gerechnet werden. Zu letzter Gruppe gehört der hier vorliegende Zweiteiler „Northanger Abbey“, ein Frühwerk von Jane Austen (1775-1817), die eher für ihre zu Klassikern der englischen Literatur gewordenen Gesellschaftsromane bekannt geworden ist.

Catherine Morland wächst als eines der vielen Kinder ihrer sehr produktiven Eltern, dem Pfarrerehepaar Morland, auf und genießt viele Freiheiten. Das Mädchen ist wohlerzogen und freundlich, hat allerdings eine große Schwäche. Sie liebt für ihr Leben gerne Schauerromane, in denen die jungen Heldinnen in dunklen Wäldern oder schattigen Gemäuern unversehens in Gefahr geraten und durch mutige Helden gerettet werden müssen.

Dennoch liebt sie auch das Leben und freut sich, als ihre Eltern ihr erlauben, ein älteres Ehepaar für ein paar Wochen an die See zu begleiten. Mr. und Mrs. Allen wollen die Sommerfrische in dem bekannten Badeort Bath verbringen. Noch ahnt sie nicht, dass damit auch ein anderer Zweck verbunden wird – immerhin kommt sie langsam aber sicher ins heiratsfähige Alter und kann so vielleicht unter Aufsicht einen passenden Mann kennenlernen.

Der Plan scheint aufzugehen, denn schon kurz nachdem sie angekommen ist, lernt Catherine den jungen Geistlichen Henry Tilney und seine Schwester Eleanor kennen. Da beide sehr entzückt von der jungen Dame sind, lädt der Vater der beiden das Mädchen schon bald auf sein Gut ein.

Und nun scheint die Stunde gekommen zu sein, wo vielleicht auch Träume wahr werden könnten. Catherine hat in schon Erzählungen von der alten und verlassenen Abtei Northanger Abbey gehört, die sich auf dem Anwesen der Familie befindet. Und nun ist sie begierig darauf, selbst herauszufinden, ob es dort spukt, wie die alten Geschichten behaupten…

Wie in der Vorlage sind die grusligen und übernatürlichen Elemente eher gering und man weiß bis zum Schluss nicht wirklich, ob Catherine nur den Trugbildern ihrer lebendigen Phantasie erlegen ist oder wirklich die Schatten und Geister der Vergangenheit gesehen hat. Das ist aber auch die Atmosphäre, die vielen Schauerromanen des späten 18. und 19. Jahrhunderts innewohnt – weder ja noch nein zu sagen und sich dabei nicht auf blasse Schockeffekte zu verlassen.

Natürlich zieht sich die unheimliche Geschichte der Abtei wie ein roter Faden durch die Handlung und tröstet darüber hinweg, dass der erste Teil eher harmlos ist und sich damit beschäftigt, Catherine in die entsprechende Gesellschaft einzuführen, um sie später an den richtigen Ort zu bringen. Bedrohlich und düster wird es erst im Verlauf des zweiten Teils, wenn sich die Heldin aufmacht, das Gemäuer zu erkunden und dabei jedes Klischee bedient, was man aus dem Genre kennt.

Soundeffekte und Musik werden diesmal eher sparsam eingesetzt, die Spannung und Stimmung des Hörspiels lebt diesmal sehr von den Stimmen. Wieder einmal beweisen die Sprecher, dass sie ihr Handwerk verstehen. Hasso Zorn fügt als Erzähler die einzelnen Szenen zusammen und bewahrt die heitere Note, die Jane Austen selbst gegenüber den Schauerromanen hegt.

Marie-Luise Schramm verkörpert sehr schön die Lebenslust und Naivität der Heldin, die erst durch ihre Abenteuer in der Abby lernt, dass nicht alles so ist, wie sie es in ihren Romanen kennt, dafür aber das Glück fürs Leben findet. Und auch die anderen Sprecher vertiefen sich gekonnt in ihre Rollen.

Alles in allem ist „Northanger Abbey“ vielleicht nicht so gruslig und unheimlich wie andere Hörspiele der „Gruselkabinett“-Reihe, aber dennoch sehr atmosphärisch, fesselnd und die gelungene, zeitgemäße Umsetzung eines Literaturklassikers, der seinerseits einen augenzwinkernden Blick auf das Genre des Schauerromans wirft.