Die Scareman-Saga 1: Ein Scareman erwacht, Dirk van den Boom (Buch)

Die Scareman-Saga 1
Ein Scareman erwacht
Dirk van den Boom
Titelbild: Emmanuel Henné
Atlantis, 2016, Taschenpaperback, 106 Seiten, 6,90 EUR, ISBN 978-3-86402-326-2 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Bei einer Mission infiziert sich der Soldat Jonathan Savcovic mit einem Parasiten, durch den er zunehmend der Kontrolle über seinen Körper beraubt wird. Ein Heilmittel zu finden, könnte Jahrzehnte dauern, sodass er die Wahl hat zwischen hilflosem Dahinvegetieren und Euthanasie. Unerwartet wird ihm eine dritte Option offeriert. Savcovic entscheidet sich dafür, an dem geheimen Scareman-Projekt teilzunehmen. Sein Gehirn wird mit auswechselbaren Androidenkörpern verbunden, die ihm die Mobilität zurückgeben und ihm alle Empfindungen ermöglichen.

Der Preis dafür ist ein Leben auf dem Planeten Akkar unter humanoiden Echsenabkömmlingen, die eine archaische Kultur entwickelt haben. Als Scareman hat Savcovic die Aufgabe, über Generationen hinweg die Entwicklung der Akkari zu kontrollieren und rasche technologische Fortschritte zu unterbinden, die den Wesen irgendwann erlauben würden, den Weltraum zu erobern, wo sie dann vielleicht den Menschen als Feinden begegnen. Das Imperium wünscht jedoch keine weiteren Fronten, da der Krieg gegen die Ek-ek bereits alle Kräfte bindet.

Obwohl Savcovics seinem Auftrag gehorsam nachkommt, erkennt er schnell die Schattenseiten: Unabsichtlich inspiriert er so manchen Akkari, den oder dessen Nachkommen er ausschalten muss. Von Gewissenskonflikten getrieben beginnt er, nach anderen Lösungen als dem Tod der Zielperson zu suchen.


Rund 100 Seiten erlauben kein unnötiges Geplänkel, und so fädelt Dirk van den Boom sehr konsequent die Rahmenbedingungen für seine Hauptfigur Jonathan Savcovic ein. Durch einen tragischen Unfall wird dieser in eine ausweglose Situation gebracht, welche ihm überraschend eine Art zweites Leben beschert. Damit verknüpft ist jedoch eine Aufgabe, die so manche Frage aufwirft, auf die zunächst keine befriedigenden Antworten gegeben werden. Völlig auf sich allein gestellt, sieht man von dem Computer Max ab, der ihn bezüglich der Pflichterfüllung überwacht, soll Savcovic künftig den Fortschritt der Akkari negativ beeinflussen.

Man fühlt sich durchaus an den Arkoniden Atlan („Perry Rhodan“, „Atlan“) erinnert, der ebenfalls auf einer für ihn fremden Welt, der Erde, strandete, viele Jahrhunderte schlief und gelegentlich geweckt wurde, um allerdings die Entwicklung der Menschheit voranzutreiben. Bis schließlich aus den steinzeitlichen Jägern ein Volk wurde, das die überlichtschnelle Raumfahrt ausgerechnet den Arkoniden zu verdanken hatte, vergingen mehr als 10.000 Jahre, die insbesondere dem Autor Hanns Kneifel viel Spielraum für historisch angehauchte SF bot.

Savcovic lernt die Akkari als Jäger und Sammler kennen, die gerade sesshaft wurden und in begünstigten Regionen bereits Städte bauen. Die Parallelen zu den frühen Hochkulturen der Erde liegen auf der Hand. Einige Wissenschaftler spüren den Geheimnissen der Erzverarbeitung nach, und die bahnbrechenden Fortschritte muss Savcovic aufhalten.

Nun kann man sich natürlich fragen, wieviel Sinn dieser Auftrag hat, denn letztendlich kann der Tod oder das Verschwinden eines Forschers die Entwicklung bloß kurzfristig verzögern, zumal an anderen Orten früher oder später die gleichen Entdeckungen gemacht werden, der Scareman aber nicht überall sein oder gar zum Massenmörder werden kann. Savcovic macht sich durchaus seine Gedanken, kommt aber auch nicht zu einem überzeugenden Schluss.

Die letzten Seiten, die schon den Appetizer für den Folgeband darstellen, lassen ahnen, welche Richtung die Handlung einschlägt und womit sich der Protagonist hauptsächlich wird herumschlagen müssen. Erneut lässt Atlan als Hüter der Erde grüßen.

Dirk van den Boom spult sein Garn ganz ohne überflüssige Ausführungen ab und lädt den Leser ein, durch Savcovics Augen eine unbekannte und doch vertraut wirkende Welt kennenzulernen. Man erlebt die Verzweiflung der Hauptfigur, den Funken Hoffnung, die Freude, leben zu dürfen, und die Gewissenskonflikte, wenn er notgedrungen seinen Auftrag ausführt. Da Savcovic kein Killer ist, sucht er nach Mitteln, den Schaden zu begrenzen, was man auch von ihm erwartet hat, um ihn sympathisch finden zu können. Die übrigen Charaktere bleiben austauschbar.

Insgesamt gelingt es dem Autor sehr gut, in diesem Auftaktband den Hintergrund zu umreißen und den Protagonisten glaubwürdig agieren zu lassen. Nach dem Cliffhanger darf man gespannt der Fortsetzung harren.