Nina Blazon: Lillesang - Das Geheimnis der dunklen Nixe (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 21. August 2016 09:51
Nina Blazon
Lillesang - Das Geheimnis der dunklen Nixe
Illustrationen von Iris Luckhaus
cbt, 2014, Hardcover, 412 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-570-16287-3 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Eigentlich hatte Jo die Herbstferien mit ihrer besten Freundin Tanja verbringen wollen. Weil jedoch die bislang unbekannte Tante Mette ihrer Mutter verstorben ist, muss sie mit ihren Eltern nach Ishøj reisen, einen kleinen Ort in Dänemark. Abgesehen davon, dass Jo grenzenlos enttäuscht ist, hat sie den Eindruck, dass die Mutter ihr und ihrem Vater eine Menge verschweigt - und das obwohl sich die Eltern versprochen hatten, einander nie zu belügen.
In Ishøj kommen sie bei Familie Jansen - Martin, Karin und die Kinder Mads und Julie - unter, die ihnen auch helfen, Tante Mettes Haus auszuräumen. Wieder scheint Jos Mutter eine Menge zu verschweigen. Das Auftauchen von Bente Jons, einer Freundin von Mette, macht es nicht besser. Die Kinder ahnen, dass etwas Seltsames vor sich geht und stellen Erkundigungen auf eigene Faust an.
Ihre Befürchtungen erweisen sich als berechtigt, denn in der Nacht umschleicht eine unheimliche Kreatur das Haus der Jansens, in dem die beiden Familien wohnen. Hinter wem mag sie her sein? Wenig später schlafwandelt Julie an den Strand, und Jo wird beinahe von einem Wesen aus dem Meer entführt - hätte nicht ausgerechnet Bente, der sie bis dahin misstraut hatten, eingegriffen.
Jo muss sich entscheiden: Soll sie Bentes Erklärungen glauben, obwohl sie die alte Frau überhaupt nicht mag? Soll sie sich auch von Mads fernhalten, den Bente einen Diener der bösen Nixe nennt? Ist die Nixe, der es schließlich doch gelingt, Jo auf eine Insel vor Kopenhagen zu bringen, und die so traurig wirkt, wirklich böse?
Wie man es von Nina Blazon gewohnt ist, packt sie eine ganze Menge in ihre Geschichte, sodass die Inhaltsangabe dem gar nicht gerecht werden kann, aber würde man mehr verraten, gingen viele Überraschungen verloren.
Einmal mehr ist die Hauptfigur ein Kind, ein ca. 12 Jahre altes Mädchen, das ein großes Faible für eine Sache hat, in diesem Fall für Wasser und das Schwimmen. Ihrer Mutter gefällt das gar nicht. Sie wirkt überbesorgt, hasst selber das Wasser und würde Jo am liebsten alles verbieten, was sie in irgendeiner Weise mit dem nassen Element zusammenbringt. Der Vater sieht alles gelassen und unterstützt Jo, wenn es geht - aber er hat keine Ahnung, ebenso wenig wie Jo, und die Mutter verrät nicht, was sie ängstigt. Klar, wäre es anders, würde es ja keine spannende Story geben, die das Mädchen und seine Freunde zwingt herauszufinden, was vor etwa zwanzig Jahren so Schlimmes passiert ist, dass Jos Mutter nicht darüber sprechen will und sogar gelogen hat. Es gibt kleine Hinweise, doch sie richtig zu interpretieren, ist nicht leicht. Es geht vor allem auch ums Vertrauen. Als Jo endlich alle Puzzlestücke zusammengefügt hat, ist die Zeit fast schon abgelaufen und die Feindin immer noch im Vorteil…
Obwohl die Kinder als solche agieren, wirken sie recht reif, vor allem wenn sie Konflikte wie Eifersüchteleien (beste Freundin: Tanja oder Julie?) souverän bereinigen oder sich wagemutig mit magischen Kreaturen anlegen. Zwar ist Mads zwei Jahre älter als die Mädchen und ein Teenager, der sich unbedingt beweisen will, aber als rasender Motorbootfahrer, der nichts schrottet, wirkt er ebenso unglaubwürdig wie ein Gleichaltriger, der den elterlichen Porsche nach einer Spritztour unbemerkt wieder in die Garage schafft.
Etwas weniger wäre mehr gewesen, doch ohne diese Übertreibungen hätte die Geschichte nicht funktioniert - und inzwischen ist es eh gang und gäbe, dass die Helden immer jünger, ihre Missionen immer gefährlicher werden, Manga/Anime und der verliebten Vampire sei Dank. Freilich haben Kinder schon immer als Detektive die kniffligen Fälle der Polizei gelöst und so weiter., doch immer in einem entsprechenden altersgerechten Rahmen, der jetzt zunehmend verschwindet, sodass zeitgenössische Kinder- zu All-Age-Büchern werden (vorbei die Zeiten eines sechzigjährigen Robert Wolff, aber auch er wird zu einem Mann im besten Alter, als er durch das Portal tritt und wieder zu Lord Jadawin wird - Philip José Farmer: „Die Welt der Tausend Ebenen“ -, aber wenigstens ist er kein Kind…).
„Lillesang - Das Geheimnis der dunklen Nixe“ wartet mit dänischen Märchen und viel Fantasy auf, ist ein spannendes Buch, das auch reiferen Lesern gefällt, denn es gibt viele Überraschungen. Auch der Umschlag ist sehr hübsch gestaltet mit erhaben gedrucktem Titel und Glitzerelementen (Nixenschuppen). Ein gelungenes, wenn auch nicht gewisser Schemata freies Buch für Fantasy-Freunde aller Altersgruppen.