Wonder Woman - Göttin des Krieges 1: Kriegswunden (Comic)

Meredith Finch
Wonder Woman - Göttin des Krieges 1
Kriegswunden
(Wonder Woman 36-40 + Wonder Woman Annual 1: War Torn, Chapter 1 - Final Chapter)
Aus dem Amerikanischen von Steve Kups
Titelillustration von David Finch
Zeichnungen von David Finch, Goran Sudžuka, Matt Banning, Johnny Desjardins u.a.
Panini, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 156 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-95798-734-1

Von Irene Salzmann

Man erwartet viel von Wonder Woman dieser Tage: Nachdem ihre Mutter von Hera in eine Statue verwandelt wurde, ist sie so lange Königin der Amazonen, bis Hippolyta befreit wird. Allerdings trifft Wonder Woman die unpopuläre Entscheidung, dass die Söhne der Amazonen auf der Paradiesinsel leben und künftig nicht mehr ihren Müttern fortgenommen werden sollen. Viele der Schwestern begreifen die Beweggründe nicht und wollen an ihrem isolierten Dasein festhalten.

Außerdem kritisieren sie, dass die neue Königin nie da ist, wenn sie besonders dringend gebraucht wird, vor allem wenn die Amazonen von ihren Feinden angegriffen werden. Diese Gruppe wünscht sich eine perfekte Königin, die die Traditionen achtet.

Auch gegenüber der JLA und den Menschen fühlt sich Wonder Woman verpflichtet. Plötzlich sackt an verschiedenen Orten die Erde ein, reißt ganze Ortschaften und seine Bewohner in die Tiefe. Was sie dort zusammen mit Superman und Batman entdeckt, ist furchtbar, vor allem weil sie offenbar eine Mitschuld an den Ereignissen trägt.

Schließlich hat Wonder Woman den Kriegsgott besiegt und ihn die die Tiefe verbannt. Obwohl sie nun seine Rolle einnimmt, besitzt er offenbar immer noch genug Macht, durch die etwas geweckt wurde, das jetzt um sein Überleben kämpft.


Infolgedessen möchte sich Wonder Woman am liebsten zerreißen, um allen Anforderungen gerecht zu werden, aber selbst als Göttin ist ihr das unmöglich. Wann immer sie erkennt, dass sie zu spät kam und nicht alles hat geben können, dass sie am Unglück anderer mit schuldig ist, droht der Kummer darüber sie aufzufressen. Trotzdem lehnt sie den Trost ihrer Freunde, insbesondere den ihres Gefährten Superman (der nicht mehr mit Lois Lane zusammen ist), ab, will die Lösung für die Probleme allein finden und stark beziehungsweise noch stärker sein. Ob ihr das auf Dauer gelingen wird, bleibt abzuwarten, denn so Mancher hat den Eindruck, dass sie sich zu verändern beginnt durch diese Last.

Sie wird ihr auch nicht in diesem Sammelband genommen. Im Gegenteil, die Situation eskaliert, denn ein trauriges Ereignis festigt ihre Position als Königin, was wiederum ihre Gegnerinnen unter den Amazonen veranlasst zu rebellieren und zu noch drastischeren Mitteln zu greifen, um eine Königin nach ihren Vorstellungen zu erhalten. Prompt muss Wonder Woman gegen Donna Troy um den Thron kämpfen.

Sie kann zwar nicht jeden retten, aber immerhin einige Konflikte klären. Zweifellos wird sie auch künftig immer wieder Prioritäten setzen müssen bei dem Versuch, jedem zu helfen, der sie braucht. Allerdings dürfte dabei der Aspekt, dass sie die Kriegsgöttin ist, eine zunehmend wichtigere Rolle spielen, denn tatsächlich hat sie keine Ahnung, wie sie mit diesem Auftrag umgehen soll - und ob sie nicht gerade durch diesen Status Kämpfe und andere Probleme anzieht.

Eigentlich ist Wonder Woman viel zu super, um ‚wahr‘ zu sein: Superheldin mit vielen erstaunlichen Fähigkeiten und magischen Hilfsmitteln, nahezu unsterbliche, alterslose Amazonenkönigin, Göttin des Krieges, Freundin von Superman (ein Geringerer tut es kaum bei so vielen Superlativen…). Dennoch gelingt es Meredith Finch, sie zugleich auch eine Frau sein zu lassen, die vor ihren Verpflichtungen nicht davonläuft und, statt an den Tragödien zu zerbrechen, über sich hinauswächst und gestärkt aus den Konflikten hervorgeht. Man sympathisiert mit Wonder Woman und ahnt, dass noch Einiges mehr auf sie zukommen wird.

Wieder einmal hat sie - genauso wie die anderen DC-Helden - ein Reset über sich ergehen lassen müssen, bei dem ihr Outfit, ihr Status/ihre Gaben und ihre Geschichte wieder ein wenig modifiziert wurden. Zeichner David Finch lässt sie mit seinem realistisch-idealistischen Stil ebenso attraktiv aussehen wie Jim Lee; die Arbeiten der beiden sind durchaus vergleichbar. Dementsprechend fällt die Qualität des Annuals, das von Goran Sudžuka wesentlich comichafter illustriert wurde, deutlich ab. Da es jedoch mehr als Prolog zu verstehen und aus einer anderen Perspektive erzählt ist, braucht man sich daran nicht zu stören.

Und so genießt man ein relativ in sich abgeschlossenes Abenteuer, das inhaltlich und optisch überzeugt und Lust auf mehr „Wonder Woman“ macht.