Joe Abercrombie: Königskrone (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 27. April 2016 10:29
Joe Abercrombie
Königskrone
(Half a War)
Übersetzt von Kirsten Borchardt
Heyne, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 478 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-453-31601-0 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Im Norden ist nicht nur das Klima rau - die dort lebenden Menschen zeichnen sich vor allem durch eines aus: Sie sind stolz; wer auch immer sie unter sein Banner zwingen will, der tut sich schwer.
Als der Hochkönig und seine Beraterin, die Hexe Wexen, die dem Gelehrtenkreis vorsteht, die Invasion der Nordlande vorantreiben und deren Bewohner zwingen wollen, dem einen Gott zu folgen, kommt es zum lang erwarteten Krieg.
Zunächst aber gilt es für die Angegriffenen, die einander spinnefeind gegenüberstehenden Stämme und Völker zu einen und davon abzuhalten, sich gegenseitig an den Hals zu gehen.
Die frühere Prinzessin Skara, jetzt, nachdem ihr Großvater von den Schergen des Hochkönigs gemeuchelt wurde, Königin Skara steht dabei zwischen König Grom und König Uthil und hat nur ihre Stimme und ihren Verstand in die Allianz einzubringen. Die Vernunft spielt hier so manches Mal nur eine untergeordnete Rolle - vermeintliche Ehrverletzungen, alte Streitigkeiten und schiere Habgier gilt es zu überkommen, steht doch ein unüberwindlich scheinendes Heer angeführt von Hell Yilling vor den Toren Throvenlands.
Nur mit Hilfe der verfemten Albenwaffen kann es gelingen, die weit überlegenen Truppen zurückzuschlagen. Doch sind die Waffen, die schon einmal für den Untergang der Welt sorgten, einmal aus ihrem Gefängnis entkommen, wird die Welt nie mehr sein, wie zuvor…
Macht korrumpiert, und auch wenn wir die Motivation der entscheidungsrelevanten Gestalten in Joe Abercrombies All-Age -Trilogie gut nachvollziehen können, macht uns dies die Figuren und deren Vorgehen nicht immer sympathischer. Denn auch vorliegend erzählt uns der Autor von den Verlockungen der Macht und wie die Mächtigen ihnen verfallen. Dabei entfaltet sich die Handlung zunächst recht rasant. Wie wir dies aus den ersten beiden Romanen der Trilogie gewohnt sind, stellt der Autor auch vorliegend wieder eine, nein eigentlich sind es vorliegend zwei neue Figuren ins Zentrum der Erzählung.
Zu der jungen Königin gesellt sich ein angehender Gelehrter, der von Vater Yarvi geschickt manipuliert wird. Immer wieder hin und her gerissen zwischen der Sehnsucht nach familiären Glück oder der Macht, die ihm als Gelehrtem zufiele, verfolgen wir durch ihre Augen die Vorkommnisse im Krieg um die Zukunft der Nordlande. Dabei ist die vermeintlich religiös begründete Auseinandersetzung nur der Deckmantel für die im Hintergrund agierenden Strippenzieher, die ihre eigene Machterhaltung beziehungsweise die Ablösung der Mächtigen im Visier haben.
So ist dies, bei all den packend beschriebenen Kämpfen, dem Heldenmut und der Grausamkeiten des Gemetzels, die Abercrombie wie gewohnt ungeschönt, ja brutal realistisch darstellt, auch und in erster Linie ein Buch über die Mechanismen der Macht. Wer auch immer ganz nach oben kommen will, der muss seine Gefährten manipulieren, muss seine inneren Werte verraten und über Leichen gehen - wie heute, so auch in der Fantasy-Vergangenheit respektive Zukunft. Der gesunde Menschenverstand kapituliert dabei nur zu schnell vor Ambitionen, Egoismus und Egozentrik finden immer wieder schnell eine Entschuldigung für scheinbar alternativloses Handeln.
So zeigt die Trilogie wie auch vorliegender Abschlussband nur zu deutlich, dass selbst hehre Gestalten von der Macht verleitet werden können, dass ihr vorgeblich gerechter Kampf um Rache für erlittenes Unrecht nur zu schnell dazu führt, dass sie persönliches Machtstreben entwickeln und ihre moralische Richtschnur vergessen.