Kim Harrison: Die Zeitagentin - Ein Fall für Peri Reed (Buch)

Kim Harrison
Die Zeitagentin - Ein Fall für Peri Reed
(The Drafter)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Frauke Meier
Heyne, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 618 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-453-31730-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Peri Reed ist ein Drafter, eine der wenigen Menschen, denen es gelingt in absoluten Stresssituationen 30 Sekunden in der Zeit zurückzureisen. Seit den 60er Jahren nutzt eine geheime Regierungsbehörde die seltene Fähigkeit, um Verbrecher aufzuhalten, Anschläge ungeschehen zu machen und Terroristen aufzuspüren.

Dumm für den Zeitreisenden ist dabei, dass er oder sie nicht nur das Geschehen, das verändert wurde vergisst, sondern auch gleich noch einen Teil der eigenen Vergangenheit mit verliert. Um die dadurch auftretenden Erinnerungslücken zu füllen hat jeder Zeitagent einen menschlichen Anker um sich, der anschließend dem Gedächtnis wieder auf die Sprünge hilft.

Peri Reed ist eine der besten Agentinnen von Opti. Als sie während eines Einsatzes auf eine Liste stößt, auf der korrupte Agenten aufgelistet sind, und sie auch ihren eigenen Namen auf der Liste entdeckt, ahnt sie, dass etwas faul ist im Staate Dänemark. Sie weiß, dass es nicht sein kann, dass sie zu einem Verräter an allem geworden ist, was ihr wichtig ist. Doch warum erscheint dann ihr Name auf der Liste, wem kann sie vertrauen und warum versuchen ihre eigenen Leute, sie in die Irre zu führen?


Willkommen in der neuen Serie von Erfolgs-Autorin Kim Harrison. Nachdem sie ihre gefeierte Rachel-Morgan-Reihe abgeschlossen hat, wandelt sie vorliegend auf neuen, ungewöhnlichen, ja gewöhnungsbedürftigen Pfaden. Statt der Ich-Erzählerin Morgan mit all ihrem unterschwelligen Humor wartet nun ein allwissender Erzähler mit der Geschichte einer verwirrten Agentin auf uns. Das liest sich von der Ausgangslage her ein wenig wie eine Mischung aus „Minority Report“ und den „Bourne“-Filmen und legt sowohl erzähltechnisch wie inhaltlich ganz andere Schwerpunkte als die Morgan-Serie.

Neben der etwas zu ausgeprägten Detailversessenheit in Bezug auf die Luxus-Kleidung unserer Agentin und den, nun sagen wir einmal etwas zu ausführlich beschriebenen Schlafzimmer-Szenen, wartet eine Protagonisten auf uns, die sich dem Leser nicht einfach erschließt. Nicht nur, dass es ihr an Humor mangelt, sie hangelt sich, dank der Amnesie die ihre Fähigkeit bei ihr hinterlässt, auch recht ahnungslos durch die Handlung.

Der Leser weiß weit mehr über Hintergründe und Geheimnisse als seine Hauptfigur, die dank ihrer Einsätze in ihren Ermittlungen immer wieder zurückgeworfen wird. Das hat zwar durchaus seinen Reiz, insbesondere durch die Art und Weise, wie sich das Bild der Verschwörung langsam aber gut nachvollziehbar erschließt, frustriert aber auch durch die mannigfaltigen Verzögerungen in Gestalt der Protagonistin.

Zwar ziehen wir bildlich gesprochen unseren Hut vor der Cleverness, mit der Peri sich selbst immer wieder Hinweise hinterlässt, wie sie den Geheimnissen um sich herum trotz aller Widerstände auf die Spur kommt und das Vertrauen in ihren Anker und die Kollegen und Vorgesetzten verliert, doch so recht mithalten mit der Rachel-Morgan-Serie kann der Auftaktroman der neuen Reihe leider nicht.

Das ist ein interessanter Thriller voller Verwicklungen, Hinweise und Verrat, dem es aber an der mitreißenden Art der Hollows-Abenteuer mangelt.