John Christopher: Tripods - Die dreibeinigen Herrscher (Buch)

John Christopher
Tripods - Die dreibeinigen Herrscher
(When the Tripods Came (1988), The White Mountains (1966), The City of Gold and Lead (1967), The Pool of Fire (1967))
Aus dem Englischen von Sabine Rahn (When the Tripods Came) beziehungsweise von Wolfgang Schaller, welche bearbeitet und aktualisiert wurden von Sabine Rahn
Titelbild von Timo Wuerz
Piper, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 726 Seiten, 20,00 EUR, ISBN 978-3-492-70349-9 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Dieser Sammelband enthält die ursprüngliche Trilogie (1966/1967) von John Christopher und zudem den viel später (1988) geschriebenen Prequel-Roman mit der Vorgeschichte der Invasion („Die Ankunft der dreibeinigen Monster“ sowie die ursprüngliche Trilogie: „Dreibeinige Monster auf Erdkurs“, „Das Geheimnis der dreibeinigen Monster“ und „Der Untergang der dreibeinigen Monster“).

 

John Christophers ursprüngliche Trilogie um die Tripods (dt. dreibeinige Monster) entstand in den 60er Jahren und spinnt H. G. Wells Idee der Außerirdischen Invasoren aus „Der Krieg der Welten“ auf ihre eigene Art (ohne totale Auslöschung der Menschheit) fort. Hier sind es allerdings keine Marsianer, sondern Wesen von einem fremden Stern, welche die Erde überfallen haben, und dies ganz ohne Hitzestrahler, sondern auf viel hinterhältigere und gewieftere Art, indem sie die Menschen über deren TV-Geräte hypnotisierten und unter Einfluss brachten.
 
Während die ursprüngliche Trilogie mehr als hundert Jahre nach der erfolgreichen Invasion der „Meister“ spielt und aus der Sicht eines Jugendlichen geschildert wird, der in einer mittelalterlich wirkenden Welt lebt, in der jeder 13jährige eine Art Denkkappe verpasst bekommt, welche ihn für immer zum loyalen Anhänger der Invasoren macht, spielt der erst mehr als 20 Jahre später (1988) verfasste Roman „Die Ankunft der dreibeinigen Monster“ zur Zeit der Invasion und zeigt, wie die „Meister“ die Menschheit überrumpeln konnten.

Dieses Buch erschien erstmals 2006 bei Arena in deutscher Sprache und der Autor berichtet in seinem Vorwort, dass er Einiges habe klarstellen wollen, da man ihn anlässlich der Verfilmung der beiden ersten Romane der ursprünglichen Trilogie durch die BBC harsch kritisiert habe, seien die Invasoren doch der menschlichen Technik längst nicht so überlegen, dass dies eine erfolgreiche Überwindung des Widerstands der Erdbevölkerung erwarten lasse.


So zeigt „Ankunft der dreibeinigen Monster“ die geschickten Schachzüge der Fremden, die sich durch selbst ausgestrahlte Fernsehsendungen ins Bewusstsein der Bewohner unseres Planeten schleichen.

Protagonist der Erzählung ist der junge Lawrence, genannt Laurie, der als einer der ersten Menschen eine dreibeinige Maschine erblickt, mit welchem die Invasoren über die Erde laufen. Doch scheinbar mühelos werden die ersten drei Tripoden abgewehrt. Während eine Rakete in der Sowjetunion dem Dreibeiner den Garaus macht und der englische Invasor von Flugzeugen abgeschossen wird, sprengt sich die in den USA gelandete Maschine selbst in die Luft, bevor die Amerikaner sie genauer untersuchen können.

Damit scheint die Invasion erst einmal erfolgreich abgewendet zu sein und die Menschheit lehnt sich beruhigt in ihren Sesseln zurück. Nur um erleben zu müssen, dass der eigentliche Angriff viel ausgeklügelter und hinterhältiger durchgeführt wird. Nachdem die Fremden die Erdbewohner in Sicherheit gewogen haben, beginnt erst jetzt der eigentliche Einmarsch. Über das Fernsehen werden die Zuschauer hypnotisiert und manipuliert. Die Zuschauer werden dazu gebracht, sich den Invasoren anzuschließen und sich mechanische Geräte auf den Kopf zu setzen, welche die Gedanken derart manipulieren, dass ihre Besitzer keinen eigenen freien Willen mehr haben, sondern nur noch den Außerirdischen gehorchen, die dann mit ihren dreibeinigen Maschinen in großer Zahl auf der Erde auftauchen. Ehe Laurie und seine Familie sich versehen, ist halb England in der Hand der Fremden und der Protagonist flieht mit seinen Angehörigen in einem abenteuerlichen Unternehmen in die Schweiz, wo man vorerst sicher scheint.

Doch diese Hoffnung ist trügerisch und bald muss die Familie des Jungen in die Schweizer Berge fliehen. Hier bildet sich eine der ersten Widerstandszellen gegen die Fremden, hier plant und organisiert man, um die Erde dereinst wieder in den Besitz der Menschheit zu bringen und die Invasoren endgültig zu vertreiben…


Der Plot erinnert sehr an Cyril M. Kornbluths klassische SF-Story „The Silly Season“, die genau diesen Plot (angetäuschte Invasion, um die Menschen in Sicherheit zu wiegen, danach Sieg über die eingelullten Erdbewohner) erstmals entwickelte.


Mehr als hundert Jahre und ein Buch später („Dreibeinige Monster auf Erdkurs“) wächst der junge Will Parker in einer von den „Meister“ genannten Invasoren kontrollierten Welt auf. Mit 13 Jahren wird man „geweiht“, was bedeutet, dass man eine Denkkappe aufgesetzt bekommt und danach den Fremden gehorchen muss. Die menschliche Technologie ist fast auf mittelalterlichem Niveau. Denn die „Meister“ dulden keinen potenziellen Widerstand. Nur einzelne Artefakte, riesige Ruinenstädte und verrottende Baudenkmäler erinnern an die großartige Technologie, die der Mensch einst hervorbrachte. Doch der Besuch der Ruinen ist den Menschen verboten.

In dieser auf den ersten Blick friedlichen und romantischen Welt (was auch einen großen Teil der Überzeugungskraft und der wunderbaren Atmosphäre der ursprünglichen Trilogie ausmacht) wächst der junge Will Parker auf, der bald selbst „geweiht“ werden soll und mitbekommt, wie sein bester Freund, der etwas älter ist als er, sich verändert, nachdem er eine Denkkappe verpasst bekommen hat.

Will fürchtet sich und möchte nicht geweiht werden. Ein Ausweg ergibt sich aber erst, nachdem ein fremder „Wanderer“ in Wills kleinem Ort aufgetaucht ist. „Wanderer“ sind Menschen, bei denen die Installation der Kappe schiefgelaufen ist, die diese nicht vertragen haben und geistig erkrankt sind dadurch. Diese meist harmlosen Außenseiter, ziehen in England über Land, verrichten Gelegenheitsarbeiten und wirken geistig minderbemittelt.

Nicht so jedoch der neue „Wanderer” namens Ozymandias, der Wills Dorf besucht. Unter der Schicht gespielter Verrücktheit verbirgt sich ein Bote der „weißen Berge“, jener Schweizer Alpen, in denen sich eine der ersten Widerstandszellen formierte. Ozymandias wirbt Will an zu fliehen und in die Alpen zu reisen, um sich den anderen Rebellen anzuschließen. Zusammen mit seinem Cousin Jack, der sich dem Jungen überraschend anschließt, gelingt die Reise ins einstige Frankreich, wo sie den überaus intelligenten gleichaltrigen Jean-Paul, genannt Bohnenstange, kennenlernen, der sich den Reisenden anschließt. Nach vielen wunderlichen Abenteuern erreichen sie schließlich ihr Ziel und schließen sich dem Widerstand an.


In „Das Geheimnis der dreibeinigen Monster“ wird dann berichtet, wie es die Rebellen schaffen, zwei Jungen, nämlich Will und einen Deutschen namens Fritz, in eine der Städte der „Meister“ einzuschleusen, um deren Schwächen auszukundschaften. Ein hochgradig lebensgefährliches Unternehmen, bei dem die beiden Jungen auf eine harte Belastungsprobe gestellt werden…


Der letzte Band der Serie mit dem Titel „Der Untergang der dreibeinigen Monster“ zeigt schließlich den finalen Endkampf gegen die Invasoren. Nachdem man ihre Schwächen ausgekundschaftet hat, gehen die Rebellen zum Angriff über, denn ihnen bleibt nicht viel Zeit. Die „Meister“ haben beschlossen die Erde ihren eigenen Bedürfnissen anzupassen. Diese Art umgekehrtes Terraforming würde alle Menschen töten, die menschliche Zivilisation endgültig auslöschen. Die Raumschiffe mit der technischen Ausrüstung dazu sind längst unterwegs und werden in wenigen Jahren auf der Erde eintreffen. In ihrer Verzweiflung müssen die Rebellen alles auf eine Karte setzen. Doch werden sie die übermächtig erscheinenden Fremden wirklich überwinden und besiegen können…?


Die Serie um die Dreibeiner gehört durchaus zu John Christophers gelungensten Werken, auch wenn der völlig zu Recht mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnete Roman „Die Wächter“ (im Original „The Guardians“ aus dem Jahr 1970) noch stärker einzuschätzen ist und zudem sehr gut in einer deutsch-britischen Koproduktion von Franz-Peter Wirth sechsteilig verfilmt wurde.

Vor allem aber sind die vorliegenden Bücher extrem spannend und speziell „Dreibeinige Monster auf Erdkurs“ lebt von der pittoresken und wildromantischen Atmosphäre einer mittelalterlichen irdischen Zivilisation, während an anderen Orten Ruinenstädte existieren, welche an Post-Doomsday-Erzählungen erinnern.

Dies alles erlebt der Leser durch Christophers prägnanten Stil hautnah mit.

Durch die Neuauflage (mit ansprechendem Titelbild; eine Qualität, die der Veröffentlichung bei Arena 2006 abging) mit der zusätzlichen Einbindung des später verfassten Bandes um die ursprüngliche Invasion macht der Piper Verlag vielen jungen Lesern (und älteren, welche die Bücher damals verpasst hatten) nun diese wundervollen Werke wieder zugänglich, was sehr erfreulich ist. 

Die Abenteuer von Will Parker, Bohnenstange und den anderen sind auch aus heutiger Sicht tolle und fesselnde Geschichten für Jung und Alt, absolut empfehlenswert, wenn auch die Handlung im Laufe der Erzählung manchmal (vor allem gegen Ende hin) viel zu sensationell gerät und Logiklöcher die Handlung leider mehrfach verunzieren.

Aber vielleicht sollte man sich als Rezipient eher auf die herrlichen Abenteuer und die grandiose Atmosphäre der Bücher konzentrieren und die Mankos der Serie nicht zu eng sehen. Wenn man sich darauf einlassen kann, dann lesen sich die vier Romane in Windeseile, ziehen einen fest in ihren Bann und üben einen gewaltigen Sog der Faszination aus (fast wie die hypnotischen TV-Sendungen der Invasoren), also genau das, was gute phantastische Literatur leisten kann und eigentlich auch sollte.