Sandman Ouvertüre 2 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 27. Februar 2016 15:12
Neil Gaiman
Sandman Ouvertüre 2
(The Sandman: Overture 4-6, 2014/2015)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration und Zeichnungen von James H. Williams III.
Panini, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 120 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-95798-560-6
Von Christel Scheja
Zu den Klassikern und Kultserien unter den amerikanischen Comics zählt wohl „The Sandman“. Neil Gaiman verwandelte die Figur, die eigentlich aus dem DC-Superhelden-Universum stammt, in einen komplexen Charakter, der in einem psychedelischen Universum voller literarischer und kultureller Anspielungen lebt und vor allem anspruchsvollere Leser begeistert. Mit der „Sandman Ouverture“ ergänzt er nun die Saga um einige Elemente, die er in der ursprünglichen Serie außer Acht lassen musste.
Morpheus alias Dream ist immer noch auf einer Suche nach der Wahrheit, den Gründen, die ihn dazu bewegt haben, sein Leben hinzugeben, um einer anderen Inkarnation Platz zu machen. Begleitet von einem anderen Träumer in Katzengestalt - vielleicht einem Aspekt seines Ichs, den er noch nicht kennt - und dem Mädchen Hope sucht er dabei Orte auf, die er schon lange nicht mehr betreten hat.
Er begibt sich in das Königreich von Vater Zeit, dem Wesen, das auch ihn hervorgebracht hat und stellt diesem die unvermeidlichen Fragen. Doch der macht seinem Sohn klar, dass er sich die Antworten selbst suchen muss und nicht einfach fordern kann, schickt ihn weiter auf seiner Odyssee. Von zornigen Sternen in den Abgrund des Nichts geschleudert, gelangt er schließlich zu seiner Mutter, die es sich nicht nehmen lässt, ihm den Spiegel vorzuhalten und auf ganz andere Dinge als die, nach denen er sucht, aufmerksam zu machen.
Dadurch schließt sich der Kreis, denn die Rückkehr des Herrn der Träume ist gleichzeitig auch ein wohlbekannter Anfang.
Das besondere an „Sandman Ouverture“ ist wohl, dass die Geschichte einen Kreis schließt und vor allem für die Leser interessant ist, die bereits die Serie kennen und in ihr aufgegangen sind. Viele kleine aber feine Details verknüpfen die Ouvertüre mit dem späteren Geschehen, machen bestimmte Ereignisse plausibler und nachvollziehbar, ohne jedoch den Erzählfluss aufzuhalten. Vor allem Morpheus zeigt Facetten, die man bisher nicht an ihm erlebt hat. Er ist oft genug hilflos und verzweifelt, zeigt Verzweiflung und Angst und ist nicht mehr der selbstsichere Ewige, der seinen Teil des Schicksals in der Hand hält. Man erfährt zudem mehr über das Verhältnis zu seinen Geschwistern, zumindest einigen, mit denen er zuvor eher ein gestörtes Verhältnis hatte, wie Delirium, obwohl sie mehr auf seiner Seite steht als alle anderen.
In psychedelischen Bildern taucht James H. Williams III. in die Welt jenseits der Träume ein: da werden immer wieder Panels durchbrochen, miteinander verwoben oder sogar auf den Kopf gestellt. Leser sollten sich auf eine Tour de Force einstellen, auf der sie sich viel Zeit nehmen sollten, um die einzelnen Bilder in sich aufzunehmen, denn nicht alles erklärt sich aus dem Text oder von selbst und könnte durchaus auch für die Zukunft wichtig werden.
Alles in allem warten die beiden Künstler trotz des vorhersehbaren Endes immer wieder mit Überraschungen auf, fordern die Betrachter auf, die Details zu beachten und gelegentlich auch zwischen den Zeilen zu lesen. Konventionell ist nichts mehr - das zeigt auch der ausführliche Bonus-Teil, in dem der Künstler wieder einmal aus dem Nähkästchen plaudert und zeigt, wie und warum die Panels gerade so aussehen müssen, wie sie aussehen. Das Interview mit James H. Williams III. jedenfalls ist genauso komplex wie die Zeichnungen, die er auch im zweiten und abschließenden Teil der Saga abgeliefert hat.
Als Einstieg eignen sich die beiden Bände allerdings nicht, denn die Künstler setzen bereits voraus, dass man die Figuren und auch viele der Anspielungen wiedererkennt, denn sie verzichten darauf, irgend etwas zu erklären.
„Sandman Ouverture“ ist ein reichhaltiger Schatz für Fans der „Sandman“-Serie, das beweist auch die zweite Graphic Novel, in der die letzten Hefte der Mini-Serie zu finden sind. Wieder erwecken die Künstler das Universum zum Leben und erweitern es dabei um spannende Facetten und Mythologien, die nicht nur zufriedenstellen, sondern auch Lust auf Mehr machen.