Gruselkabinett 106: Das Traktat Middoth, M. R. James (Hörspiel)

M. R. James & Marc Gruppe (Script)
Das Traktat Middoth
Gruselkabinett 106
Sprecher: Reinhard Scheunemann, Constantin von Jascheroff u.a.
Cover von Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2015, 1 CD, ca. 60 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-5170-1

Von Christel Scheja

„Das Traktat Middoth“ ist nicht die erste Geschichte von M. R. James (1862-1936), die für die „Gruselkabinett“-Reihe umgesetzt wurde und für düsteren, spätviktorianischen Grusel steht und eine ganz eigene Variation der Schauer-Romantik bietet.

 

In einer der größten und berühmtesten Bibliotheken des Landes geschehen seit einiger Zeit unheimliche Dinge, doch im England des Jahres 1895 will keiner mehr so recht an übernatürliches Wirken glauben. Deshalb macht sich John Eldred daran, das Geheimnis zu lüften und muss feststellen, dass die Wurzeln allen Übels noch tiefer in der Vergangenheit liegt. Es hat mit einem gewissen William Garret zu tun, der auf einer Reise ein verzweifeltes Gespann aus Mutter und Tochter kennenlernt und ihnen helfen will, als er von deren Schicksal erfährt. Ausgerechnet ein geheimnisvolles Traktat scheint Schlüssel und Fluch zugleich zu sein und ist gefährlicher, als die aufgeklärten Menschen dieser Zeit denken.


Man merkt schon, dass die Geschichte etwas älter ist. Action steht nicht im Vordergrund, eher die Schaffung einer dichten und unheimlichen Atmosphäre, die vor allem durch Andeutungen und Auslassungen entsteht.

Der Autor beantwortet längst nicht alle Fragen, vieles müssen sich die Leser dann auch immer wieder selbst überlegen. Der Ablauf der Ereignisse bleibt beschaulich und wartet nur an bestimmten Punkten mit Überraschungen auf. Allerdings erzeugen diese auch mehrfach Brüche in der Handlung, die leider nicht wirklich glaubhaft gekittet werden und so den positiven Gesamteindruck der Geschichte etwas schmälern.

Getragen wird die Handlung letztendlich durch die Sprecher, die es wieder einmal schaffen, den Menschen des 19. Jahrhundert die richtigen Stimmen zu geben und die manchmal etwas verschachtelt wirkenden Dialoge angemessen an den Hörer zu vermitteln. Sie lassen die Figuren vor dem geistigen Auge entstehen, was dafür sorgt, dass zusammen mit Geräuschen und Musik ein Film im Kopf entsteht und die Zeit wie im Flug vergeht.

Alles in allem ist „Das Traktat Middoth“ wieder einmal ein gelungenes Hörspiel aus der „Gruselkabinett“-Reihe, das vor allem durch die Sprecher überzeugt, die die Schwächen und Sprünge in der Geschichte durch ihr Spiel wettmachen.