Tad Williams: Das Beste von Tad Williams (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 25. November 2015 10:39
Tad Williams
Das Beste von Tad Williams
(The Very Best of Tad Williams)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Sabine Elbers, Vera Küpper und Horus W. Odenthal
Cross Cult, 2015, Paperback mit Klappenbroschur, 650 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-86425-795-7 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Tad Williams dem Leser phantastischer Literatur vorzustellen, dass hieße nun wirklich Eulen nach Athen tragen. Der sympathische Kalifornier, den Klett-Cotta, der Verlag, in dem die meisten seiner Bücher erschienen sind; auch immer wieder gerne für Lesungen über den großen Teich holt, hat sich dabei in fast jedem Sub-Genre getummelt und bewiesen, dass er in all diesen unterschiedlichen Ausprägungen zu überzeugen weiß.
Umso erstaunlicher ist, dass es sein Stuttgarter Verlag versäumt hat, seine Kollektion, in der er seine Kurzgeschichten und Novellen gesammelt hat, seinen deutschen Fans zugänglich zu machen. Des einen Leid, des anderen Freud: Cross Cult, sonst hauptsächlich im Bereich der Film- und TV-Adaptionen unterwegs, hat sich die Rechte gesichert, und legt einen wahren Ziegelstein von Buch vor.
Inhaltlich wartet ein sehr abwechslungsreiches Garn auf den Rezipienten.
Den Auftakt macht eine etwas andere Drachenjäger-Geschichte. Nachdem sowohl der Drachentöter als auch sein Wild etwas in die Jahre gekommen sind, entschließen sie sich gemeinschaftlich, es doch ein wenig ruhiger angehen zu lassen; eine Entscheidung, die den Neid so manch anderer Fabelwesen nach sich zieht und letztlich merkantil ausgewertet wird…
Danach geht es ins Hier und Jetzt - allerdings, wie bei Tad nicht anders zu erwarten, droht der Kulisse, die wir kennen, einmal mehr eine rapide, ungewollte und unwillkommene Änderung, ist doch die Grenze zum Jenseits löchrig und diejenigen, die nicht in ein besseres weitergegangen sind, wollen zurück auf Erden…
Ein alter Magier, der sein Gedächtnis, sein Selbst, nicht aber seine Macht verloren hat, erfüllt so Manchem, der ihm die Hand reicht, den Herzenswunsch. Bis eines Tages sein alter Rivale des Weges kommt - und auch bei ihm die Magie der Wunscherfüllung einsetzt.
Wie man den Zauber des Orients mit dem Vampir-Mythos zu einer ganz eigenen Melange verbinden kann, zeigt Williams in der nächsten Geschichte. Voller Zauber aus 1001 Nacht, dabei doch dem Mythos der Bluttrinker verbunden, lässt er einen ehemaligen Krieger des Sultans seine Geschichte erzählen.
Danach geht es ins Otherland-Universum, wo es ein Wiedersehen mit den Gestalten aus Oz gibt, gilt es doch ein Mysterium aufzuklären…
Alfred Dürer hat in der folgenden Geschichte einen Auftritt, als der Meister selbst einem Modell die Geschichte eines Nashorns erzählt.
Als eines Tages das Internet ausfällt, sich anschließend ein unbekannter User meldet und sich einmischt, scheint es so weit zu sein: Der Nachfolger des Homo Sapiens hat das Licht der Welt, pardon der Bits and Bites erblickt.
Sein Faible für Comics zeigt Williams in der folgenden kurzen Geschichte, in der er einige Fans und Kritiker den ersten Band einer neuen Comic-Serie diskutieren lässt…
Die Aliens, sie sind da - und leider nicht wirklich friedfertig. Statt uns Heilung von Krankheiten, den Weltfrieden und eine gesunde Umwelt zu bringen, sind sie eher an einigen wenigen Ausstellungsobjekten der Gattung Mensch interessiert.
Wie man den allmächtigen Sonnenkönig höchstselbst begeistert, dazu haben ein findiger Handwerker und sein kleingewachsener Bruder so ihre eigenen Ideen…
Die nächste Geschichte erinnert an beste Humphrey-Bogart-Zeiten: Ein heruntergekommener Detektiv wird von der Tochter eines früheren Freundes angeheuert, dessen Ableben aufzuklären. Zwar kein Zauber, nichts Übernatürliches, dafür aber jede Menge Noir-Flair…
Ein Märchen erwartet uns in dem nächsten Beitrag. Intelligente, sprechende Tiere überlegen sich, ob sie das Angebot eines Zauberfisches annehmen sollen, ihnen drei Wünsche zu erfüllen - und die Tiere kommen zu erstaunlichen Einsichten.
Der alten Mär vom Drachen, der Prinzessin und dem Ritter gewinnt Williams in der nächsten Story seine Eigenheiten ab.
Danach zieht es unseren Autor in die Weiten des Alls. Hier berichtet er uns in bester Space-Opera-Manier, wie sein Protagonist nicht nur dem Ehestand mit einer wahrhaft fiesen Alien-Dame entkam, sondern auch zu seinem eigenen Robot-Butler kam…
Dass Williams auch Horror kann, beweist sein „Drehbuch“ zu einem nägelkauend-gruseligen Film - mit über 140 Seiten, der längste Beitrag des Buches.
Höchst aktuell geht es zum Abschluss weiter. Williams stellt uns einen genetisch aufgerüsteten Selbstmordattentäter im Dienst des Herrn vor; eine Geschichte, die einmal mehr beweist, dass sich Anspruch, Aussage und Unterhaltungswert nicht ausschließen.
Wie man anhand dieser kurzen Zusammenfassungen unschwer erkennen kann, ist Williams ungeheuer breit aufgestellt. Klassische Fantasy, Orientalische Märchen, Tierfabeln bis hin zu Horror und SF reicht die Spanne. Verbindend ist in all diesen Geschichten, dass sie ihre Leser an die Seiten bannen, dass sie unterhalten und uns den Alltag vergessen lassen - wahrlich nicht das Schlechteste, was man über ein Buch sagen kann.