Tanja Kinkel: Manduchai - Die letzte Kriegerkönigin (Hörbuch)

Tanja Kinkel
Manduchai - Die letzte Kriegerkönigin
Ungekürzte Lesung von Tanja Fornaro
Argon, 2014, 14 CDs, ca. 1072 Minuten, ca. 28,00 EUR, ISBN 978-3-8398-1345-4

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Obwohl die Geschehnisse in dem Hörbuch „Manduchai - Die letzte Kriegerkönigin“ chronologisch nicht genau datiert werden, kann man die Geschichte auf das 15. Jahrhundert festlegen, denn zu diesem Zeitpunkt war die Fremdherrschaft über China in Form der Nachfahren Dschingis Khans (Yuan-Dynastie) von den Ming-Kaisern beendet worden (auf die wiederum die mongolische Qing-Dynastie folgen sollte, die letzte, bevor China zur Republik wurde).

 

Manduchai ist eine historisch belegte Persönlichkeit, die von ca. 1448 bis 1503 gelebt haben soll. Ihr legendärer Werdegang bietet genug Raum für Spekulationen und eine spannende Erzählung, wie sie von Tanja Kinkel gewoben wurde. Als gesichert gilt, dass Manduchai bis zu der Volljährigkeit ihres Ziehsohns Batu Möngke/Dayan Khan, dem letzten Nachkommen aus Dschingis Khans Linie, als Regentin fungierte, ihn trotz ihres Altersunterschieds heiratete und ihm acht Kinder gebar. Durch ihre Siege über konkurrierende Stämme erreichte sie die Einigkeit der Mongolen, die dadurch wieder zu einem Machtfaktor in China wurden.

Auch die Konkubine Wan Zhen’er ist keine Erfindung. Nachdem der entmachtete Kronprinz Zhu Jianshen (1428-1487) wieder in seiner ursprünglichen Position bestätigt worden war und als Kaiser Chenghua den Thron bestiegen hatte, nahm sie großen Einfluss auf seine Politik. Da der gemeinsame Sohn starb, ließ Wan Konkurrentinnen und deren Söhne ermorden, um den eigenen Status zu erhalten, ebenso die Kaiserin, weil diese schließlich doch mit einem Erben, Zhu Yutang, aufwarten konnte. Danach fiel Wan in Ungnade, und ihre Spur verliert sich.


Tanja Kinkels Roman beziehungsweise das Hörbuch schildert den Werdegang dieser beiden grundverschiedenen Frauen, die an einer Stelle mit den Damen eines Schachspiels verglichen werden. Beiden gemein ist, dass sie machtbewusst und bereit sind, alles dafür zu tun, um eine führende Position zu erlangen. Allerdings strebt Manduchai die Regentschaft zum Wohle ihres Volkes an und bringt dafür viele Opfer. Dame Wan hingegen ist egoistischer. Sie weiß, dass sie nur dann auf ein gutes und abgesichertes Dasein hoffen kann, wenn sie die Favoritin des Kaisers ist. Sie kennt keine Skrupel, als sie eine Chance sieht, ihn auf den Thron zu bringen und an seiner Seite zu bleiben.

Wie Manduchai vom kleinen Mädchen zur verantwortungsbewussten Anführerin der Mongolen heranreift und wie Wan sich von ihrer Stellung als Kinderfrau des abgesetzten Thronfolgers zur Konkubine und wichtigsten Frau an der Seite des Kaisers hoch kämpft, wird im Wechsel erzählt. Zum Verbindungsglied zwischen ihnen wird der Eunuch Ma Jing, von den Mongolen Murmeltier genannt.

Motiviert durch den Traum von einem besseren Leben verließ Ma Jing sein Heimatdorf und opferte seine Männlichkeit, um eine Anstellung im Palast zu erhalten. Nach einer Schlacht fiel er in die Hände der Mongolen, wurde zu Manduchais Diener und im Rahmen des Möglichen sogar ihr Vertrauter und Freund, später außerdem ein Helfer Wans. Auch er beteiligt sich als Vermittler an den gefährlichen Machtspielen und muss letztendlich begreifen, dass er niemals in einen höheren Rang aufsteigen wird, da er von den Mongolen keine vollständige Akzeptanz zu erwarten hat und sein eigenes Volk bzw. Wan leichten Herzens bereit sind, ihn für den eigenen Vorteil zu opfern. In den Augen aller ist er ein Verräter, obwohl er immer wieder zur Schadensbegrenzung beigetragen hat und gar nicht anders handeln konnte.


Manduchai und Wan verkörpern ihre jeweiligen Völker. Die Mongolen leben aktiv ihre Bräuche, sind ursprünglich und tapfer. Die Chinesen blicken zwar auch auf uralte Traditionen zurück, schaffen sich aber bei Bedarf neue, die Zivilisation hat sie verweichlichen lassen, und vieles ist bereits mehr schöner Schein als Sein. Natürlich gibt es auf beiden Seiten vorausschauende Persönlichkeiten, die bereit sind, mehr über den Feind zu erfahren und von ihm zu lernen, doch stellen sie eine Minderheit dar und können ihre Erkenntnisse nur sehr vorsichtig nutzbringend einsetzen. Wan und mehr noch Manduchai tun es trotz regelmäßiger Rückschläge mit Erfolg.

Als Leser beziehungsweise Zuhörer nimmt man Anteil am Schicksal der beiden Frauen, die mehr erreicht haben als man ihnen zugetraut hätte, mehr als viele andere Frauen in der Geschichte. Ihr Lebensweg ist spannend und detailreich aufbereitet, sodass man sich die Welt, in der sie leben, plastisch vorstellen kann. Tanja Fornaro liest mit angenehmer Stimme, und man lauscht gern ihrem Vortrag beim Erledigen der Hausarbeit oder während einer Fahrt. Schneller als man denkt, sind die 14 CDs durch - und der Roman war so fesselnd, dass man sie bei Gelegenheit wieder einlegen wird.

„Manduchai - Die letzte Kriegerkönigin““ ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der als Hörbuch besonders kurzweilig erscheint.