Golden Dogs 1: Fanny (Comic)

Golden Dogs 1
Fanny
(Golden Dogs Volume 01: Fanny)
Szenario: Stephen Desberg
Zeichnungen: Griffo (Werner Goelen)
Übersetzung: Horst Berner
Panini, 2015, Hardcover, 56 Seiten, 13,99 EUR, ISBN 978-3-95798-451-7

Von Frank Drehmel

England, 1820: selbst unbedeutende Verbrechen werden von der Justiz mit drakonischen Strafen geahndet. Davon hat jedoch die kleine Fanny wenig. Als ihr Vater ihre Mutter ermordet und auch  seiner Tochter die Kehle durchschneiden will, kann das Mädchen fliehen und setzt sich nach London ab, das Kindern kaum Perspektiven bietet.

Die Jahre vergehen und aus dem Kind ist eine junge, selbstbewusste Frau geworden, die ihren Lebensunterhalt als Hure bestreitet. Eines Tages taucht ein charismatischer Mann, James Orwood, in ihrem Etablissement auf und macht ihr ein „unmoralisches“ Angebot: Sie soll Mitglied in der besten Verbrechergang werden, die die Stadt jemals gesehen hat. Nach einem unschönen Erlebnis mit einem Freier stimmt Fanny schließlich zu und findet sich alsdann in der Gesellschaft Larios, eines begnadet singenden Kastraten und talentierter Mörders, der undurchschaubaren Lucrezia, die sie allerdings erst aus dem Gefängnis befreien müssen und die über mehrere Talente zu verfügen scheint, und eben des smarten, intellektuellen Orwoods wieder.

Nachdem ein erster Test-Coup erfolgreich inszeniert wurde, geht es nicht nur in der Londoner Verbrecher-Hierarchie weiter nach oben, auch die Ziele der Raubüberfälle werden gesellschaftlich relevanter. Bedauerlicherweise ziehen die vier, die sich nun Golden Dogs nennen, dadurch die Aufmerksamkeit der städtischen, gnadenlosen Justiz auf sich.


Sah man bei Panini bisher fast ausschließlich US-amerikanische Comics als veröffentlichungswürdig an - einige Ausnahmen bestätigen die Regel -, wendet man sich nun verstärkt der frankobelgischen Comic-Kunst zu und stößt mit einem eigenen Alben-Programm in jenes deutsche Comic-Markt-Segment, das noch vom Splitter-Verlag, von Carlsen und Ehapa dominiert wird. Zunächst sind zwei Bände monatlich geplant, wobei Neuausgaben neben deutschen Erstveröffentlichungen stehen werden.

Das erste von vier „Golden Dogs“-Alben ist dabei eine der Programm eröffnenden Serien, für das mit den Belgiern Stephen Desberg und Werner Goelen zwei Granden des frankobelgischen Comics verantwortlich zeichnen. Dementsprechend routiniert kommt die Geschichte zumindest erzählerisch daher: markante, charismatische Charaktere in einer fast schon klassischen Konstellation, sachte Erotik und übersichtliche Heist-Storys hinterlassen einen gefälligen und unterhaltsamen Eindruck; und das, obwohl Originalität und Tiefe im gesellschaftlichen Hintergrund und der Figurenpsychologie eher auf Sparflamme laufen. Die wiederholten Andeutungen des Erzählers über einen Verräter innerhalb der kleinen Gruppe und das Ende der Bande sind ein gleichermaßen einfacher wie funktionierender Trick, sich die Aufmerksamkeit des Lesers zu sichern.

Weniger gefällig als die Geschichte selbst ist das Artwork Griffos, das in seinem leicht skizzenhaften, einfach-klaren, mit Andeutungen operierenden Duktus unterm Strich zu grobschlächtig und lustlos wirkt, um eine stimmige oder intensive Atmosphäre aufkommen zu lassen.

Voll überzeugend ist das Album wiederum in technischer Hinsicht: ein satter Druck auf schweren Papier beweist, dass man (auch) bei Panini die Wünsche von Fans frankobelgischer Hardcover-Alben versteht.

Fazit: Eine unterhaltsame - wenn auch nicht sonderlich originelle - Geschichte mit starken Figuren, der selbst das grobschlächtige, lustlos wirkende Artwork nicht anhaben kann. Für Freunde  unaufgeregter, leichter und abenteuerlicher Storys empfehlenswert.