Sebastien de Castell: Blutrecht – Greatcoats 1 (Buch)

Sebastien de Castell
Blutrecht
Greatcoats 1
(Traitor’s Blade, 2014)
Übersetzung: Andreas Decker
Piper, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 446 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-492-70321-5 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Der kanadische Autor Sebastien de Castell lebt in Vancouver und wollte eigentlich Archäologe werden, entschied sich aber schon bei seiner ersten Ausgrabung dagegen und schlägt sich seither als Musiker, Projektmanager, Kampf-Choreograph und Schauspieler durch. Nun hat er auch das Schreiben für sich entdeckt, wie er mit der Reihe um die Greatcoats beweist.

Noch vor wenigen Jahren waren die Greatcoats eine direkt dem König unterstehende Elitetruppe, die in seinem Namen durch Tristia zog, um für Recht und Ordnung zu kämpfen. Aber dann wurde es alles anders. Scheinbar tatenlos sahen die eingeschworenen Männer zu, wie die Dunklen Herzöge den König erschlugen und die Macht an sich rissen. Dadurch sind die Greatcoats zu Verfemten geworden, Hochverrätern, denen nun ebenfalls der Tod droht. Um sich zu schützen, zerstreuten sich die Männer erst einmal in alle Winde und gingen in Deckung. Viele von ihnen wurden zudem zu Söldnern und Dieben oder Auftragsmördern.

Tristia ist mittlerweile im Chaos versunken. Die Willkürherrschaft der Herzöge hat für eine deutliche Schwächung des Reiches gesorgt, das nun auch Barbaren nutzen wollen, die schon länger an den Grenzen lauern. Deshalb erkennt Falcio, der ehemalige Anführer des Ordens, dass er seine Leute wenigstens ein letztes Mal zusammenrufen muss, um noch einmal gemeinsam zu reiten. Denn da ist immer noch ein letztes Versprechen, dass die Greatcoats ihrem König gaben und das bis heute nicht erfüllt ist. Und vielleicht ist es ausgerechnet das, was Tristia vor dem endgültigen Untergang retten kann, auch wenn sie selbst sich opfern müssen…

Serien wie „Game of Thrones“ haben es vorgemacht. Die Heroische Fantasy lebt heute nicht mehr unbedingt in Barbaren und dekadenten Reichen, dafür durch Ritter und Schurken, die zum Erreichen ihrer Ziele auch dazu bereits sind, nicht gerade legitime Methoden anzuwenden, auch wenn sie einst geschworen haben, für Recht und Ordnung einzustehen. Aber manchmal ist es wohl notwendig, sich auf das Niveau seiner Gegner hinabzubegeben.

Die Dunklen Herzöge werden nicht ohne Grund so genannt, sind sie sich doch nicht zu schade, mit fiesen Intrigen zu arbeiten und allerlei Gifte, manchmal auch dunklen Zauber, einzusetzen.

Um in die Welt einzuführen gibt es Einiges an Rückblenden, denn gerade Falcio erinnert sich immer wieder gerne an seinen Aufstieg zum Anführer der Greatcoats und den Fall seines Ordens. Das ist nicht immer klar voneinander getrennt, so dass man schon aufpassen muss, wo die Übergänge sind. Ansonsten liefert der Autor zwar eine solide aber nicht gerade herausragende Arbeit ab. Die Handlung ist ohne die Rückblenden eher dünn und überschaubar, die Figuren – selbst der Ich-Erzähler Falcio – entwickeln nicht gerade viel Profil. In den meisten erkennt man die Archetypen der modernen Fantasy-Geschichten wieder: Kriegsveteranen in allen Ausprägungen, zynische Hauptfiguren und Frauen, die auf den ersten Blick selbstbewusst erscheinen, aber trotzdem in ihren althergebrachten Rollenklischees verharren.

Es gibt viele Begegnungen und Gespräche, die die Geschichte eigentlich lebendiger machen sollen, tatsächlich wirkt die Handlung dadurch eher behäbig. Gelegentlich gibt es Konfrontation, Verrat und Duelle, um für Spannung zu sorgen, aber sie können auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erzählung gerade im Mittelteil eher Längen hat, weil sie in Geplänkel verfällt, das man schnell wieder vergisst.

Alles in allem ist „Blutrecht“, der erste Band der „Greatcoats,“ zwar ein solider Fantasy-Roman, ragt aber nicht aus der Masse gleichartiger Bücher heraus, weil mal zu viele Handlungsmuster und Klischees bereits kennt und auch die Wendungen der Geschichte nicht gerade überraschend sind.