Interviews

Im Gespräch mit: Manfred H. Rückert

1000 Bände der Bastei-Serie „Professor Zamorra“ wurden am 25. September 2012 erreicht, ein Anlass, der im Gespräch mit Manfred H. Rückert gebührend beleuchtet werden soll.

Hallo Manfred. Erst einmal ganz herzliche Gratulation zum Vierstelligen! Das haben in der phantastischen Heftszene ja nicht eben viele Serien geschafft. Was bedeuten die 1000 für Dich, für den Verlag und nicht zuletzt für die Serie?

Hallo Carsten. Band 1000, „LUZIFERS Plan“, bedeutet für mich einen Höhepunkt in meinem Schaffen, denn wann erhält man schon einmal die Möglichkeit, einen Roman mit der Nummer 1000 zu schreiben? Es war mir Ehre und Verpflichtung gleichermaßen, an diesem Roman mitschreiben zu dürfen. Für den Verlag wird es die Bestätigung beständiger guter Arbeit sein. Für die Serie selbst hoffe ich, dass wir mit Band 1000 viele neue Leser gewinnen konnten.

1000 Bände, das ist natürlich ein Ereignis, das auch mit den Lesern gefeiert werden muss. So habt ihr Ende September in Wetzlar einen speziellen Zamorra-Con ausgerichtet. Wie kam man auf die Idee, wie war der Zuspruch der Fans und natürlich derer, die hinter dem Produkt „Professor Zamorra“ stecken?

Wir Autoren haben den Con nicht ausgerichtet, es war die Veranstaltung eines Lesers, und ich bedanke mich herzlich für die Idee und die sehr gute Durchführung. Der Con war die Idee von Christoph Funke, einem ehemaligen Bekannten von Werner Kurt Giesa. Damit wollte er seine Verbundenheit zur Serie und besonders zu Werner zeigen. Nachdem Christoph leider erkrankte und seine Teilnahme absagte, übernahm Carl Holmes die Idee und den Versammlungsort, die Phantastische Bibliothek in Wetzlar. Der Con war überschaubar und hatte etwas Familiäres an sich; mir hat er gut gefallen. Wann hat man schon einmal die Möglichkeit, sich mit den Lesern – nicht nur über die Serie, sondern auch über private Angelegenheiten – zu unterhalten?

Der Verlag hat sich ja auch zum Fest einiges einfallen lassen. Das 1000. Heft hat unter anderem ein umlaufendes Cover, dazu eine 16seitige Zusammenfassung der Geschehnisse von Band 1 bis 1000 aus der kundigen Feder von Thilo Schwichtenberg zusammenfasst und, zumindest außen, ein neu gestaltetes Logo. Wer hat sich all die Besonderheiten einfallen lassen, war es schwer, den Verlag dazu zu animieren, das Erkennungslogo zu modernisieren und auch ein ganz spezielles Artefakt aus der Serie darin aufzunehmen?

Was Du aufgezählt hast, waren alles meine Ideen. Letztes Jahr erschien Band 300 von „Maddrax“, und anhand der Ausstattung dieses Romans dachte ich mir, dass wir unseren nächsten Jubiläumsroman so ähnlich ausstatten könnten. Bei unserer Herbstkonferenz 2011 lauteten meine Vorschläge für Band 1000:

  • ein umlaufendes Titelbild
  • eventuell eine Beilage oder Zusammenfassung der bisherigen Serienhandlung, die von einem Leser geschrieben wird, der sich sehr gut in der Serienhistorie auskennt
  • eine neue Covergestaltung ohne den schwarzen Rahmen
  • neues Logo, beziehungsweise neuer Schriftzug mit Merlins Stern
  • die Änderung der Rota-Seite (Seite 3 – hat leider noch nicht geklappt, aber ich bin zuversichtlich, dass das bald passiert)
  • Nicht angenommen wurden schon bei besagter Herbstkonferenz die Vorschläge:
  • Zeichnungen der Hauptpersonen
  • eine 6-teilige Spin-off-Serie

Es war nicht besonders schwer, die Verantwortlichen von einer Modernisierung zu überzeugen. Im Verlag arbeiten Profis, die wissen, welche Ideen ankommen. Die wunderbare Idee, Volker Krämer auf dem Titelbild zu würdigen, kam übrigens von meinem Kollegen Oliver Fröhlich.

Gerade in den letzten Jahren hat die Serie, haben die Macher, doch einige herbe Verluste erleiden müssen. Erst der Tod von Werner Kurt Giesa, dann ging mit Volker Krämer ein weiterer Lotse viel zu früh von Bord. Hat man, besser hast Du, damals geglaubt, dass es mit PZ weitergehen würde, stand man nicht vor einem gigantischen Berg und hast Du oder hat man mit dem Gedanken gespielt, letztlich alles Hinzuwerfen, die Serie kurzfristig zu einem in sich runden Ende zu führen?

Auf gar keinen Fall. Es ist nicht meine Art, bei Schwierigkeiten den Weg des geringsten Widerstands zu gehen – in dem Fall kann ich unglaublich stur sein. Werner Kurt Giesa und Volker Krämer waren beide nicht nur sehr gute Kollegen, sondern auch Freunde von mir. Es wäre mir wie Verrat an meinen verstorbenen Freunden vorgekommen. Abgesehen davon liegt diese Entscheidung weder beim „Zamorra“-Autorenteam noch bei mir.

Im umlaufenden Titelbild ist Volker ja gleich zweimal gewürdigt worden. Wie haben die Leser reagiert, haben alle das zweite, kleine und versteckte Bild entdeckt?

Die Reaktion auf das Titelbild, das von Arndt Drechsler gestaltet und schon Mitte Juni auf Facebook veröffentlicht wurde, war überwältigend – bis auf zwei Stimmen kam ausschließlich Lob dafür. Nur die wenigsten Leser haben das versteckte Bild entdeckt. Ich gestehe dass auch ich einige Zeit brauchte, bis ich es entdeckte.

Mittlerweile hast Du im Hintergrund immer mehr die Steuerung übernommen. Wie darf man sich als Leser den Schaffensprozess vorstellen? Trefft ihr Autoren wuch zum Brainstorming, wer entscheidet letztlich, in welche Richtung es geht? Und wer wacht mit Argusaugen darüber, dass letztlich alles in den Zamorra-Kosmos passt?

Ganz so ist es nicht. Die Steuerung habe ich nicht übernommen, denn was in der Serie geschieht, ist immer Teamwork. Ich bin vielleicht um einiges lauter und bestehe länger auf meinen Ideen als einige Kollegen, das ist alles. Aber dafür bin ich auch der dienstälteste Autor des Hauptteams. Und alte Männer dürfen grantig sein ... ;-)

Aus mir unerfindlichen Gründen gelte ich als Zamorra-Fachmann, ja, sogar als „lebendes Zamorra-Lexikon“, wie schon öfters ausgesagt wurde. Das stimmt aber überhaupt nicht. Ich weiß nicht alles über die Serie – wer kann sich schon explizit die Handlung und Daten von über 1000 Heften behalten? –, aber ich weiß, wo ich fast alles finden kann, nämlich in meiner umfangreichen Datenbank. Wenn es Fragen zu Personen, Handlungsschauplätzen oder alten Abenteuern gibt, auf die eingegangen wird, kontaktieren mich die Kollegen und ich versuche ihnen die benötigten Antworten so schnell wie möglich zu geben.

Das Autorenteam trifft sich zweimal im Jahr. Zu Beginn jeder Konferenz wird natürlich zuerst die hinter uns liegende Handlung reflektiert – was kam bei den Lesern gut an, was weniger gut –, danach erarbeiten wir gemeinsam die zukünftigen Handlungsstränge. Oder, um Oliver Fröhlich zu zitieren: „Wir spielen Ideen-Volleyball.“

Sobald die Handlung steht, erfolgt die Roman-Einteilung, hier jetzt in Ultra-Kurzfassung und ohne Gewähr, dass alles übereinstimmt: „zum Beispiel Autor MHR schreibt Band 1011 über das Thema Silbermond.“ So wissen wir mindestens ein halbes Jahr im Voraus, an welchen Terminen wir unsere Manuskripte abgeben müssen. Wir wissen, welcher Kollege den Vorgänger- oder Nachfolgerroman schreiben wird, was zur Abstimmung für den roten Faden äußerst wichtig ist. Schließlich arbeitet jeder von uns auch an anderen Serien mit, und da sollte man schon im Vorfeld versuchen, gewisse Fehler zu minimieren.

Zum Jubiläum habt ihr euch nicht nur äußerlich etwas Besonderes einfallen lassen, auch inhaltlich wird der Fan mit einem Zweiteiler verwöhnt. Auffällig dabei, dass dieser Roman in zwei Heften nicht nur jeweils von einem Autor verfasst wurde, sondern, dass ihr – Du und Christian Schwarz – die Hefte zusammen geschrieben habt. Warum kam es zu der Kooperation, wie habt ihr dabei die Aufteilung vorgenommen?

Die Idee, neun Hefte, auf einen Einzelroman, einen Zweiteiler und zwei Trilogien zu verteilen, kam von Oliver Fröhlich. Nachdem feststand, wer sich alles an dieser „Nonalogie“ – wie wir den Neunteiler intern oft etwas spöttisch nennen – beteiligt, schlug ich vor, die Romane von jeweils zwei Autoren schreiben zu lassen, um den Termindruck für jeden der Kollegen geringer zu halten. Allgemein ist es so, dass bei solchen Gelegenheiten jeder der Autoren einen eigenen Handlungsstrang besitzt. Wir wurden uns schnell einig, dass Christian Schwarz über LUZIFER selbst schreiben soll, während ich die Handlung um Zamorra beschreibe.

1000 Hefte bedeutet immer auch, dass auf den Neueinsteiger eine wahre Flut von Informationen einstürmt, die dem langjährigen Fan aus den Heften bekannt ist, die aber den Einstieg nicht eben erleichtern. Mit der Zusammenfassung der Geschehnisse in Band 1000 habt ihr dem Neuleser hier eine Hilfe an die Hand gegeben. Gibt es darüberhinaus Überlegungen einer Zäsur innerhalb der Handlung?

Nein. Wir wollen unsere Leser unterhalten und nicht verärgern. Bei jeder Zäsur oder jeder größeren Veränderung jubelt ein Teil der Leserschaft, während ein anderer stinksauer auf uns ist. Allerdings sind kleinere Veränderungen – wie der Tod eines Haupt- oder Nebenprotagonisten – immer wieder drin…

Nun ist es eine leider unleugbare Tatsache, dass Lesen nicht mehr in ist. Die neuen Medien haben gerade auch dem Heftroman viele Leser und Käufer abspenstig gemacht. wie siehst Du als Insider dies: quo vadis, „Professor Zamorra“?

Es wird immer noch viel gelesen, aber durch das Internet anders als früher. Alle Druckerzeugnisse haben damit zu kämpfen, dass die Auflagen kleiner sind als vor 20 oder 30 Jahren. An Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen.

Wäre eine eBook-Version der Serie ein denkbarer Weg?

Ich weiß es nicht, ich denke, dass die Auflage von „Professor Zamorra“ dafür nicht hoch genug ist. Aber da bin ich kein Fachmann.

Vielen Dank, dass Du uns Rede und Antwort gestanden bist. Wir wünschen Dir und „Professor Zamorra“ natürlich auch für die Zukunft alles Gute!

Ich habe zu danken!


Die Fragen stellte Carsten Kuhr.