F. Paul Wilson & Sarah Pinborough: Die letzte Plage (Buch)

F. Paul Wilson & Sarah Pinborough
Die letzte Plage
(A Necessary End)
Aus dem Englischen übersetzt von Kalle Max Hofmann
Titelillustration von Michael Potrafke
Luzifer, 2014, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 324 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-95835-014-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Einst war er die Wiege allen Lebens: Afrika, der schwarze Kontinent. Doch jetzt kommt der Tod ausgerechnet von dort. Ein Witz der Geschichte, oder doch nur folgerichtig, fragen Sie? Nun, keine Ahnung, ich weiß es nicht, die Journalisten wissen es ebensowenig wie die Wissenschaftler oder die Politiker. Tatsache ist, dass die Mücken aus Afrika längst ganz Europa erreicht haben und das Virus, so es denn eines ist, sich ausbreitet.

Alles begann in der Demokratischen Republik Kongo. Man wollte die dort besonders grassierende Schlafkrankheit ausrotten, bestrahle Tsetsefliegen mit Gamma-Strahlen. Kurz darauf brach der Kontakt zu und mit der DRK ab. Internationale Hilfskonvois fanden nur menschenleere Ansiedlungen und Millionen von Fliegen, deren Speichel eine tödliche Reaktion des menschlichen Immunsystems hervorruft.

Kurz darauf kam es zu ersten Ausschreitungen. Religiöse Fanatiker sehen in der Plage eine Strafe Gottes, die wenigen Immunen, Mungus genannt, als Propheten von Gottes Willen. Übers Mittelmeer und durch Selbstmordattentäter verbreiten sich die tödlichen Fliegen auf der ganzen Welt, der Untergang der Menschheit scheint unaufhaltsam.

Manche Menschen sehen die Plage als Gottesgericht, suchen und finden in der Heimsuchung ihren Glauben wieder und verschreiben sich, ihr Leben und ihre Zukunft ganz der Religion. Sie entblößen ihre Haut, setzen sich ganz bewusst der Gefahr, gebissen zu werden, aus. Auch eine Form, seine Überzeugungen auszutesten.

Abby, die Frau des Enthüllungsjournalisten Nigel, gehört zu denen, die neuen Halt in ihrer wiedergefunden tiefen Religiosität finden. Ganz anders ihr Mann. Nigel hat die vermeintliche Herkunft der Mutation der Fliegen aufgedeckt und trägt moralische Schuld daran, dass die Familie dessen, den man als Schuldigen enttarnt zu haben glaubt, grausam gelyncht wird.

Auch als Buße dafür macht er sich in einer Welt, die in den Untergang taumelt, daran, einen verschwundenen dunkelhäutigen Jungen zu suchen. Die Spur führt zum Propheten der Mungos…

F. Paul Wilson ist dem deutschen Leser insbesondere durch seine packenden phantastischen Romane um Repairman Jack beziehungsweise Handyman Jack (dt. Goldmann beziehungsweise Festa) und einige Medizin-Thriller ein Begriff. Vorliegend geht er in Zusammenarbeit mit der britischen Jugendbuch-Autorin Sarah Pinborough ungewöhnliche Wege. Dabei vereinen sie Elemente eines Weltuntergang-Szenarios mit religiösen und medizinischen Fragen, um uns an die Seiten zu fesseln.

Aus der Sicht einiger weniger Protagonisten schildern sie uns die Auswirkungen der Plage. Furcht und panische Angst greifen um sich, die nicht unbedingt das Beste in den Menschen wecken. Hamsterer, Plünderer und Verbrecher sind unterwegs, die öffentliche Ordnung bricht zusehends zusammen. Das wirkt in seiner Ausgestaltung erschreckend real und glaubhaft, mühelos konnte ich die Motivation der Figuren nachvollziehen, mich selbst, einer solchen Situation vorausgesetzt, wiedererkennen.

Neben der erschreckenden Kulisse des Zusammenbruchs aller gesellschaftlichen Konventionen haben es die Autoren verstanden, den Leser mit weiteren Geschichten zusätzlich zu fesseln.

Vor unseren Augen entpuppt sich ein Beziehungsdrama einer Ehe, deren Paar sich auseinandergelebt hat. Dazu kommt die fast schon detektivisch anmutende Suche nach dem verschwundenen Zweijährigen, die Nigel in Kontakt mit dem Propheten bringt. Das Augenmerk der Autoren liegt dabei vornehmlich auf der glaubwürdigen Darstellung der Gefühlswelt ihrer Figuren, die uns, jede auf ihre Art, ans Herz wachsen.

So ist dies ein ungewöhnlicher Weltuntergangsthriller, der sich des Themas aus einem ungewohnten Blickwinkel annimmt und überraschende Fragen stellt.