Saria 1: Die drei Schlüssel (Comic)

Saria 1: Die drei Schlüssel
(Saria: Les trois clés)
Text: Jean Dufaux
Zeichnungen: Paolo Serpieri
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2013, Hardcover, 64 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-86869-610-3

Von Frank Drehmel

Wir schreiben das Ende des 21. Jahres in der Ära des Domitius. Venedig: Auf dem Sterbebett vermacht der Bruder des Dogen seiner Tochter Saria drei Schlüssel, von denen einer die Pforte zur Hölle öffnet, einer die Pforte zum Himmel und der dritte die Pforte ins Nichts, wobei der Alte nicht weiß, welcher Schlüssel zu welchem Schloss gehört. Kaum dass sie das Vermächtnis entgegengenommen hat, muss Saria, unterstützt von ihrem treuen Freund Orlando, aus dem Palast fliehen, da nicht nur die Büttel des Dogen im Anmarsch sind, sondern auch der düstere Hüter der Pforte, der Engel Galadriel.

Sechs Jahre später: unter dem Namen Luna hat es Saria – unerkannt von ihren Verfolgern – beim einfachen Volk zu einem gewissen Ansehen gebracht, da sie sich der Willkürherrschaft des Dogen und seiner Lakaien gleichermaßen demonstrativ wie legal widersetzt. Ihr geradezu revolutionäres Auftreten zieht nicht nur die Aufmerksamkeit des Herrschers auf sich, der sich der Unruhestifterin entledigen will, ohne sie zur Märtyrerin zu machen, sondern auch die Beachtung Galadriels. Bevor sich der Engel allerdings der jungen Frau zuwendet, versucht er zunächst, Luna mit Hilfe des korrupten Klerus und mittels Folter zu finden.

Luna alias Saria versucht ihrerseits, den Ort der Engelspforte zu finden, wobei sie sich der Hilfe des jungen Ricardo versichert, da ihr alter Freund Orlando schwer erkrankt im Sterben liegt. Nahe des Fundamentes eines in den verseuchten Wassern der Lagune stehenden Gebäudes finden die beiden erste Hinweise auf die Pforte, doch die Häscher ihres Onkels und der düstere Engel sind ihnen dicht auf den Fersen.

Was sich auf den ersten Blick wie eine phantastische Historien-Schmonzette ausnimmt, ist ein mitreißender Mix aus Fantasy und reinstem Steampunk. Davon, dass die Story nicht in einem historischen Venedig angesiedelt sein kann, zeugt schon das erste Bild, auf dem ein der Renaissance entstammendes Gebäude von alienhaft wirkenden Rohren und Kabelsträngen um- und überwuchert ist. Im Laufe der Story wird spätestens mit dem Auftreten des Dogen aus der Ahnung Gewissheit, da der Herrscher ein cybernetisches Wesen zu sein scheint, das entweder durch Magie oder eine unerklärte Technik am „Leben“ gehalten wird.

Autor Dufaux schert sich nicht um irgendwelche Genre-Grenzen, sondern entwickelt ein frisches und originelles Crossover aus historisierender Fantasy, Science Fiction, Mantel- und Degen-Abenteuer und Horror, garniert mit Crime-Elementen; das Ganze ist nicht in jedem Moment logisch oder plausibel, aber immer spannend inszeniert, wobei sich allerdings die per se interessanten Figuren in der Fülle der Ideen und Ansätze verlieren und etwas eindimensional wirken.

So fesselnd die Story, so gefällig das Artwork Serpieris: das augenfälligste Merkmal der Zeichnungen, bei denen zwar überwiegend ganz die Figuren im Mittelpunkt der Bilder stehen, das aber auch mit beeindruckenden Totalen aufwartet, ist die Klarheit der Kontur gebenden Strichführung in Verbindung mit einer Vielzahl von unterschiedlichsten, geradezu exzessiv bemühten Schraffuren, die dazu dienen, Elementen Volumen und Kontrast zu geben. Zusammen mit der zwar realistischen, aber in den Bunttönen deutlich gedämpften Koloration vermittelt das Artwork einen äußerst lebendigen, texturreichen Eindruck, der aufgrund seiner Fülle ab und an allerdings ins Breiige, Unbestimmte abrutscht.

Fazit: Das insgesamt originelle Setting mit seiner Mischung aus historischer Fantasy, Steampunk und Horror sowie das reichhaltige, lebendige Artwork machen diesen ersten Band zu einem brandheißen Tipp.