Horacio d’Alba 1: Republik der Ehre (Comic)

Horacio d’Alba 1
Republik der Ehre
(Horacio D'Alba: La république du point d'honneur)
Szenario: Jérôme Le Gris
Artwork: Nicolas Siner
Übersetzung: Tanja Krämlig
Splitter, 2012, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-437-6

Von Frank Drehmel

Italien, 16. und 17. Jahrhundert: Jahrzehnte von Kriegen haben ein zerrissenes, ausgelaugtes Land hinterlassen, sodass die kriegsmüden Herzöge, Prinzen und Condottieri einen fragilen Frieden beschließen, dessen Grundlage altrömische Prinzipien und ein altertümliches Bild von Ehre bilden.

Händel zwischen einzelnen Parteien sollen fürderhin in Duellen ausgefochten werden, wobei sich die Kontrahenten durch Dritte vertreten lassen dürfen. Infolge dieser Konstruktion erlebt die Profession des Berufsduellanten eine wahre Blüte und an berühmten Akademien lernen Männer wie Frauen ihr mörderisches Handwerk. Die berühmteste dieser Tötungsschulen ist die Demokratische Akademie unter ihrem berüchtigten achten Duellanten-Prinzen Horacio d’Alda. Der gestandene Mann erschoss einst seine Ehefrau, Niobee, den Ehre-Regeln entsprechend in einem Duell, das die beiden für verfeindete Händler ausfochten, und machte so den gemeinsamen Sohn, Julius, zum, Halbwaisen.

Mittlerweile ist Julius zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen, der seinem Vater den Mord an der Mutter zwar nicht vergeben hat, der aber ansonsten mit seinem Schicksal im Reinen ist und nicht den Tod seines Erzeugers wünscht. Stattdessen gilt sein ganzes Streben der Abschaffung eines in seinen Augen pervertierten Justiz-Systems, in dem sich die Reichen das Recht durch Anheuern der Crème de la Crème von Mördern gleichsam kaufen können. Und der Junge ist nicht alleine, denn die neue Gesellschaftsordnung hat einen mächtigen Fürsprecher: Senator Rembrandt, der mit flammenden Reden im Senat immer mehr Streiter hinter sich versammelt und der Italien in das Lager der Zivilisation zurückführen will.

Für Horacio d’Alba und seinen Stand stellt der Mann damit eine Gefahr dar, die es zu beseitigen gilt. Zu diesem Zweck schließt er einen Pakt mit dem Führer – Silas – einer rivalisierenden Akademie. Die beiden Männer schicken jeweils ein Trio aus Duellanten, das dem Senator den Garaus machen soll. Und nicht nur von dieser Seite droht Rembrandt und seinen Anhängern Ungemach, denn der Papst, der ihren Ideen bisher offen gegenüberstand, liegt im Sterben.

Während dieser erste Band künstlerisch zu überzeugen vermag, ist die Geschichte selbst von eher zweifelhafter Qualität. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass sich die Story geschichtlich kaum einordnen lässt, da die Grenzen zwischen Fiktion und Historie für den Unkundigen schlichtweg nicht erkennbar sind. Der daraus resultierende Zweifel an jeglicher Authentizität beraubt die Geschichte eines nicht zu vernachlässigenden „didaktischen“ Mehrwertes, den Alben-Reihen wie „Der tönerne Thron“ oder „Der schreckliche Papst“ zweifelsohne aufweisen, und reduziert die Handlung auf einen recht melodramatischen und pathetischen Vater-Sohn-Konflikt vor einem vage historischen Hintergrund, der mit einigen Intrigen und altertümlicher Action angereichert ist.

Wenig befriedigend sind auch die Charakterzeichnungen Jérôme Le Gris’. Gerade die Haupthandlungsträger bleiben erschreckend eindimensional und hölzern, während einige Nebenfiguren immerhin zumindest nicht uninteressant und langweilig wirken.

Ist die Geschichte also eher schwach, so kommt Siners Artwork durchaus erfreulich daher: mit feinem Strich, dem ein rauer, roher Unterton innewohnt, widmet er sich in seinen eher kleinformatigen Panels geradezu akribisch historisierenden Elementen wie Kostümen und zeitgenössischer Architektur, wobei er allerdings nicht die Meisterschaft eines Theo Caneschis („Der schreckliche Papst“, „Der tönerne Thron“) erreicht. Zudem weisen seine Figuren zumindest innerhalb der Story eine so große visuelle Markanz auf, dass sie jederzeit als eigenständige Charaktere wahrgenommen werden.

Fazit: Eine eher platte Story mit eindimensionalen Figuren, der es nicht nur an Spannung sondern auch an historischer Authentizität mangelt, deren gefälliges Artwork aber immerhin das Schlimmste zu verhindern weiß. Wer also Spaß an Kostüm- beziehungsweise Mantel-und-Degen-Abenteuern hat und nicht zuviel Wert auf historische Aspekte und Handlungstiefe legt, kann bedenkenlos zugreifen.