Sun Koh – Der Erbe von Atlantis 6: Fahrt durchs Weltall, Paul Alfred Müller (Buch)

Sun Koh – Der Erbe von Atlantis 6
Fahrt durchs Weltall
Paul Alfred Müller
Titelillustration von Fritz Lattke
Verlag Dieter von Reeken, 2014, Paperback, 478 Seiten, 27,50 EUR, ISBN 978-3-940679-83-3

Von Carsten Kuhr

Pünktlich wie die Maurer, so das geflügelte Wort dafür, dass jemand seine Termine einhält. Auf Dieter von Reekens Neuausgabe der legendären Heftreihe aus den 30er Jahren kann man jenen Ausdruck natürlich auch anwenden. Man kann förmlich die Uhr danach stellen, wie regelmäßig und zuverlässig das Mammutprojekt der Neuausgabe verwirklicht wird. Gerade weil wir in der Vergangenheit bei dem Schweizer Verlag SSI eher mit Verzögerungen und Absagen unsere liebe Not hatten, fällt die Pünktlichkeit hier umso mehr positiv auf.

Und der Inhalt der diesmal publizierten Heftromane lässt den Autor erneut zu Höchstform auflaufen: phantastische Bühnen, Spekulationen über das, was technisch zukünftig möglich sein könnte, und packende Abenteuer gegen fiese Schurken – das Herz des Lesers schlägt unweigerlich höher.

Mit dabei ein über vier Hefte andauernder Handlungszug, der sich so packend wie kaum ein anderer mit dem Überleben unserer Helden im wilden Dschungel des Amazonas-Deltas beschäftigt und diese dort auf die Nachfahren der Welser und Inka treffen lässt.

Den Auftakt aber macht zunächst der Diebstahl eines revolutionär neuen U-Bootes der US-amerikanischen Marine. Das Unterseeboot macht kurz nach seinem Raub überall von sich reden. Die Besatzung des Piratenschiffs überfällt Luxuskreuzer und raubt sich ein Vermögen zusammen. Als die Freibeuter aber Sun Koh gefangennehmen, geht es ihnen an den Kragen. Erstaunlich dabei, dass vorliegend nicht etwa das Loblied auf die vermeintliche technische Überlegenheit Deutschlands gesungen wird, sondern das revolutionär überlegene U-Boot aus amerikanischer Fertigung stammt.

Was wäre, wenn man aus der Stärke, die sich in Nahrungsmitteln findet, Energie gewinnen könnte? Gingen nicht alle Ölmagnaten und Stromproduzenten über Nacht ihre lukrativen Einkünfte verlustig? Als einem armer Clochard, den ein skrupelloser Unternehmer um sein Erspartes gebracht hat, ein Bündel mit entsprechenden Forschungs-Aufzeichnungen buchstäblich vom Himmel in die Hände fällt, entschließt er sich, die Gunst der Stunde zu nutzen. Bevor er als ehrlicher Finder die Forschungsergebnisse zurückgibt, will er an einem Ölmagnaten Rache üben. Dass er dabei dessen patente Tochter kennen und lieben lernt war ebenso wenig vorgesehen, wie der Absturz Beider über dem Urwald Yucatans.

Es folgt ein Handlungsabschnitt, der den SF-Fan besonders in seinen Bann ziehen wird. Die Verwechslung eines Hutes im Café bringt einen findigen Reporter auf die Spur eines Spions. Im Auftrag Sun Kohs wird an einer Weltraum-Rakete gebaut, und die Spione aller Staaten geben sich die Klinke in die Hand. Kaum, trotz aller Widerstände und Sabotageversuche fertiggestellt, reisen unsere Abenteurer dank künstlicher Schwerkraft komfortabel zum Mond und Mars. Auf Luna treffen sie dabei auf Miniaturmenschen. Man merkt diesem Plot an, dass sich PAM im und mit dem Weltraum sichtlich unwohl fühlt. So überzeugend seine Ausführungen auch teilweise sind – insbesondere die Weltraum-Anzüge erinnern frappierend an die Realität – ist der Weltraum für den überzeugten Anhänger der Hohlwelt-Theorie keine Bühne, auf der er frei und unbeschwert zu fabulieren weiß.

So kehrt er schnell zurück auf den festen Boden des Planeten und stellt Nimba unter den Verdacht, nicht nur Diamanten von den Tauchern gestohlen zu haben, sondern auch einen der Diamantensucher ermordet zu haben. Kaum wurde der Verdacht, hinter dem sich ein fieser Verbrecher verbarg gelöst, lässt Müller einen humanoiden Roboter Verbrechen in Rio den Janeiro begehen.

Dann kommt über 4 Hefte einer, wenn nicht der packendste Plot des Bandes. Voller erzählerischer Wucht berichtet uns Müller in farbenprächtigen Bildern von den Schönheiten aber auch den Gefahren des Dschungels am Amazonas. Wir begegnen Piranhas, Schlangen und Kaimanen, werden von der heimtückischen Malaria geplagt, von Indianern gejagt und begegnen einem perfekten Staat, in dem das Gemeinwohl über allem steht. Dass der Autor hier sehr deutlich eine reine Rassenlehre predigt mag dem Zeitgeist geschuldet sein und ist sicherlich kritisch zu betrachten, mindert aber die Faszination, die von den spritzigen Dialogen und der Beschreibung der Naturwunder ausgeht, nicht. Hier erleben wir einen Müller, wie wir ihn kennen und schätzen: Voller Begeisterung berichtet er uns von den Schönheiten der Natur, schwelgt in der grünen Hölle des Amazonas und entführt den Leser in diese so prächtige und vor Leben überbrodelnde Natur. Geschickt greift er die kaum bekannte Expedition der Welser nach Südamerika auf, verbindet sie mit einem Inka-Stamm und sorgt so für ein weiteres Highlight.

Zum Finale geht es dann in Zeiten der Wirtschaftskrise mit einem arbeitslosen Chemiker nach San Francisco, wo dieser fälschlich des Mordes an einem Erfinder beschuldigt wird.

Das Gebotene hat auch heute noch, weil über 80 Jahren nach seiner Erstveröffentlichung, das Potential seine Leser an die Seiten zu bannen, sie zu unterhalten und den Alltag vergessen zu lassen. Einmal mehr zeigt PAM, dass er ein geborener Erzähler war, der es wie kaum ein anderer verstand, seine Leser in exotische Welten voller Geheimnisse, Abenteuer und phantastischer Anspielungen zu entführen.