Der Rote Korsar Gesamtausgabe 3: Das Schiff der verlorenen Seelen (Comic)

Der Rote Korsar Gesamtausgabe 3
Das Schiff der verlorenen Seelen
(Barbe-Rouge: L’intégrale 3: Le Vaisseau fantôme; L’Ile de l’Homme mort; Le Piège espangnol)
Szenario: Jean-Michel Chalier
Zeichnungen: Victor Hubinon
Übersetzung: Hartmut Becker u.a.
Ehapa, 2014, Hardcover, 160 Seiten, 29,99 EUR, ISBN 978-3-7704-3755-9

Von Frank Drehmel

Auf der Flucht vor den spanischen Häschern haben während eines karibischen Orkans der Rote Korsar und die Mannschaft des „Schwarzen Falken“ auf hoher See eine unheimliche Begegnung: Mit gerefften Segeln treibt ein düsterer Segler auf sie zu, offenkundig menschenleer und mit einer zerfledderten Piratenflagge am Mast. Auch wenn seine Mannschaft vor Aberglauben erzittert, zwingt sie der Rote Korsar, den geheimnisvollen Segler zu entern.

Es stellt sich heraus, dass dieses alte Schiff, die „Bloodhunt“, einst unter Befehl des berüchtigten Käpt’n Morgans stand, dem gefürchtetsten Piraten aller Zeiten, und dass in den Überresten des Seglers der Weg zum legendären Schatz des Freibeuters verborgen ist. Der Rote Korsar gibt daraufhin den Befehl, Segel Richtung Kap Hoorn zu setzen, einer Region, die von allen Seeleuten wegen des extreme Klimas gefürchtet wird. Dementsprechend schlecht ist die Stimmung unter den Matrosen, sodass sich der Kapitän gezwungen sieht, zunächst die Laune durch einen Überfall auf die spanische Inselstadt Vera Cruz zu verbessern. Zwar gelingt der Überfall, aber als der Rote Korsar und seine Getreuen an Bord des „Schwarzen Falken“ zurückkehren wollen, erkennen sie, dass der Rest der Mannschaft gemeutert und die Gewässer vor der Insel verlassen hat. Für die Zurückgelassenen gibt es damit kein Entkommen vor den Bluthunden der spanischen Sklavenjäger.

Der Anführer der Meuterer – der erste Offizier Morales – hingegen hält Kurs Richtung Frankreich, um Rick auszuschalten, den Ziehsohn des Korsaren, den einzigen Mann, der seinen Plan, den Schatz Käpt#n Morgans zu heben, vereiteln könnte. Doch der Schurke hat nicht mit der Loyalität Einbeins und Babas gerechnet, denen es im letzten Moment gelingt, Rick zu retten. Gemeinsam, mit neuer Mannschaft und im Glauben, der Rote Korsar sei tot, brechen auch sie nun zur Totenkopfinsel auf, dem Ort des legendären Schatzes. Und auch sie müssen die eisige Hölle von Kap Hoorn umrunden, verfolgt von Morales. Trotz aller Widrigkeiten erreichen sie ihr Ziel, werden aber von den Eingeborenen der Insel an ihre Verfolger verraten…

Was sofort positiv ins Auge fällt, sobald man den Sammelband aufgeschlagen hat, ist die verglichen mit den beiden ersten Bänden merklich kräftigere, sattere Koloration. Dadurch wirkt das Artwork insgesamt deutlich dynamischer und lebendiger, obgleich die Zeichnungen selbst wie gehabt und nach heutigen Maßstäben bei aller Kunstfertigkeit, narrativer Raffinesse und Authentizität eher betulich daherkommen.

Charliers Story wartet wiederum mit einem fesselnden Erzählfluss auf, einem Auf und Ab von Spannungsbögen, die durch einen starken roten Faden miteinander verwoben sind und in denen der erzählerische Fokus auf Exotik und bewährtem Abenteuer liegen. Zwar stellt nicht jede Szene einen Ausbund an Originalität und Ideenreichtum dar, aber betrachtet man die Story als Ganzes, so sorgt Chaliers Kunst für kurzweilige Unterhaltung.

Hervorzuheben sind an dieser Stelle dabei zwei Aspekte: Verrat und Egoismus lauern erstens weiterhin selbst hinter scheinbar harmlosen Fassaden und zweitens ist Rick – die Hauptfigur des Settings – alles andere als eine freundliche Person. Statt Mitgefühl legt er eine verstörende Härte und Rücksichtslosigkeit an den Tag, die sich zwar aus dem Story-Kontext heraus erklärt und die auch dem psychologischen Konzept eines Entscheiders und Machers Rechnung trägt, die aber andererseits nur wenig Raum für Sympathien seitens des Lesers lässt.

Fazit: Visuell alleine aufgrund der kräftigeren Farbgebung deutlich ansprechender als Band 1 und 2 der Reihe; und erzählerisch nach wie vor ein unterhaltsames Piratenabenteuer, das durch historische und nautische Authentizität zu überzeugen weiß.