Neal Shusterman: Die Rache – Vollendet 3 (Buch)

Neal Shusterman
Die Rache
Vollendet 3
(UnSouled, 2013)
Aus dem Englischen von Anne Emmert und Ute Mihr
Sauerländer, 2014, Hardcover, 528 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7373-5047-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Die „Vollendet“-Reihe wurde zum Durchbruch für den langjährigen amerikanischen Drehbuch- und Roman-Autor Neal Shusterman. Nun ist auch der dritte Band, „Die Rache“, erschienen und spinnt das Schicksal von Connor und Co. weiter.

Der „Friedhof“ ist zerstört, viele Jugendliche sind tot und noch mehr in Gefangenschaft. Nur wenige sind dem Zugriff der Jugendpolizei und anderer staatlicher Kräfte entkommen und auf der Flucht quer durch das Land, so wie Lev und Connor, die in einem Indianer-Reservat Zuflucht finden und dort nur hoffen können, dass die Anti-Umwandlungs-Front weiter bestehen bleibt.

Denn es sieht momentan sehr schlecht aus. Die Gefangenen sollen ihrem Schicksal überantwortet – das heißt, umgewandelt werden. Sie müssen sterben, um anderen Menschen zu helfen – nicht nur durch Organspenden, mittlerweile gibt es auch Operationen, um die Schönheit zu verbessern, das Leben unnatürlich zu verlängern und die Intelligenz zu steigern, was Schulen teilweise unnötig gemacht hat.

Risa, die schon früher erwischt wurde und zum Flaggschiff der Umwandlungs-Befürworter gemacht werden sollte, ist es endlich gelungen zu fliehen. Ein Transplantat hat sie zwar geheilt, so dass sie wieder laufen kann, aber dankbar ist sie dafür nicht – erlebt sie doch unter den normalen Menschen und in einem Schönheitssalon nun mit, wie sehr das System mittlerweile pervertiert ist.

Und auch Starkey hat mit ein paar seiner Leute überlebt und beschließt sich nun einen Namen zu machen, indem er aggressiv gegen alle vorgeht, die ausgesetzte Kinder wie ihn als erste dem System opfern – sei es nun in den Familien oder aber in den Erntecamps selber. Dabei schreckt er auch vor Mord nicht zurück.

Der zweite Band endete mit einem Schlag gegen die Jugendlichen – und die trübe Stimmung setzt sich erst einmal fort. Genüsslich walzt der Autor jedoch aus, welche Blüten der Handel mit dem Körper der Jugendlichen bereits treibt – man mag noch die Eltern verstehen, die ihre Kinder damit zu retten versuchen, nicht aber die, die ihren Nachwuchs mittels Operationen optimieren und sich mittels Geld den Ärger über die Lehrer und die Schule ersparen, indem den privilegierten Jungen und Mädchen einfach die Intelligenz und das Wissen implantiert werden. Vor allem Risa kann Einiges miterleben.

Derweil bleibt Connor eher inaktiv; die Leitfigur der Rebellen und Flüchtlinge ist schwach und hilflos den Umständen ausgeliefert und versucht gar nicht erst, wieder in seine Rolle als Anführer zu schlüpfen. Stattdessen übernimmt Starkey den aggressiven und aktiven Part – aber ob er dabei der Sache der Anti-Umwandlungs-Front zuträglich ist, bleibt doch eher fraglich.

Interessant sind auch die Rückblicke in die Vergangenheit, die ganz langsam einen Bogen zur Gegenwart des Buches schlagen und einen Funken Hoffnung aufkeimen lassen.

Auch diesmal mag zwar Einiges passieren, aber die Handlung bleibt dennoch wieder mäßig spannend, da sich der Autor weiterhin auf die Figuren konzentriert und ihre vielen verschiedenen Facetten herausarbeitet, Vorbilder demontiert und neue Hoffnungsträger weckt.

Alles in allem bleibt die Welt aber dennoch sehr blass und schwammig, da sich alles nur auf das Schicksal der Wandler konzentriert und man sich den Rest nicht wirklich vorstellen kann. Aber es reicht dennoch wieder aus, um weiter nachdenklich zu machen und sich zu fragen, wie lange ein solches System Bestand haben kann und ob es auch ausgehend von unserer Gesellschaft eines Tages möglich werden könnte.

„Die Rache“ spinnt die düstere Zukunftsvision „Vollendet“ von Neal Shusterman konsequent weiter und sorgt dafür, dass auch diesmal die Leser immer wieder aufhorchen oder den Kopf schütteln können, denn die Ereignisse und Beobachtungen, so banal sie auch sein mögen, gehen bei genauerem Hinsehen unter die Haut und heben die Geschichte aus der Masse gleichartiger Dystopien heraus, zumal sie sich nicht nur an Mädchen, sondern auch an Jungen richtet.