Edward Lee: Monstersperma (Buch)

Edward Lee
Monstersperma
(Going Monstering)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michael Krug
Titelillustration von Dorian Cleavenger
Festa, 2014, Paperback, 202 Seiten, 12,80 EUR (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Sie alle kommen aus gutem Hause – sonst wären sie nicht auf ein teures College mitten im Nichts verbannt worden, in dem sie ihre letzte Chance erhalten: entweder, ein guter Abschluss, oder aus ist es mit dem warmen Geldsegen von Papas Konto. Doch selbst hier gibt es Unterschiede. Nicht unbedingt die monetäre Ausstattung betreffend, mehr die äußere Erscheinung und der geistige Witz.

Bei manchen der Studentinnen helfen selbst ein Schönheitschirurg und eine ganzes Heer von Nachhilfelehrern nicht. Und da kommt das Alpha-House, die Studentinnen-Bewegung schlechthin, ins Spiel. Nicht nur, dass sie, wie auch immer ist ihr Geheimnis, aus den hässlichen Entlein hübsche Küken zaubern, auch der Notendurchschnitt der Verbindungsmädels setzt sich bei voller erreichbarer Punktzahl fest.

Doch bevor man dem elitären Kreis beitreten darf, gilt es, eine Woche der Prüfungen zu überstehen. Die erste Hürde, die die Aspirantinnen nehmen müssen, ist, dass sie noch jungfräulich sind. Und danach beginnt eine Woche, die für unsere Prüflinge mehr bereithält, als sie je erahnten. Immer wieder werden sie sexuell erniedrigt, verleitet, nie gezwungen, abartigste sexuelle Handlungen an und mit Pennern, Veteranen und Tieren zu vollziehen.

Das Motto des Alpha-Hauses lautet: Saug’und schluck – und dies wird weidlich getan, wobei auch die Kehrseite der dicken Mädchen und ihr Schließmuskel brutal geweitet werden. Dass weit mehr hinter den Massenbesamungen steckt als erwartet, dass ein gewisses verbotenes, ja legendäres Buch eine bedeutende Rolle spielt, sei erwähnt; der Fokus bleibt auf den unappetitlichen, grell beleuchteten pornographischen Szenen.

Wie Edward Lee, der im September 2014 einer der Ehrengäste auf dem Leipziger Elstercon war ,dort nochmals ausdrücklich bestätigte, schreibt er das, was er selbst gerne lesen würde.

Dabei unterscheidet er zwischen massentauglichem, etwas gemäßigtem hartem Horror mit expliziten Beschreibungen des Aktes, die auch in den USA bei einem der Großverlage erscheinend zigtausendfach über den Ladentisch gehen; und Titeln für eine spezielle Klientel. Letztere sind Novellen und Kurzromane, die in Kleinverlagen publiziert das Abartige, das Verwerfliche des obszön Perversen feiern. Dabei überschreitet der Autor ganz bewusst die Grenzen des guten Geschmacks, badet in Blut, Gewalt und nutzt gängige pornographische Szenen um diese übersteigernd in sein grellbuntes Bild eines hormongeschwängerten Jugendlichen ohne jeglichen Geschmack zu integrieren.

Das nimmt dann vorliegend fast schon grotesk zu nennende Züge an, wenn die Damen literweise Sperma schlucken dürfen, oder ihr Darm in einer weißen Flut zu platzen droht. Und genau da zeigt sich, dass der Autor vorliegend weit übertrieben hat, das ewig gleiche Thema nutzt sich ab. Saugen und Schlucken allein oder kombiniert mit Tieren, ungepflegten Senioren und Obdachlosen ist letztlich zu wenig, um den Leser bei der Stange zu halten. Selbst die spätere Verquickung des Plots mit Dämonen und Hexen hilft hier wenig. Da ist das Sprichwort zu bemühen, weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen; insbesondere wenn Lee sein Augenmerk ein wenig mehr auf das Seelenleben seiner Erzählerin gerichtet hätte. Ansätze hierzu waren da, eine Reflektion über die moralische Zulässigkeit derartiger Initiations-Rituale, über Vereinsamung von ihren Eltern abgeschobener und vernachlässigter Jugendlicher, über den Drang, alles durch einen übersteigerten Sexualtrieb auszuleben, sucht man leider vergebens – hätten dem Roman aber gut getan.

So richtet sich das Buch an Schmuddel-Lee-Enthusiasten, wobei es verglichen mit „Das Schwein“ oder „Muschelknacker“ noch ein wenig gemäßigter daherkommt, wobei die Verletzung des moralisch zulässigem immer oberstes Gebot ist.