Thomas Neumeier: Die Secret Intelligence ihrer Majestät – Steampunk 5 (Buch)

Thomas Neumeier
Die Secret Intelligence ihrer Majestät
Steampunk 5
Titelillustration von Crossvalley Smith
Fabylon, 2014, Paperback, 194 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-92701-74-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Schon einmal war die Agentin Yolanda der Secret Intelligence Ihrer Majestät Queen Victoria an Bord des Luftschiffes „Prominence I“ im Einsatz – und verlor damals in den Kanälen des Flaggschiffs der Royal Air Domination ihre sexuelle Unschuld. Nun wird Yolanda erneut an Bord beordert, um einer Verschwörung wider das Empire auf die Spur zu kommen.

Begleitet von Vivian, der Schwester des verstorbenen Agenten Guy, die im Auftrag des Schatzkanzlers an Bord ermitteln soll, sollen die beiden Agentinnen herausfinden, was hinter den mysteriösen Vorgängen in Indien, Sizilien und London selbst steckt. Noch über dem Mittelmeer wird die „Prominence I“ allerdings nach London zurückbeordert. In der Hauptstadt des Empires sind gewalttätige Unruhen ausgebrochen; die in Sizilien im Geheimen an Bord genommenen Aluminium-Teile werden vorher wieder abgeladen, bevor das Luftschiff unter Volllast nach London eilt.

Während die Agentinnen bei den lasziven Ausschweifungen der Adeligen in den Kanälen des Schiffes versuchen, den Verrätern auf die Spur zu kommen, breitet sich in London die Sekte der besiegt geglaubten Thugs aus. Vor nicht allzu langer Zeit wurden die Anhänger der Kali in Indien ausgehoben, jetzt reckt die Göttin der Erneuerung ihr Haupt mitten in London. Mit Wärme, Essen und sexueller Freiheit locken die Priester der Göttin die hungernden Massen in ihre Tempel; doch wer steckt wirklich hinter den Anschlägen auf Westminster, wer intrigiert gegen das Empire und aus welchem Grund? Yolanda macht sich auf die Suche nach den Drahtziehern…

Thomas Neumeier hatte mich bereits mit der Geschichte, die dem vorliegenden Roman inhaltlich vorausgeht (in „Steampunk Erotics“), überzeugt. Eigenwillig, innovativ und fesselnd hat er damals das riesige Luftschiff mit seinen warmen Kanälen, an und in denen sich die Hautevolee ihren Vergnügungen hingibt, vorgestellt und eine spannende Handlung mit einer interessant gezeichneten Agentin, einem faszinierenden Umfeld und einfühlsam beschriebenen erotischen Elementen verbunden. Insofern machte ich mich mit Interesse an die Lektüre dieses Romans und wurde, um dies vorwegzunehmen, nicht enttäuscht.

Abseits dessen, was wir mittlerweile als gängige Steampunk-Kulisse kennen, der inzwischen doch recht eingefahrenen Darstellung Londons zur Zeit der Königin Victoria, zeichnet er das Bild eines anderen, eines dekadenten aber auch eines im Niedergang befindlichen Empires. Nicht nur die sexuellen Ausschweifungen, auch die Ausbeutung der Arbeiter, die sechzehn Stunden am Tag in den Fabriken schuften und doch nicht genügend Geld für Essen und Heizung nach Hause bringen, werden thematisiert. Das hat, angedeutet, durchaus gesellschaftskritische Aspekte, nutzt diese geschickt und glaubwürdig als Kulisse und Motivation, vor der die Geschehnisse ablaufen.

Wie dem Signet Steampunk Erotics zu entnehmen ist, sollen und werden sexuelle Begegnungen thematisiert, dies aber recht dosiert und immer recht dezent und stimmig in die Handlung eingebettet, so dass die entsprechenden Szenen nie aufgesetzt oder pornographisch wirken.

Im Mittelpunkt der stilistisch soliden Ausführung steht die Suche nach Aufklärung: Wer steckt hinter den Vorkommnissen, was motiviert die Verschwörer? Das sind typische Kriminalroman-Plots, die sich in eine phantastische Kulisse einfügen. Natürlich bleiben jede Menge Anknüpfungspunkte übrig, die es dem Autor ermöglichen würden, hier Fortsetzungen anschließen zu lassen – mir hat es auf jeden Fall gefallen.