Ishanti 1: Die Tränen der Isis (Comic)

Ishanti 1
Die Tränen der Isis
Didier Crisse & Fred Besson
(Ishanti – Danseuse sacrée: Les larmes d’Isis, 2005)
Aus dem Französischen von Tanja Krämling
Splitter-Verlag, 2007, Hardcover, 48 Seiten, 12,80 EUR, ISBN, 978-3-939823-23-0

Von Frank Drehmel

Anlässlich der Jubiläumsfeier des Pharaos erwartet man am Hofe die berühmteste Tänzerin des benachbarten Königreiches Saba, Ofra Nektu, damit sie nicht nur den Novizinnen im Tempel der Isis neue Tanzschritte lehre. Eine dieser Nachwuchstänzerinnen ist die junge, attraktive Ishanti, die allerdings auf Grund ihrer Herkunft und der Tatsache, dass sie einen fetten, rothaarigen Kater namens Ramses umhegt, bei ihren Kolleginnen nur geringes Ansehen genießt. Dafür stellt ihr jedoch der gleichaltrige Bildhauerlehrling Tyi nach. Zwar zeigt sich Ishanti von dessen Avancen auf eine kokette Art genervt, aber dennoch folgt sie ihm in einen alte Grabstätte auf der anderen Seite des Nils, wo geheimnisvolle Inschriften auf einen geheimnisvollen Panthergott hinweisen, der mutmaßlich von den Leute aus Saba verehrt worden ist. Doch bevor die beiden das Geheimnis entschlüsseln können, taucht einer der Hüter des Tempels, der freundliche Mun, auf, um die beiden hinaus zu geleiten.

Während Ishanti sich auf die Jubiläumsfeier vorbereitet und sich mit Tyi abgibt, verfolgt der Großwesir des Reiches, Razor El Naktub, finstere Pläne. Mit Zaubersprüchen, die er aus alten Gräbern stehlen ließ, versucht er, Dämonen zu beschwören. Dadurch jedoch zieht er die Aufmerksamkeit und den Unmut Horus’ und Anubis’ auf sich, zweier mächtiger Götter des ägyptischen Pantheons. Diese berichten ihm von einen Streit innerhalb der Götterschar und fordern als Sühne für seinen Frevel, dass Razor die heiligen Reliquien der Isis stiehlt, welche während der bevorstehenden Feierlichkeiten ausgestellt werden sollen.

Auf den Weg aus dem alten Grabtempel, stolpern Ishanti, Tyi und Mun mitten in einen Kampf der von Razor erweckten Götter mit einigen ihrer Widersacher, in einen Kampf, in dem auch der Tänzerin Ofra Nektu eine bedeutende Rolle zukommt.

Dass Crisse künstlerisch ein an eine Obsession grenzendes Faible für heranwachsende Kindfrauen hat, belegen viele seiner Serien. Ebenso unverkennbar ist sein Interesse an historischen Hintergründen voller Götter, Mythen und Mystik. Auch in »Ishanti« verbindet der Autor beide Elemente zu einer lockeren Mixtur, die allerdings im vorliegenden Fall nicht zu überzeugen vermag.
Der Geschichte fehlt es zunächst an innerem Zusammenhalt, d.h. die einzelnen Szenen stehen nur lose beziehungsweise sprunghaft verbundenen nebeneinander, wobei der Wechsel in der Erzählperspektive, der den Kater Ramses zeitweilig zum Ich-Erzähler erhebt, den Eindruck der Inkohärenz verstärkt. Zum Zweiten ist die Hauptprotagonistin Ishanti eine Figur ohne signifikante interessante Eigenschaften, das personifizierte »Non-Agens«, das einfach nur da ist, um die voyeuristischen Triebe von Lesern zu befriedigen. So einfach gestrickt wie der Rest des eindimensionalen Ensembles – angefangen bei Ishanti über Bildhauerlehrling Tyi bis hin zu den spießig-piefigen Götterverschnitten – ist dann auch die Handlung insgesamt, die zuweilen sogar regelrecht naiv albern rüber kommt. Zu guter Letzt fehlt es den Dialogen an jenem Esprit, der zum Beispiel Crisses Serien »Luuna« oder »Canari« auszeichnet.

Das Artwork vermag bedauerlicherweise nicht, die Schwächen der Story aufzufangen. Obgleich es durchaus eine exotische Atmosphäre erzeugt, wirken die computerkolorierten Bilder – und hier insbesondere das architektonische Ambiente – zu glatt, zu textur- und zu kontrastarm, um das Auge auf Dauer nicht zu langweilen. Dass Crisse und Besson die Figuren in Proportionen wie Posen dynamisch bis hin zur Überzeichnung zu inszenieren wissen, verleiht zwar einzelnen Panels und Seiten – wie beispielsweise dem Tanz der Ofra Kektu – durchaus ein faszinierenden Zauber, wiegt jedoch alles in allem die Schwächen der Kolorierung nicht auf.

Kaum etwas auszusetzen gibt es an der editorischen Qualität des Albums. Satte Farben und ein klarer Druck verleihen selbst winzigen Braunnuancen – ganz zu schweigen von den Buntfarben – eine bestechende Brillanz. Einzig das Fehlen eines redaktionellen Teils – Hintergrundinformationen zu den Künstlern und/oder ein kleines Glossar der ägyptischen Mythologie – sorgt für leichtes Stirnrunzeln.

Fazit: Ein glattes, lebloses Artwork und eine schwache Story, machen dieses erste »Ishanti«-Album zu einem wenig vergnüglichen Ausflug in das alte Ägypten.