Martin, Gail: Der Blutkönig (Buch)

Gail Martin
Der Blutkönig
(The Blood King)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Susanne Picard
Michael Komarck
Bastei-Lübbe, 2009, Taschenbuch, 592 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-404-20604-9

Von Carsten Kuhr

Die Winterkönigreiche rüsten zum Kampf. Während der vor seinem Halbbruder Jared geflohene Prinz Tris um Unterstützung im Kampf gegen seinen alle Menschlichkeit weit hinter sich lassenden Bruder und dessen Zauberer wirbt, errichtet dieser ein wahres Schreckensregiment. Nicht genug damit, dass er alle Geister aus Margolan vertrieben hat, die Jagd auf die Vayash Moru, die Vampire, dem alten Abkommen zum Trotz freigegeben hat, er beutet seine Untertanen gnadenlos aus. Ganze Dörfer werden zur Abschreckung gefoltert und gemeuchelt, Frauen und Mädchen entführt, missbraucht und ermordet, Kinder in das Heer Jareds gepresst. Jareds Plan ist bekannt. An Hagedornmond will der dunkle Magier Foor Arontalamit Hilfe des Orbs den Obisian-König aus seinem Gefängnis befreien und eine neue Schreckensära begründen.

Tris und seine Gefährten müssen nicht nur ihre Kräfte sammeln, es gilt auch eigene Fähigkeiten zu entdecken und zu schulen. Insbesondere Tris, der als Seelenrufer die Macht hat die Toten herbeizurufen und sichtbar zu machen, muss eine harte Schule durchlaufen. Sein Halt, die Liebe zu Kiara, erweist sich dabei sowohl als Stütze, als auch als Achillesferse. Und das weiß auch sein perfider Gegner. Am Hagedornmond treffen die Verschwörer in Margolan ein, um das dunkle Vorhaben zu verhindern – auch um den Preis des eigenen Lebens. Und sie werden bereits sehnsüchtig erwartet, und das nicht nur von den geknechteten Untertanen, sondern auch von den verhassten Usurpator und seinem Magier …

Kaum ein anderer Verlag pflegt in Zeiten, da die Bestsellerlisten von Urban- und Romance-Fantasy-Sagen dominiert werden, die Dark Fantasy beziehungsweise Sword & Sorcery wie Bastei-Lübbe. Ruggero Leo und Stefan Bauer kann nicht genug dafür gedankt werden, dem Leser zumindest die Möglichkeit zu eröffnen, andere Arten der gängigen junge Helden Questen auszuprobieren und zu goutieren.
Neben T. C. Rypels etwas anderen »Gonji«-Chroniken fällt auch die Serie um den Seelenrufer Martris Drayke in diese Kategorie. Als Mittler zwischen den Toten und den Lebenden, mit Verbündeten unter den Vampiren, den zauberkundigen Schwestern und findigen Söldnern erwartet den Leser ein überaus buntes Abenteuer-Garn ersten Sahne.
Natürlich sind die Ingredienzien nicht eben wirklich neu, doch die Mischung als solches stimmt. Es gibt die gewohnten Helfer des Helden wobei auffällt, dass die Autorin sich bemüht, diese nicht als simple Stichwortgeber auftreten zu lassen, sondern als eigenständige Persönlichkeiten mit einer interessanten Historie auszustatten.

Ausgehend von der Fähigkeit Tris’, die Geister der Verstorbenen zu sich zu rufen und zwischen den Verblichenen und den Menschen zu vermitteln, baut sich ein rasanter, abwechslungsreicher und überraschender Handlungsbogen auf. Natürlich ahnt der Fantasy-kundige Leser, dass sein Held irgendwie schon obsiegen wird, es geht weit mehr um das wie und um die Opfer, die gebracht werden müssen. Dabei wechselt die Autorin immer wieder die Sichtweise, erzählt uns von Erlebnissen der verschiedenen voneinander getrennten Heldentruppen, um uns so ihre Welt und die Zustände in dieser vorzustellen.

Erstaunlich ist, dass die eigentliche Handlung (der Kampf der Halbbrüder um die Zukunft des Reiches) vorliegend abgeschlossen wird, dass die Ausweitung des Plots auf einen dritten Band unterbleibt. Zwar hat Bastei-Lübbe einen solchen in Vorbereitung, darin wird es aber um neue Questen um weitere finstere Bedrohungen und erneut um Menschen und Untote gehen, die sich mit aller Kraft bemühen, für das was sie als richtig betrachten einzustehen, mag es sie auch einen hohen, so manches mal den höchsten Preis kosten.

Als Fazit bleibt, dass mit den beiden vorliegenden Bänden ein runder Plot vorliegt, der Freunde klassischer Fantasy mit einigen ungewöhnlichen Beigaben verwöhnt, der spannend und kurzweilig unterhält und Appetit auf weitere Bände aus Martin’scher Feder weckt.