Thomas Finn: Schwarze Tränen (Buch)

Thomas Finn
Schwarze Tränen
Knaur, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 542 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-426-51349-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Lukas Faust ist ein Luftikus. Das Studium hat der gebürtige Bremer abgebrochen, seitdem schlägt er sich mit kleinen Illusionen, Zaubereien und Taschendiebstählen durch. Freunde hat er keine, selbst seine Familie will nichts mehr von ihm wissen. Dann wird ausgerechnet er, der immer alle um ihn herum übervorteilt hat, der auf Kosten Anderer sein Glück gesucht hat, verlassen. Nicht genug damit, nimmt seine Angebetete auch noch die gesamte Barschaft mit. Das kann und will er sich natürlich nicht bieten lassen und folgt der Spur in das kleine Örtchen Staufen, in dem vor genau 472 Jahren sein Ahne, der berühmt berüchtigte Doktor Faust, um Mitternacht verstarb.

Dass seine laszive Freundin in Wirklichkeit ein Sukkubus ist, dass er selbst vom legendären Magier Agrippa von Nettesheim verfolgt wird, ahnt er da noch nicht. Als sich dann plötzlich und unerwartet ein schwarzer, sprechender Pudel manifestiert und als Familarteufel Mephistopheles vorstellt, glaubt er einmal mehr zuviel Hasch geraucht zu haben.

Weit gefehlt, wie er in der Folgezeit schmerzhaft erfahren muss. Sein Vorfahr hat in der Hölle einen gewaltsamen Umsturz initiiert, Luzifer ist abgesetzt, Abaddon sein Vorgänger hat die Herrschaft über gefallene Engel und Dämonen übernommen. Als Ziel hat der Helljäger die Losung ausgegeben, die Höllentore zu sprengen und Armageddon auszulösen.

Zusammen mit dem Kabbalisten Abraham von Worms und der Hexe Millepertia versucht Lukas den Plan seines Vorfahren, der Hölle zu entfliehen, indem er in den Körper des jungen Diebes schlüpft, zu verhindern. Dass er dabei direkt in den Konflikt des infernalischen Abgrunds verwickelt wird, ja es von ihm abhängt, die drei Tränen, die Luzifer bei seinem Fall aus dem Himmel vergoss zu finden um den Weltuntergang zu verhindern, stellt unseren jungen Tunichtgut vor Herausforderungen, denen er kaum gewachsen ist – doch er sucht und bekommt Hilfe, nicht zuletzt vom Teufel höchstselbst…

Thomas Finn ist mir seit Jahren als versierter Verfasser ansprechender High-Fantasy-Romane ein Begriff. Aus dem Bereich der Fantasy-Rollenspiele kommend, hat er im Jugendbuch-Bereich ebenso wie im phantastischen Erwachsenen-Roman punkten können, sein bei Piper erschienener „Der Funke des Chronos“ sei jedem Leser wärmstens ans Herz gelegt.

Vorliegend begibt er sich auf Neuland. Was ist das für ein Roman? Keine klassische Fantasy, auch Urban Fantasy trifft es nicht wirklich, obwohl Motive beider Spielarten genutzt werden. Es geht um eine Rebellion in der Hölle, die mit jeder Menge Anspielungen und Sagen verwoben wird.

Doktor Faust, Mephisto, der Fall der Engel, der Albenkönig Alberich und sein Nibelungenschatz, ein Woperdinger und Kaiser Barbarossa spielen eine wesentliche Rolle. Finn greift hier erfreulicherweise auf inzwischen fast unbekanntes deutsches Mythengut zurück und verwebt dies gekonnt mit minutiös recherchierten historischen Gestalten. So ist dies auch eine Reise in die deutsche Vergangenheit, greift der Autor doch immer wieder geschichtliche Fakten auf und nutzt historisch bedeutsame Orte, um seine Geschichte zu erzählen.

Und erzählen kann er. Voller Drive, mit jeder Menge interessanter Wendungen ausgestattet, fesselt der Roman seinen Leser an die Seiten. Da kommt es gut, dass wir in dem Filou Lukas eine sympathische, wenn auch etwas oberflächlich gezeichnete Figur als Protagonisten präsentiert bekommen, der uns mitnimmt ins Abenteuer.

Tolle Einfälle, ein sorgfältig recherchierter Hintergrund und jede Menge temporeiche Wendungen sorgen dafür, dass die Lektüre wie im Flug vergeht.