ARS LITTERAE 1: Barbara Büchner: Der schwarze See (Buch)

Barbara Büchner
Der schwarze See
Ars Litterae 1
Titel-und Innenillustrationen von Mark Freier
Sieben, 2009, Paperback, 188 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-940235-75-6

Carsten Kuhr

Sommer, Sonne, Ferien – eigentlich ein Grund, sich zu freuen. Doch als Birgits alleinerziehende Mutter beschließt, ausgerechnet bei ihrer Freundin im kleinen Dorf Blauswede den gemeinsamen Sommerurlaub zu verbringen, da ist sie so richtig angepisst. Was soll sie nur in dem Kaff, in dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, anfangen? Etwa mit dem Sohn der Freundin, den sie aus einer Begegnung vor Jahren in schlechtester Erinnerung hat, rumhängen? Oder im Stausee, der garantiert eiskalt ist, baden? Eine Disco gibt’s wahrscheinlich auch keine und Internet dürfte wohl ein Fremdwort sein. Na das kann ja lustig werden.

Überraschung, aus dem pickelgesichtigen, ewig Süßigkeiten fressenden Schweinchen ist ein ansehnlicher junger Mann geworden, und so uninteressant scheint der See und die Umgebung dann auch nicht zu sein. Zwar schauen die Dorfbewohner die gepiercte Gothicanhängerin etwas schräg von der Seite an, doch kaum stellt Patrick ihr seinen etwas abgedrehten Freund vor, wird es richtig unheimlich. Arthur ist als Spinner im Dorf verschrieen. Über seine Funkanlage hat er Geisterstimmen aufgenommen, die von einem Angriff aufs Dorf faseln. Geisterstimmen, Aliens ein Angriff, klar, dass ihn niemand ernstnimmt. Doch dann stoßen unsere Jugendlichen auf ein Tor in eine andere Dimension, und das Grauen hält Einzug in Blauswede …

Barbara Büchner gehört mittlerweile zu den alten Hasen im Geschäft. Lange Jahre als Lektorin, Ghostwriterin und Autorin vornehmlich für Heyne haben sie ihr Rüstzeug gelehrt. Und so liest sich die erste Hälfte des Buches, obwohl eigentlich erstaunlich wenig wirklich passiert, wie aus einem Guss. Kurzweilig und durchaus interessant stellt uns die Autorin ihre Figuren und das Dorf nebst dem Stausee vor. Atmosphärisch immer dichter wird hierbei die Darstellung der besonderen Ausstrahlung, die von dem See ausgeht. Vor Jahren, bevor man die Staumauer errichtete, befand sich eine kleine Ansiedlung im Tal, das mittlerweile von den Wassermassen verschlungen wurde. Behutsam baut die Autorin hier ihre unheimliche Stimmung auf, die von dem versunkenen Dorf ausgeht, und schildert uns überzeugend, wie sich die Jugendlichen näherkommen, Vertrauen zueinander fassen und sich aufmachen, das Rätsel zu lösen.
Hier spielt die Autorin ihre Stärke, gerade jugendliche Protagonisten überzeugend zu beschreiben, aus. Ihre innere Unsicherheit, der Versuch, sich entweder in eine Gruppe einzugliedern oder/und sich vom Elternhaus abzunabeln, es anders zu machen als die Erwachsenen, beschreibt sie einfühlsam und nachvollziehbar. Jeder kann sich in diesen Gestalten wiederfinden. Erinnerungen an die eigene Kindheit, das Heranwachsen und die damit verbundenen Probleme werden wach. Auch die Fähigkeit, Gefahren und unheimliche Ereignisse nur anzudeuten tut dem Text in der ersten Hälfte gut.
Meist nur in kleinen, scheinbar unwichtigen Details wird deutlich, dass sich hier tatsächlich mehr hinter den Vorgängen verbirgt, als ursprünglich vermutet.
Als unsere Helden dem Geheimnis dann auf den Grund gehen, dreht sich die Handlung. Dem ungewissen Übernatürlichen wird durch seine Benennung viel von seiner Bedrohung und Reiz genommen. Zwar versucht Büchner, ihre Aliens als wirklich fremdartige Wesen zu zeichnen und ihnen so einen Nimbus von Unbegreiflichkeit zu lassen. Dies scheitert letztlich aber daran, dass sich die Aliens zur Invasion in Menschen verwandeln.
Das actionreiche Finale wirkt dann insbesondere durch die meines Erachtens unnötige Einbindung von der Men in Black überfrachtet und zerstört viel von der aufgebauten Atmosphäre.

Nach einem sehr stimmigen Beginn und einem spannungsgeladenem Mittelteil kann daher das Ende leider nicht ganz überzeugen.