Die Wasteland-Saga 2: Stadt der Qualen (Comic)

Die Wasteland-Saga 2
Stadt der Qualen
Antony Johnston & Christopher Mitten
(Wasteland, Vol. 2, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Stefan Pannor
Titelillustration von Ben Templesmith
Anhang: Jan Dinter & Manuel Clavel: »Die illustrierte Rezension« (8 Seiten)
eidalon/Modern Tales, 2009, Hardcover mit Schutzumschlag, 160 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-939585-29-9

Von Irene Salzmann

Nach einer globalen Katastrophe, die als ›die große Nässe‹ bezeichnet wird, blieb nur karges Land zurück, das die wenigen Überlebenden kaum ernähren kann. In zerfallenden Städten vegetieren sie vor sich hin, ständig in Angst vor Mutanten, hungrigen Bestien und anderen Gefahren, die aus der Wüste kommen.

Die letzten Bewohner von New Providence treten eine weite Reise an, hoffend, dass sie in Newbegin Aufnahme und ein besseres Leben finden werden. Die Wahrheit ist jedoch mehr als ernüchternd: Die Neuankömmlinge werden getrennt, eingesperrt und zu harter Sklavenarbeit gezwungen. Wer sich nicht fügt und außerdem die Religion der Stadtbewohner anzunehmen verweigert, wird getötet.
Jeder muss sich selber durchschlagen, doch ausgerechnet der Einzelgänger Michael überrascht in dieser Situation. Er versucht, Abi, die krank ist, zu retten und findet Hilfe bei einigen Städtern, die mit dem religiösen Regime unzufrieden sind. Aber die Verschwörer werden verraten. Michael und Abi sollen hingerichtet werden, denn sie sind nicht wie die anderen Menschen sondern wie Lordgründer Marcus, der sich in seiner Position von ihnen bedroht fühlt …

Nahtlos geht »Die Wasteland-Saga« in Teil 2, »Stadt der Qualen«, weiter. Kennt man den ersten Band, »Staubiges Land«, nicht, ist es nahezu unmöglich, sich zurechtzufinden, denn das Wissen um die bisherigen Geschehnisse wird vorausgesetzt.
Selbst für jemanden, der die ersten Kapitel, die das Setting, die Protagonisten und ihre Konflikte vorstellen, gelesen hat, ist es nicht leicht, der Handlung zu folgen, denn es gibt verschiedene Schauplätze in Newbegin, zahlreiche Akteure und regelmäßige Rückblenden, die man daran zu erkennen lernt, dass die Panels meist (!) nicht geordnet neben- und untereinander stehen, sondern schräg und überlappend gesetzt sind, die Begrenzungen nicht klar und gerade sondern leicht gewellt verlaufen – zum Ende hin, verliert sich diese kleine Hilfe, denn nun wird vom Leser erwartet, dass er anhand der Inhalte unterscheiden kann, ob die Szenen in der Gegenwart spielen oder Erinnerungen gezeigt werden.

Der Autor stellt Einzelschicksale in den Mittelpunkt, unter anderem das von Michael, Abi, ihrem Schützling Jakob, dem Doc und Goldie auf der einen, das von Marcus und mehreren Stadtbewohnern auf der anderen Seite. Unter den Flüchtlingen aus New Providence gibt es genauso Personen, die sich korrumpieren lassen oder gar zu Verrätern an ihren Freunden werden, wie sich unter den Bewohnern von Newbegin mutige Männer und Frauen finden, die den religiösen Fanatikern Widerstand leisten und deren Gewaltbereitschaft verabscheuen.
Dabei richtet sich der Fokus zunehmend auf Abi, Michael und Marcus, die anders sind als die übrigen, doch inwiefern, das wird hier noch nicht verraten. Antworten könnte das als Utopia gepriesene A-Ree-Yass-I geben, ein Ort, den Abi zu finden hofft, an dem Michael behauptet, gewesen zu sein, den Marcus verleugnet und von dem Goldie behauptet, dort wäre nur der Tod. Was ist die Wahrheit, und welche neuen Rätsel mögen dort warten?
In den USA liegen bereits die Bücher 3: »Black Steel In The Hour Of Chaos« und 4: »Dog Tribe« vor – d. h., auf erschöpfende Antworten wird der Leser noch eine Weile warten und sich weiterhin mit immer neuen Puzzleteilen zufrieden geben müssen. Regelmäßige Appetithäppchen, die bloß neue Fragen aufwerfen, laden zum Spekulieren ein und wahren die Spannung.

Das Endzeit-Szenario wird mit kräftigen, kantigen Zeichnungen dargestellt, die vor allem durch reizvolle Grauabstufungen beeindrucken. Diese Grautöne passen zur Handlung und zu den Charakteren, denn es gibt keine richtig Guten oder Bösen, selbst Abi und Michael sind nicht wirklich sympathisch, sondern bleiben distanziert; alle bewegen sich in Grauzonen.
Man fühlt sich an Filme wie »Planet der Affen«, »Mad Max« oder »Waterworld« erinnert, denn auch die »Wasteland«-Saga stellt die Verzweiflung der letzten Menschen in den Vordergrund, ihren aussichtslosen Kampf gegen eine entartete Natur und vor allem gegen die eigene Spezies, denn keiner hat aus den Fehlern der vorherigen Generationen gelernt, immer noch unterdrücken die Starken die Schwachen, beuten die Besitzenden die Armen aus, sind Andersgläubige Außenseiter und Gejagte.

Der Titel wendet sich an ein reiferes Publikum, das unbequeme, dystopische Lektüren schätzt und Zeichnungen, die auch das Hässliche zeigen, akzeptiert.